Teure Covid-Therapie: Bund will Kosten für Antikörper-Medikament von Roche übernehmen
Der Schweizer Pharmakonzern Roche kann zusammen mit seiner amerikanischen Partnerfirma Regeneron Pharmaceuticals einen Erfolg verbuchen: Die Antikörper-Kombination aus den Medikamenten Casirivimab und Imdevimab vermag laut den Ergebnissen der dritten Testphase in den USA, das Risiko symptomatischer Corona-Infektionen um etwa 81 Prozent zu verringern. Dies gab Roche in einer Mitteilung am Montag bekannt.
Wie Gesundheitsminister Alain Berset an der Medienkonferenz vom 14. April bekannt gab, will der Bund die Kosten solcher Antikörper-Kombinationstherapien gegen Covid-19 übernehmen, und zwar in einer ersten Phase bis zur Erstattung durch die Krankenkassen. Gemäss dem Willen des Bundesrats sollen diese Therapien in der Schweiz möglichst bald verfügbar sein. Wie der Tagesanzeiger berichtet, verhandelt der Bund bereits mit dem Pharmakonzern über Bestellmengen des Präparats.
Bei den Wirkstoffen in diesem Medikamentencocktail, der unter die Haut gespritzt wird, handelt es sich um im Labor hergestellte Proteine, sogenannte monoklonale Antikörper. «Monoklonal» bedeutet, dass die verwendeten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem bestimmten Punkt angreifen. Therapien mit monoklonalen Antikörpern sind für Menschen gedacht, die sich nicht impfen lassen können oder die vor einer Impfung das Risiko haben, einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden, wie Berset an der Medienkonferenz erklärte.
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Die im Roche-Präparat verwendeten Antikörper (REGN10933 und REGN10987) sind dazu entwickelt worden, an das Spike-Protein auf der Hülle von SARS-CoV-2 zu binden. Das Virus benutzt diese Spike-Proteine, um an Körperzellen zu binden und in diese einzudringen. Indem die Antikörper an die Spikes binden, neutralisieren sie den Covid-19-Erreger. Das Arzneimittel besteht aus zwei Wirkstoffen, um die Resistenzbildung zu hemmen.
1500 Testpersonen
Bei der nun erfolgreich abgeschlossene Phase-III-Studie REGN-COV 2069 arbeiteten die Pharmaunternehmen mit der nationalen US-Gesundheitsbehörde National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) zusammen. 1500 Testpersonen, die im gleichen Haushalt mit einer zuvor positiv auf das Coronavirus getesteten Person leben, nahmen daran teil. Die eine Hälfte erhielt den Antikörper-Cocktail subkutan verabreicht, die andere bekam ein Placebo.
Das Ergebnis macht Hoffnung: Die Verabreichung von Casirivimab und Imdevimab reduzierte das Risiko symptomatischer Infektionen bei jenen Probanden, die bei Studienbeginn nicht infiziert waren, um 81 Prozent. Bei jenen mit dem Medikament behandelten Testpersonen, die trotzdem erkrankten, klangen die Symptome im Durchschnitt innerhalb einer Woche ab. Bei den Probanden, die ein Placebo erhalten hatten, dauerte dies im Schnitt drei Wochen. Hinweise auf starke gesundheitliche Risiken gibt es laut Roche nicht. Die Ergebnisse der Studie sollen nun so bald wie möglich den Zulassungsbehörden übergeben werden.
Bereits Ende März präsentierte Studienergebnisse hatten laut einer Mitteilung von Roche gezeigt, dass der Antikörper-Cocktail bei Risikopatienten mit Covid-19 das Risiko für einen schweren Verlauf oder eines Todesfalls um 70 Prozent reduziert.
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Zulassungsantrag bei Swissmedic gestellt
In der Schweiz hat Roche am 10. März einen Zulassungsantrag für das Mittel gestellt. Swissmedic machte bisher keine Angaben dazu, wann mit einer Zulassung zu rechnen ist. Allerdings ermöglicht es das Covid-Gesetz, das Präparat schon vor einer ordentlichen Zulassung per «Feststellungsverfügung» verfügbar zu machen.
Ein Problem dürfte freilich der Preis darstellen: Laut Berechnungen des «Tagesanzeigers» kommt eine Dosis auf rund 2000 Euro (rund 2200 Franken) zu stehen. Hinzu kommt, dass die Behandlung mit dem Medikament frühzeitig einsetzen muss, damit ein schwerer Verlauf der Krankheit verhindert werden kann. Für welche Patienten dieses Risiko besteht, lässt sich von vornherein nicht leicht bestimmen.
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Gesundheitsbehörden empfehlen Verabreichung
Die US-Behörde National Institutes of Health (NIH) empfiehlt den Antikörper-Cocktail nachdrücklich zur Therapie von nicht-hospitalisierten Coronapatienten mit einem hohen Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs, wie Regeneron am Freitag mitteilte. In den USA hatte das Präparat eine Notzulassung erhalten. Mit ihm wurde unter anderem der frühere Präsident Donald Trump behandelt.
Auch die europäische Arzneimittelbehörde EMA, die das Medikament seit dem 1. Februar 2021 in einem sogenannten Rolling-Review-Verfahren prüft, befürwortet dessen vorläufige Anwendung. Wie das «Ärzteblatt» Ende Februar berichtete, kann das Präparat nach Einschätzung der EMA bereits vor Marktzulassung zur Behandlung von Covid-19-Patienten eingesetzt werden, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und bei denen ein hohes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs besteht.
(dhr)
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 12. April publiziert und nun mit neuen Informationen ergänzt.
