Der Ursprung des grössten Volksfests der Welt geht auf ein Pferderennen zurück, das am 17. Oktober 1810 zu Ehren der Hochzeit des bayerischen Kronprinzen Ludwig von Bayern und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen veranstaltet wurde. Die Ehe wurde kurz zuvor, am 12. Oktober, geschlossen. Das Fest diente nicht nur der Ehrung des Brautpaares, sondern auch dazu, sich nach der schwierigen Gründung des Königreichs als junge Nation zu feiern und zu präsentieren.
Der bürgerliche Major und Bankier Andreas Michael Dall’Armi, Mitglied der Bayerischen Nationalgarde, hatte die Idee für die ungewöhnliche Hochzeitsfeier. Der Austragungsort war eine Wiese am damaligen Stadtrand, die zu Ehren der Braut fortan Theresienwiese genannt wird.
40'000 Zuschauer besuchten damals das Rennen. Zu Beginn der Feier fand ein Umzug statt, bei dem in bayerischen Trachten gekleidete Kinder die neun bayerischen Kreise sowie weitere Regionen repräsentierten und die Königsfamilie mit Gedichten, Blumen und Früchten ehrten. Nach dem Gesang eines Chors startete das Rennen mit 30 Pferden. Es gewann der Lohnkutscher Franz Baumgartner, der der Legende nach seinem Vorgesetzten Andreas Michael Dall’Armi die Idee für das Pferderennen einflüsterte.
Das Fest wurde ein voller Erfolg, weshalb eine Wiederholung beantragt wurde. König Max I. Joseph genehmigte den Antrag, und seitdem wird die Feier jährlich veranstaltet, wobei es einige Ausnahmen gab (dazu später mehr). Mit dem Hinzukommen von Kletterbäumen, Schaukeln und Kegelbahnen wuchs das Fest von Jahr zu Jahr. 1818 gab es das erste Karussell, und Losstände zogen auch ärmere Bürger an. Zu gewinnen gab es Porzellan, Silber und Schmuck.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Volksfest zeitlich verlängert und aufgrund der höheren Temperaturen auf die letzten Septembertage vorverlegt. Traditionell beginnt es seither immer am Samstag nach dem 15. September und endet am ersten Sonntag im Oktober. Trotzdem wurde der Name Oktoberfest beibehalten.
Ab 1880 wurde der Bierverkauf genehmigt und in kleinen Buden ausgeschenkt. 1881 eröffnete die erste Hendl-Braterei und setzte sofort einen Trend. Heute werden auf der Wiesn jährlich rund eine Million halbe Hendl verzehrt. Mit dem Einzug des Stroms auf dem Oktoberfest im Jahr 1886 begann eine neue Ära, die den Weg für immer spektakulärere Fahrgeschäfte ebnete.
1898 wurde das erste grosse Festzelt aufgestellt. Der Wirt Georg Lang konnte sich über Hintermänner mehrere Budenplätze sichern, wodurch er ein Zelt mit Platz für 6000 Gäste errichten konnte. Das grösste Wiesn-Bierzelt bis jetzt war aber das Pschorr-Bräurosl-Zelt von 1913. Mit seinen 5500 Quadratmetern bot es Platz für etwa 12'000 Gäste. Heute hat die Hofbräu-Festhalle mit rund 10'000 Plätzen das grösste Fassungsvermögen der Festzelte.
Es folgten weitere Bierhallen, und immer mehr Schausteller und Karussellbesitzer unterhielten die Besucher. 1892 gab es das erste elektrisch betriebene Fahrgeschäft.
Das Königshaus war bis zum Ende der bayerischen Monarchie 1918 beteiligt. Danach übernahmen die Münchner Stadtväter die Organisation des Festes.
1935 nahmen erstmals alle Wiesn-Brauereien gemeinsam am Umzug teil, der mit Personal, Bierwagen und Blaskapelle durch die Stadt zu ihren Zelten führte. Seitdem wird der Umzug traditionell von einem Mädchen in schwarz-gelber Mönchskutte, dem Münchner Kindl, angeführt. 1950 wurde das Oktoberfest erstmals mit dem bis heute traditionellen Fassanstich eröffnet. Es entwickelte sich zum grössten Volksfest der Welt.
Das ursprüngliche Pferderennen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, mit Ausnahme der Jubiläen 1960 und 2020, nicht mehr durchgeführt.
Von 1811 bis 2021 wurde das Oktoberfest insgesamt 26 Mal abgesagt, hauptsächlich aufgrund von Kriegen und Epidemien. Zwei dieser Absagen waren auf Cholera zurückzuführen. In den Jahren 2020 und 2021 fand das Fest wegen der COVID-19-Pandemie ebenfalls nicht statt.
Die Zeitspanne von 1939 bis 1948 stellt die längste Dauer dar, in der kein Oktoberfest stattfand. Der Zweite Weltkrieg war der Grund für diese Unterbrechung. Als Ersatz und zur Ablenkung der Münchner Bevölkerung in der Nachkriegszeit wurde Ende der 1940er-Jahre ein kleineres «Herbstfest» veranstaltet. Auch zuvor, in den Jahren 1919 und 1920, wurde aufgrund der Folgen des Ersten Weltkriegs nur ein kleines «Herbstfest» gefeiert.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Fest instrumentalisiert und für NS-Propaganda verwendet. Um sich beim arbeitenden Volk beliebt zu machen, setzte das Regime 1933 den Preis für ein Mass Bier auf 90 Pfennig fest. Viele NS-Grössen inszenierten sich auf dem Fest, um Volksnähe zu suggerieren.
Am 26. September 1980 ereignete sich das Oktoberfest-Attentat, das vom 21-jährigen Rechtsextremisten Gundolf Köhler am Haupteingang der Festwiese verübt wurde. Durch den Bombenanschlag starben neben dem Attentäter zwölf Menschen – Hunderte wurden teils schwer verletzt. Statt das Fest abzubrechen, wurde ein Trauertag eingerichtet. Ob der Attentäter alleine handelte, ist bis heute nicht geklärt.
Das Oktoberfest zieht alljährlich Millionen Besucher an, darunter auch zahlreiche aus dem Ausland. Touristen kommen häufig aus Italien, den USA, Japan und Australien. Die Wiesn-Besucher tragen vorwiegend Tracht wie Lederhosen oder Dirndl. Neben traditioneller Blasmusik wird nach 18 Uhr auch Schlager und Popmusik gespielt.
In den vergangenen Jahren war der übermässige Alkoholkonsum immer wieder ein Thema. Kritiker verglichen das Oktoberfest mit dem Ballermann auf Mallorca. Der Rekord wurde im Jahr 2011 aufgestellt, als auf dem Oktoberfest so viel Bier wie nie zuvor konsumiert wurde. Insgesamt wurden 7'922'500 Liter Bier ausgeschenkt.
Alle Jahre wieder werden auf der Wiesn zahlreiche Prominente gesichtet. Von der A-Liga bis zur Cervelat-Prominenz ist alles vertreten. Auch 2024 wird das Oktoberfest voraussichtlich ein Promi-Schaulaufen bieten.
2023 zog das Oktoberfest mit 7,2 Millionen Besuchern die grösste Menge an Gästen an. Der Hype ist ungebrochen.