Wissen
Natur

Vulkanausbruch auf Island: So viel CO2 verursachen Vulkane wirklich

People watch as the night sky is illuminated caused by the eruption of a volcano in Grindavik on Iceland's Reykjanes Peninsula, Monday, Dec. 18, 2023. (AP Photo/Marco Di Marco)
Menschen beobachten die Folgen des Vulkanausbruchs auf Island.Bild: keystone

Vulkane stossen mehr CO₂ aus als Menschen? Warum diese Behauptung Quatsch ist

20.12.2023, 21:3820.12.2023, 21:38
Mehr «Wissen»

Auf Island brodelt es unter der Erde. Nach monatelangen Erdbeben kam es am Montagabend auf der Reykjanes-Halbinsel in der Nähe der Siedlung Grindavik zu einem Vulkanausbruch. Experten befürchten, dass es noch wochenlang zu Erdbeben und Ausbrüchen kommen könnte.

Die Ereignisse in Island werden im Internet nun erneut zum Anlass genommen, Falschinformationen über Vulkane und den Klimawandel zu verbreiten:

In solchen Posts wird jeweils angedeutet, dass Vulkane erheblich zum Klimawandel beitrügen – sehr viel mehr als der Mensch. Teilweise wird sogar verbreitet, dass Menschen in ihrer gesamten bisherigen Geschichte weniger CO₂-Emissionen verursacht hätten, als auch nur der kleinste Vulkanausbruch. Wir erklären, warum diese Behauptungen völliger Quatsch sind:

Die CO₂-Werte steigen seit etwa 150 Jahren massiv

Vulkane sind auf der Erde ausgebrochen, weit bevor der Mensch sich aus der Evolution erhob. Und in der Vergangenheit hatten solche Ausbrüche auch massiven Einfluss auf das Klima des Planeten. Was Wissenschaftler aber in den letzten 150 Jahren beobachten, ist ein extremer Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre.

So schreibt beispielsweise die NASA, die diese Konzentrationen mit Satelliten misst, dass sich der CO₂-Anteil in den letzten 800'000 Jahren nie so drastisch erhöht hat wie heute. Und das, obwohl die Erde in diesem Zeitraum acht Eiszeit-Zyklen durchlebt hat.

CO2-Messungen durch die NASA: Die Konzentration in der Atmosphäre ist in den letzten zwei Jahrhunderten drastisch gestiegen.
Die CO₂-Konzentration auf der Erde in den letzten 800'000 Jahren.Bild: climate.nasa.gov

Was sich in diesem Zeitraum nicht verändert hat? Die Anzahl und Heftigkeit von Vulkanausbrüchen. Was sich wirklich geändert hat? Die Menschen haben die Industrialisierung durchlebt und in 150 Jahren mehr Kohlendioxid produziert, als Vulkane in den letzten 800'000 Jahren.

So viel CO₂ stossen Vulkane tatsächlich aus

Studien von 2011 und 2013 gehen davon aus, dass Vulkane im Schnitt jährlich etwa 300 bis 600 Millionen Tonnen CO₂ verursachen. Diese Werte berücksichtigen auch schwer vorherzusehende, grosse Ausbrüche, wie wir sie nicht jährlich erleben. Vulkanologe und Ätna-Experte Salvatore Giammanco meint gegenüber dem Bayrischen Rundfunk sogar, dass die Werte eher grosszügig berechnet seien. Er geht eher von 400 Millionen Tonnen aus.

Mensch vs. Vulkan: Wer verursacht mehr CO₂?
An dieser Umfrage haben insgesamt 2254 Personen teilgenommen

Und der Mensch? Das Global Carbon Project hat in seinem diesjährigen Bericht zum CO₂-Ausstoss der Menschen einen Wert von 36,8 Milliarden Tonnen für 2023 ermittelt. Darin eingeschlossen ist nur der Ausstoss durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, die Folgen der Abholzung (und der damit sinkenden Umwandlung von Kohlendioxid zurück in Sauerstoff) bleiben unbeachtet.

People watch as the night sky is illuminated caused by the eruption of a volcano on the Reykjanes peninsula of south-west Iceland seen from the capital city of Reykjavik, Monday Dec. 18, 2023. (AP Pho ...
Vulkanausbrüche sind gigantische Spektakel – und doch hat der Mensch mehr Einfluss auf das Klima.Bild: keystone

Vergleicht man diese Zahlen, verursachen die Vulkane also etwa ein Prozent der Emissionen. Oder umgekehrt: Der Mensch verursacht fast 100-Mal mehr CO₂ wie alle Vulkane zusammen.

Fazit

Es stimmt, dass Vulkane für massive CO₂-Emissionen verantwortlich sind. Falsch ist hingegen die Behauptung, Vulkane trügen hauptsächlich zur momentanen Veränderung des Klimas bei. Der Mensch übertrifft in seiner Menge sogar die Gesamtheit dieser gigantischen Naturkatastrophen, wie sie gerade auch auf Island beobachtet werden kann. (leo)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die grössten Vulkanausbrüche der letzten 20 Jahren.
1 / 14
Die grössten Vulkanausbrüche der letzten 20 Jahren.
Vulkan: Hunga-TongaStandort: TongaLetzter Ausbruch: 14. Januar 2022
quelle: youtube
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Einmaliger Gebrauch: Islands Vulkantourismus
Video: extern / rest
Das könnte dich auch noch interessieren:
93 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
domin272
20.12.2023 21:51registriert Juli 2016
Es ist egal wie viele Bretter sie vor dem Kopf haben müssen um sich eine Rechtfertigung für das eigene Nichtstun zurechtzulegen ohne sich in der Verantwortung zu sehen. Klimaleugner werden es schaffen...
12231
Melden
Zum Kommentar
avatar
Thomas Melone
21.12.2023 04:04registriert Mai 2014
Jede noch so unglaubliche Behauptung ist angenehmer, als die Erkenntnis, dass wir in unserem Verhalten etwas verändern sollten.
526
Melden
Zum Kommentar
avatar
DARTH OLAF
20.12.2023 23:57registriert August 2018
Und auch wenn es so wäre. Als ob vulkane etwas dafür können, co2 auszustossen 🙈bei uns Menschen sieht es leider anders aus.
5211
Melden
Zum Kommentar
93
    Parlamentarier torpedieren Mutterschutz – wissen sie, was sie tun?
    Die Gesundheitskommission des Nationalrats findet: Mehr Vaterschaftsurlaub soll zu Lasten der Mutter gehen. watson hat die Politiker deshalb getestet: Was wissen sie überhaupt über Schwangerschaft, Geburt und Stillen?

    Die Schweiz soll eine flexible Elternzeit einführen. Für diesen Vorschlag sprach sich Anfang Juni eine Mehrheit der Gesundheitskommission des Nationalrats aus. Was gut klingt, bedeutet in Wirklichkeit: Mehr «Papi-Ziit» würde zu Lasten der Mutter gehen.

    Zur Story