Schweiz
Drogen

Schon in einem Jahr könnte der Besitz von 10 Gramm Gras schweizweit legal sein

epa05946993 People take part in the Global Cannabis March in Copenhagen, Denmark 06 May 2017. The march in Copenhagen began in Freetown Christiania and between 2.000 and 3.000 people participated in t ...
Noch ist es zu früh, um «anzustossen». Doch bis im Frühling 2018 dürfte ein Bundesgerichtsentscheid Klarheit schaffen.Bild: EPA/SCANPIX DENMARK

Dank Jus-Student: Schon in einem Jahr könnte der Besitz von Cannabis legal sein

Till Eigenheer, Student im sechsten Semester, hat es schon einmal versucht. Doch das Stadtrichteramt versäumte eine Frist. Nun tritt der 23-Jährige erneut an, beim Besitz von geringen Mengen Cannabis Rechtsklarheit zu schaffen. Notfalls zieht sein Mandant bis vor das Bundesgericht.
12.05.2017, 11:0415.09.2017, 11:38
Mehr «Schweiz»

Im Herbst vor zwei Jahren hatte Till Eigenheer einen Freund vor dem Bezirksgericht Zürich vor einer Ordnungsbusse bewahrt. Der Fall ereignete sich im Januar 2015. Sein Mandant wurde mit acht Gramm Cannabis von der Stadtpolizei erwischt. Die Ordnungsbusse von 100 Franken wollte er nicht bezahlen, deshalb zog er vor Gericht.

Eigenheer, der damals im ersten Semester Jura studierte, konnte den Bezirksrichter überzeugen, dass sein Freund nichts Illegales getan hatte. Gestützt hat er sich dabei auf Artikel 19b im Betäubungsmittelgesetz (BetmG), der besagt, geringe Mengen in «Vorbereitung» auf den Eigenkonsum seien straffrei.

Drogen
AbonnierenAbonnieren

Tatsächlich besteht seit geraumer Zeit Rechtsunsicherheit im Bezug auf diesen Artikel. Was ist eine geringfügige Menge? Und was heisst vorbereiten? In der Praxis wird grundsätzlich jeder mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken gebüsst, der mit Gras im Sack erwischt wird.

«Rechtssicherheit schaffen»

Das will Eigenheer nun ändern. Wie schon im letzten Fall vertritt er einen Mandanten, der zwei Mal mit Cannabis von der Stadtpolizei Zürich angehalten wurde. In beiden Fällen waren weniger als zehn Gramm im Spiel. «Ich erwarte, dass das Bezirksgericht sein Urteil von 2015 bestätigen wird und mein Mandant einen Freispruch erhält», sagt Till Eigenheer, der mittlerweile in der Rechtsanwaltskanzlei Bühlmann & Fritschi in Zürich arbeitet.

Ziel sei es, dass das Stadtrichteramt anschliessend fristgerecht Berufung einlegt, so dass das Obergericht des Kantons Zürich einen Grundsatzentscheid fällen kann. Dazu wurde das Stadtrichteramt sogar beauftragt. Denn nach dem letzten Fall vor zwei Jahren hatte der Gemeinderat eine Klärung des Sachverhaltes gefordert.

Die Rechtsunsicherheit
Grundsätzlich ist THC in sehr geringen Mengen, zum Beispiel in Tees (0,2 Milligramm pro Kilogramm), und auf ärztliche Verschreibung erlaubt. Der Konsum, der Verkauf und die Weitergabe hingegen sind klar verboten. Die ungeklärte Frage ist lediglich, ob der blosse Besitz von geringen Mengen (unter zehn Gramm) erlaubt ist. (leo)

«Urteile in höheren Instanzen würden helfen, endgültig zu klären, ob der Besitz geringfügiger Mengen Cannabis unter Strafe steht», sagt Eigenheer. Das Verteilen von Ordnungsbussen wäre somit unrechtmässig. 

Notfalls wolle der Mandant das Urteil sogar noch weiter ziehen. «Ich kann mir gut vorstellen, dass mein Mandant bis vor das Bundesgericht zieht», so Eigenheer. «Durch einen Bundesgerichtsentscheid würde endgültig Rechtssicherheit geschaffen.» In diesem Fall könne er nur im Hintergrund für seinen Mandanten tätig werden, da er als Jus-Student nicht zur Verteidigung zugelassen sei.

cannabis grafik
Quelle: betmg

In einem Jahr könnte Klarheit herrschen

Zuerst steht aber die Verhandlung vor dem Bezirksgericht in Zürich im Juni an. Theoretisch müsste das Gericht sein Urteil vom letzten Herbst 2015 wiederholen. «Für mich ist die Rechtslage klar», sagt Stephan Schlegel, Rechtsanwalt und BetmG-Experte. Es könne aber sein, dass der Richter dies anders sieht. Eine konkrete Einschätzung, wie gut Eigenheers Chancen stehen, will Schlegel nicht geben.

Sollte das Bezirksgericht im Sinne Eigenheers entscheiden, muss das Stadtrichteramt erneut Berufung einreichen, der Fall landet vor dem Obergericht. Danach kann jede der beiden Parteien den Fall vor das Bundesgericht ziehen. «Wenn Eigenheer schlussendlich verlieren würde, würde ihn der Fall wohl nicht mehr als ein paar 1000 Franken kosten», schätzt Schlegel. «In ein bis zwei Jahren könnte Klarheit herrschen.»

Ein Urteil des Bundesgerichts in diesem Fall würde die polizeiliche Praxis beim Umgang mit geringen Mengen Cannabis in der ganzen Schweiz nachhaltig verändern. «Die Polizei könnte in diesem Fall nicht mehr mit gutem Gewissen Ordnungsbussen für den blossen Cannabisbesitz verteilen», sagt Schlegel.

Zahl der Ordnungsbussen weiterhin steigend

Wie kürzlich veröffentlichte Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BfS) zeigen, ist die Anzahl Ordnungsbussen im Jahr 2016 auf etwas mehr als 19'000 Fälle angestiegen. Am meisten Bussen wurden im Kanton Zürich verteilt, was auf die Bevölkerungsdichte zurückzuführen ist.

Stellt man die Anzahl verteilter Bussen den Einwohnerzahlen gegenüber, so zeigt sich ein klareres Bild. Besonders bussenfreudig ist die Polizei im Kanton Zug. Dort werden mehr als fünf Bussen auf 1000 Einwohner verteilt. Auf sehr tiefem Niveau ist dieser Anteil im Kanton Basel-Landschaft und im Kanton Bern.

Der Kanton Zug verteilte 2016 pro 1000 Einwohner mehr als fünf Ordnungsbussen wegen dem Verstoss gegen das BetmG.
Der Kanton Zug verteilte 2016 pro 1000 Einwohner mehr als fünf Ordnungsbussen wegen dem Verstoss gegen das BetmG.grafik: watson; daten: bfs

Am 6. Juni wird der Fall vor dem Bezirksgericht in Zürich verhandelt. Je nachdem wie das Urteil dann lautet, könnte noch dieses Jahr ein Entscheid des Obergerichts vorliegen. Ein allfälliger Bundesgerichtsentscheid dürfte aber erst im Frühling 2018 gefällt werden.

10 Promis, von denen du nie gedacht hättest, dass sie gekifft haben

1 / 12
10 Promis, von denen du nie gedacht hättest, dass sie gekifft haben
George Washington hat auf seiner Farm in Mount Vernon hauptsächlich Hanf angebaut. Seinen Tagebuch-Einträgen zufolge züchtete er die Pflanzen gezielt daraufhin, ihre Potenz zu steigern.
quelle: ny public lib. picture collectio / gilbert stuart
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
76 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
tinmar
12.05.2017 13:45registriert September 2014
Bleibt das eigentlich viel größere Problem, mit dem dauerhaften Entzug der Fahrerlaubnis auch nach Tagen des Konsums.

Insofern ist eure kleine, lustige Grafik falsch. Da müsste stehen "Illegal: Nüchtern fahren nach lange zurückliegendem THC-Konsum"
862
Melden
Zum Kommentar
avatar
Angelo C.
12.05.2017 13:32registriert Oktober 2014
In zig US-Bundesstaaten ist Cannabis inzwischen für den "medizinischen Gebrauch" oder aber gänzlich zum Verlauf legalisiert. Also exakt in dem Land, wo ursprünglich das int. Verbot vor Jahrzehnten aufgegleist wurde.

Auch Kanada wird legalisieren, Uruguay hat es bereits 2013 getan, Holland ist sehr tolerant.

Wann also, wird angesichts der Tatsache, dass auch hierzulande Hunderttausende kiffen, ENDLICH was konstruktives im Hinblick auf Legalisierung und den freien Verkauf ab 18 Jahren getan?

Linke, Grüne, CVP und Teile der FDP sind längst dafür.
Es ist Sache der Medien, den Druck zu erhöhen!
907
Melden
Zum Kommentar
avatar
nick11
12.05.2017 11:17registriert Oktober 2015
Der Besitz von kleinen Mengen in Vorbereitung zum Eigenkonsum ist Legal, der Konsum selbst aber nicht. Schon mal darüber nachgedacht wie idiotisch das ist? Gibt es irgend einen Fall wo man kleine Mengen in Vorbereitung hat, diese aber nicht konsumiert?
783
Melden
Zum Kommentar
76
Nur 9 Monate im Amt: UBS-Boss Ermotti streicht Monster-Bonus für 2023 ein
UBS-Chef Sergio Ermotti hat mit seiner Rückkehr zur Grossbank ordentlich mehr Lohn kassiert. Für neun Monate 2023 verdiente er 14,4 Millionen Franken.

Für UBS-Chef Sergio Ermotti hat sich die Rückkehr zur Grossbank auch mit Blick auf den Gehaltscheck gelohnt. Überhaupt verdienten die Top-Kader und Verwaltungsräte der UBS deutlich mehr.

Zur Story