Die Schweiz ist ein Land, in dem man gut und gerne lebt. So könnte man es in Abwandlung eines Slogans aus dem letztjährigen deutschen Bundestagswahlkampf formulieren. Das trifft auch auf den Faktor Arbeit zu. Laut einer Umfrage des Instituts Yougov für das Beratungsunternehmen EY Schweiz sind 86 Prozent der Befragten mit ihrer Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden.
Die wichtigsten Elemente einer guten Arbeitsstelle sind demnach Abwechslung, Flexibilität und der persönliche Kontakt zu Kollegen. Aber auch Gehalt und Boni sind nach wie vor wichtig, den Männern etwas mehr als den Frauen. 42 Prozent der Befragten sagten, die Arbeitgeber könnten ihre Belegschaft am besten mit einer guten oder besseren Vergütung motivieren.
Ein zwiespältiges Bild ergibt die Umfrage bei den Zukunftsperspektiven. Rund drei Viertel der Befragten beurteilen ihren Job als zukunftssicher, aber nur 44 Prozent glauben, dass er attraktiver wird. Und 63 Prozent gehen davon aus, dass es in Zukunft weniger Jobs geben wird – für EY ein Beleg dafür, «dass eine gewisse Verdrängung bezüglich der eigenen Betroffenheit vorhanden ist».
Die grösste Skepsis zeigen die Menschen in der Schweiz gegenüber der Automatisierung und der demografischen Entwicklung; beide werden als grosse Herausforderungen angesehen. Gleichzeitig sehen Schweizerinnen und Schweizer Chancen durch eine erhöhte Flexibilisierung und neue Geschäftsmodelle wie Sharing Economy.
Skeptisch sind die Befragten jedoch gegenüber ihren eigenen Perspektiven. Weniger als die Hälfte (49 Prozent) fühlt sich gut auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereitet. Dabei schauen vor allem Frauen und Menschen mit schlechterer Ausbildung und geringerem Gehalt kritisch in die Zukunft – ein nicht ganz neuer Befund. Die Befragten sehen Weiterbildung und ein solides Netzwerk zu Kollegen als wichtigste Elemente an, um in der Zukunft bestehen zu können.
Die Zukunft wird anspruchsvoll, darüber ist sich eine klare Mehrheit der befragten Schweizerinnen und Schweizer einig. Rund 84 Prozent geben sich überzeugt, dass die Zukunft der Arbeit mehr Stress mit sich bringt, dass mehr Leistung gefordert wird (81 Prozent) und dass wir unseren Alltag vermehrt mit Robotern teilen werden (76 Prozent). Wer aber trägt die Verantwortung und wie gehen Staat, Unternehmen und der einzelne Mensch mit den Herausforderungen um?
Die Verantwortung für eine Zukunft der Arbeit, in der alle eine Chance haben, sieht ein grosser Teil (44 Prozent) der Befragten bei Unternehmen und Arbeitgebern. Nur ein geringer Teil (26 Prozent) sieht den Staat in der Pflicht. Ausgerechnet die Jungen im Alter von 16 bis 24 Jahren aber finden mit 45 Prozent überdurchschnittlich stark, dass der Staat für zukunftssichere Jobs sorgen muss.
An der Medienkonferenz von EY am Freitag, an der die Umfrage präsentiert wurde, gab dieser Aspekt besonders zu reden. Eine Erklärung dafür ist die Tatsache, dass gerade die Jungen Wert auf eine gute Work-Life-Balance legen. Gleichzeitig sind sie mit der Perspektive konfrontiert, dass sie in Zukunft mehrere Jobs gleichzeitig ausüben müssen, um über die Runden zu kommen.
47 Prozent aller Befragten haben laut der Umfrage Angst vor den Veränderungen der Arbeitswelt. Offenbar trauen gerade die Jungen eher dem Staat als der Wirtschaft zu, für Abhilfe zu sorgen. Dazu passt ein weiterer Befund der Umfrage: Viele der befragten Schweizerinnen und Schweizer sind gegenüber einem bedingungslosen Grundeinkommen im Prinzip positiv eingestellt.
Besonders deutlich ist dies bei jenen der Fall, die die zukünftige Jobsicherheit negativ beurteilen: 61 Prozent glauben, dass das Grundeinkommen sich positiv auf unsere Art zu arbeiten auswirken wird. Fazit der Umfrage: Die Schweizer Bevölkerung ist mit ihrer heutigen Arbeit zufrieden, aber im Hinblick auf die Zukunft herrscht gerade bei den Jungen nicht wenig Verunsicherung. (pbl/pd)