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Tottenhams Alderweireld spielt die Saison seines Lebens – die Lorbeeren dafür ernten aber andere

Tore schiessen kann er auch: Toby Alderweireld bejubelt einen von bisher vier Ligatreffern.
Tore schiessen kann er auch: Toby Alderweireld bejubelt einen von bisher vier Ligatreffern.Bild: John Sibley/REUTERS

Tottenhams Alderweireld spielt die Saison seines Lebens – die Lorbeeren dafür ernten aber andere

Es ist der «Fluch», den sich die Innenverteidiger auf sämtlichen Fussballplätzen dieser Welt teilen: Sie können noch so gut spielen, den Lohn für ihre Verdienste streichen immer andere ein. Das ist auch im Fall von Toby Alderweireld so, der massgeblich am Erfolg von Tottenham Hotspur in der Premier League beteiligt ist.
21.04.2016, 17:1921.04.2016, 17:30
Donat Roduner
Donat Roduner
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Tottenham spielt eine überraschend starke Saison und kann sich immer noch Hoffnungen machen, Leader Leicester City, notabene die noch (einiges) grössere Überraschung, auf der Zielgeraden noch abzufangen und englischer Meister zu werden. Vier Runden vor Schluss beträgt der Rückstand noch fünf Punkte.

Unverzichtbar für Tottenham: Toby Alderweireld (l.) und Harry Kane.
Unverzichtbar für Tottenham: Toby Alderweireld (l.) und Harry Kane.
Bild: John Sibley/REUTERS

Und welche Namen kommen einem in den Sinn, wenn man an die «Spurs» denkt? Harry Kane, klar! Und dann? Vielleicht noch das englische Jungtalent Dele Alli oder der Südkoreaner Son Heung-Min, der vergangene Saison noch für Bayer Leverkusen gespielt hat. Vielleicht auch Mousa Dembélé, Christian Eriksen, Hugo Lloris oder Erik Lamela. Jedenfalls kommt man ohne starkes Flair für die «Lilywhites» oder ausserordentliches Faible für die Defensive sicher nicht auf Toby Alderweireld.

Doch dieser Tobias Albertine Marurits Alderweireld, wie er mit vollem Namen heisst, hat mindestens einen so grossen Anteil am Höhenflug der Spurs wie die oben genannten Teamkollegen. Weil er Innenverteidiger ist und nur selten Tore erzielt, erfährt seine Leistung keine breite Kenntnisnahme, obwohl sie das verdienen würde. Darum soll das hier nachgeholt werden.

Ein Foul jedes dritte Spiel

Alderweirelds statistische Werte sind nämlich äusserst beeindruckend. Allem voran zeigt der 27-jährige belgische Nationalspieler, dass Innenverteidiger nicht per se holzfüssig sind. Seit geschlagenen 600 Minuten kommt er nämlich nicht nur ohne Karte aus (für manchen mag das schon überraschend sein), nein, 600 Spielminuten ist es her, seit Alderweireld zum letzten Mal ein Foul begangen hat. Ein Foul!

Und es ist nicht so, dass Alderweireld den Zweikämpfen aus dem Weg gehen würde. Im Gegenteil. Nur pflegt er dank ausserordentlichem Timing seine Duelle sowohl am Boden wie auch in der Luft zu gewinnen. Stets mit fairen Mitteln natürlich, denn Alderweireld begeht in der laufenden Saison durchschnittlich lediglich 0,3 Fouls pro Spiel. Karten holt er darum nur ganz wenige. Vier Verwarnungen sind es bis jetzt, also eine alle 1013 Minuten.

Über neun Minuten Alderweireld-Highlights: Ein Schmankerl für Defensiv-Liebhaber.
YouTube/Roses Are Black

Defensiv und offensiv Spitze

Apropos Spielzeit, diesbezüglich ist der ehemalige Ajax-Junior der Traum eines jeden Trainers. 45 Mal stand Alderweireld in der Saison 2015/16 in der Startformation Tottenhams und 45 Mal hat er durchgespielt. Er und seine Abwehrkollegen sind zu grossen Teilen dafür verantwortlich, dass der Klub aus dem Norden Londons so weit vorne in der Tabelle steht. Nur 25 Tore hat die Spurs-Defensive in 34 Ligaspielen zugelassen und gerade mal eines in den letzten fünf. Dass Tottenham daneben in der Europa League gegen Dortmund mit 1:5 Toren ausgeschieden ist, soll ausgeklammert bleiben, da dort der Meisterschaft zuliebe nur eine B-Elf (mit Alderweireld) eingesetzt wurde.

Alderweireld im Kopfballduell mit Damien Delaney von Crystal Palace.
Alderweireld im Kopfballduell mit Damien Delaney von Crystal Palace.Bild: Stefan Wermuth/REUTERS

Klar, es braucht für eine erfolgreiche Meisterschaft auch eine schlagkräftige Offensive. Und das hat Tottenham, sie hat nämlich bis jetzt 64 Tore erzielt, auch das Premier-League-Bestwert. Aber wie so oft wird der Erfolg zu grossen Teilen den wirbelnden Kane und Alli zugeschrieben und der Effort von Alderweireld und seine Kollegen meist nur in einem Nebensatz gewürdigt.

Symptomatisch dafür ist, dass auf der sechs Spieler umfassenden Shortlist für den Premier-League-Spieler des Jahres nur ein Spurs-Spieler zu finden ist. Natürlich nicht Alderweireld, sondern Kane. Ein Fakt, den auch Teamkollege Mousa Dembélé ankreidet: «[Toby Alderweireld] hätte für den Award nominiert werden müssen.»

Die Ausnahme: Cannavaro

Aber Innen- und Verteidiger im Allgemeinen werden für ihre Verdienste oft nur im kleinen Kreis geehrt. Die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, bildet Fabio Cannavaro, der 2006 verdientermassen zum Weltfussballer gewählt wurde (Franz Beckenbauer 1972 ebenfalls, damals war die Wahl aber noch inoffiziell). Ganz grundsätzlich ist es wie bei den Schiedsrichtern: Macht ein Innenverteidiger seine Sache richtig gut, so fällt er selten bis nie auf und steht darum auch nicht im Rampenlicht.

Fabio Cannavaro wurde 2006 Weltmeister und Weltfussballer.
Fabio Cannavaro wurde 2006 Weltmeister und Weltfussballer.
Bild: KEYSTONE

Darum: Wenn es einer Mannschaft das nächste Mal so richtig gut läuft, achtet euch mal auf die Defensive. Sie wird einen wesentlichen Teil zum Erfolg beitragen, garantiert. Und falls Tottenham Meister werden sollte: Denkt an Toby Alderweireld.

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Luca Brasi
21.04.2016 19:36registriert November 2015
Beeindruckend auch, dass die Belgier so viele Talente wie ihn haben. Das gibt dann sicher ein lustiges Testspiel gegen die Schweiz im Stade de Genève. ;)
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Jol Bear
21.04.2016 18:06registriert Februar 2014
Zumindest die Anhänger der Schweizer Nationalmannschaft wissen angesichts der gegenwärtigen Lage die Qualitäten von guten Innenverteidigern doch sehr wohl zu schätzen.
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Ratchet
21.04.2016 19:53registriert Mai 2015
Schon wieder ein Belgier? Unglaublich wieviele gute Spieler Belgien in letzter Zeit bringt.
Das ist ein Nationalteam mit wirklich grossen Potential! Nicht die Schweiz! Belgien. Das ist eine Generation aussergewöhnlich guten Spieler auf praktisch jeder Position: Junge Talente, die sich überall international durchgesetzt haben und nicht nur in der nationalen Liga.
Von Belgien darf man etwas erwarten an der EM. Solch ein Starensemble und Trainer darf man durchaus kritisieren, wenn's nicht läuft, den die Qualität ist tatsächlich vorhanden und nicht hypothetisch, wie bei der Schweiz.
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