«Mega» – das vom griechischen μέγας (megas = «gross») abgeleitete Wort hält sich mittlerweile schon seit Jahrzehnten in der Umgangssprache, besonders bei jüngeren Leuten. Meist dient es als vorangestelltes verstärkendes Element, als Steigerung des einst äusserst populären «super». Wie das etwas weniger inflationär verwendete «Giga» ist «Mega» jedoch auch ein Präfix für Masseinheiten des Internationalen Einheitensystems (SI), beispielsweise bei Megabyte oder Megatonne. Hier bedeutet der Vorsatz «eine Million».
Neben den bekannteren dieser Präfixe – beispielsweise «Hekto», «Kilo» oder «Tera» – gibt es noch weitere, die ausserhalb der wissenschaftlichen Fachgebiete kaum jemand kennt: Wer weiss schon, was sich hinter «Zetta» oder «Yotta» verbirgt? Dies gilt übrigens nicht nur für den Bereich des sehr Grossen, sondern auch für jenen des sehr Kleinen: Hier lauten die spiegelbildlichen Begriffe «Zepto» und «Yokto».
Bisher war bei «Yotta» und «Yokto» – im Grossen wie im Kleinen – Ende der Fahnenstange. Doch seit letztem Freitag gibt es auf beiden Seiten des Spektrums mit sofortiger Wirkung je zwei neue Präfixe: «Ronna» und «Quetta» bzw. «Ronto» und «Quecto». Beschlossen haben dies Experten aus 64 Ländern auf der alle vier Jahre stattfindenden Generalkonferenz für Mass und Gewicht in Versailles. Es ist das erste Mal seit 1991, dass neue Präfixe definiert wurden. Die Neuzugänge beruhen auf einem Vorschlag von Richard Brown, der die Metrologie-Abteilung am britischen Nationalen Physikalischen Labor leitet.
Was aber bedeuten diese hübschen neuen Wortschöpfungen? «Ronna» steht für 1027 (eine Quadrilliarde; eine 1 mit 27 Nullen) und «Quetta» für 1030 (eine Quintillion; eine 1 mit 30 Nullen). Auf der anderen Seite des Spektrums bedeutet «Ronto» 10-27 (1 Quadrilliardstel) und «Quekto» 10-30 (1 Quintillionstel). Dies sind unvorstellbar grosse bzw. kleine Zahlen, die in unserem Alltag keine Rolle spielen dürften. Für Wissenschaftler haben sie aber sehr wohl einen praktischen Nutzen – sie erleichtern es, Dinge zu benennen.
Das zeigen etwa die Beispiele, die Brown nannte: Die Masse eines Elektrons entspricht demnach einem Rontogramm, also 0,000'000'000'000'000'000'000'000'001 Gramm. Und ein Byte an Daten vergrössert die Masse eines Smartphones um 1 Quectogramm. Der Planet Jupiter, der weitaus grösste Planet unseres Sonnensystems, hat dagegen eine Masse von zwei Quettagramm (2 Quintillionen Gramm), während die Erde nur auf knapp 6 Ronnagramm (6 Quadrilliarden Gramm) kommt. Und der Durchmesser des sichtbaren Universums beträgt laut Brown «gerade mal ein Ronnameter» (das sind rund 93'000'000'000 Lichtjahre, wobei ein Lichtjahr etwa 9'460'000'000'000'000 Metern entspricht).
Früher waren es eher die Chemiker, die die Einführung neuer Präfixe in der Metrologie vorantrieben, da sie beispielsweise mit der Avogadro-Konstante zu tun hatten, die angibt, wie viele Teilchen in einem Mol enthalten sind (6 • 1023). Heute ist laut Brown die Datenwissenschaft die treibende Kraft, wie das Wissenschaftsmagazin «Nature» berichtet. So wird die Menschheit etwa in den 2030er-Jahren rund ein Yottabyte an Daten pro Jahr produzieren – das sind 1024 Byte. Würde man diese Datenmenge auf DVDs brennen, ergäbe das einen Stapel dieser Scheiben, der von der Erde bis zum Mars reicht. Derzeit hat das weltweit jedes Jahr erzeugte Datenvolumen bereits die Zettabyte-Grenze (1 Tausendstel eines Yottabytes) erreicht.
Am anderen Ende der Skala – also bei «Ronto» und «Quecto» – sei der Bedarf an neuen Präfixen momentan nicht so gross, sagte Georgette Macdonald, Generaldirektorin des kanadischen Metrologieforschungszentrums, dem Wissenschaftsmagazin. Hier sind es vornehmlich die Quanten- und Teilchenphysik, die eventuell neue Präfixe benötigen könnten. Gleichwohl sei es sinnvoll, entsprechende Begriffe am kleinen Ende der Skala einzuführen: «Wir sind uns nicht wirklich sicher, dass wir in diesem Bereich etwas messen. Aber es ist besser, wenn die Skala ausgewogen ist und die Präfixe in einem konsistenten Verhältnis zueinander stehen», führte Macdonald an.
Das Bedürfnis nach neuen Präfixen führte dazu, dass sich vor der nun erfolgten Einführung der neuen Vorsätze informelle Vorschläge für 1027 durchzusetzen begannen, etwa «Hella» oder «Bronto». Als Metrologen habe ihn dies entsetzt, sagte Brown «Nature», denn es handle sich um völlig inoffizielle Begriffe. Das hauptsächliche Problem bei diesen wilden Begriffen liegt aber darin, dass ihre Symbole (h und b) bereits für andere Einheiten oder Präfixe verwendet werden. So steht h etwa für «Hekto» (102) und H ist das «Henry», die SI-Einheit der Induktivität.
Brown suchte daher nach Präfixen, die mit einem Buchstaben beginnen, der nicht bereits als Symbol verwendet wird. Als letzte mögliche Kandidaten drängten sich r und R sowie q und Q auf. Die Namen mit diesen Anfangsbuchstaben erhielt Brown, indem er sich an die Regel hielt, dass die Präfixe für grosse Zahlen auf «a» enden (zum Beispiel «Tera»), während es bei den kleinen Zahlen «o» ist (etwa «Femto»).
Zugleich sollten die Namen möglichst ähnlich wie griechische oder lateinische Zahlen klingen. «Ronna» und «Quetta» klingen daher ein wenig wie die griechischen Wörter für neun und zehn, ἐννέα («ennea») und δέκα («deka»). «Quecca», das Brown zunächst favorisiert hatte, fiel aus der Wahl, weil es ähnlich klingt wie ein portugiesisches Schimpfwort.
Noch offen ist, was passieren wird, wenn ein Bereich der Wissenschaft die Grössenordnung 1033 erreicht. Da es keine freien Buchstaben im lateinischen Alphabet mehr gibt, wird man auf andere Alphabete ausweichen oder Kombinationen wie etwa Kiloquetta (kQ) ins Auge fassen müssen. Brown beunruhigt das nicht. «Wir sind wahrscheinlich weit davon entfernt, uns darüber Gedanken machen zu müssen», stellte er fest. (dhr)