In den Strassen von Simbabwes Hauptstadt herrscht am Dienstagabend scheinbar grenzenlose Freude. Tausende Menschen tanzen, singen, umarmen sich - und viele haben Freudentränen in den Augen.
The moment the speaker of Zimbabwe's parliament read out Robert Mugabe's letter of resignation https://t.co/ookRf1pBzM pic.twitter.com/eT5kRpNpnM
— BBC Breaking News (@BBCBreaking) 21. November 2017
«Der Diktator ist weg», skandierten viele im Zentrum von Harare. «Wir sind einfach so froh», sagte Sheila Chairs, scheinbar überwältigt. «Ich kann es gar nicht erklären; dieser Mann hat unsere Leben ruiniert», sagte die 26-Jährige. Ein Software-Ingenieur jubelte: «Jetzt werden sich die Dinge in Simbabwe ändern, Arbeitslose werden wieder Jobs finden.»
Die meisten Menschen in Simbabwe haben nie einen anderen Präsidenten als Robert Mugabe gekannt: Er hielt sich 37 Jahre lang an der Macht, wirtschaftete das Land herunter und regierte mit zunehmend harter Hand. Auch mit 93 Jahren plante er schon für seine nächste Amtszeit, um die er sich nächstes Jahr bewerben wollte.
Doch der Militärputsch vom vergangenen Mittwoch machte ihm einen Strich durch die Rechnung: Sobald klar war, dass die Armee Mugabes skrupellosen Sicherheitsapparat im Zaum hielt, sagten sich seine Anhänger in Windeseile von ihm los.
Nach Anbruch der Dunkelheit sind die Strassen Harares normalerweise ganz schnell leer. Doch an diesem geschichtsträchtigen Tag schienen sie in der Innenstadt von Harare mit jeder Minute voller zu werden. Freudenschreie hallen durch die Nacht, Musik dröhnt aus Lautsprechern und Handys, überall schwenken Menschen die farbenfrohe Flagge Simbabwes.
Die Menschen setzen auf eine Wiedergeburt ihres einst stolzen Landes. «Wir stecken seit Jahren in Schwierigkeiten. Ich kann gar nicht darauf warten, morgen dass erste Mal Tageslicht zu sehen, ohne Mugabe als Präsident», sagte Benjamin Serena, der vor dem Parlament in Harare feierte. Der Tag von Mugabes Rücktritt solle der neue Nationalfeiertag werden, scherzte er.
«Die Ekstase und Freude in den Strassen von Harare ... vermittelt einen Eindruck davon, was es heisst, unter einem Diktator zu leben», erklärte Analyst Charles Laurie von der Risikoberatung Verisk Maplecroft. «Als ich es gehört habe, habe ich geweint. Ich kann es immer noch nicht glauben», sagte Lyle Peters. «Ich dachte, ich würde es nicht mehr erleben», sagte der 38-Jährige. «Ich dachte, er wäre unsterblich.»
Viele der Jubelnden machten auch Selfies mit den Soldaten, die seit dem Militärputsch im Zentrum von Harare stationiert sind. Die Soldaten holten sogar Kinder auf ihre gepanzerten Fahrzeuge und feierten mit.
«Wir sind so froh, dass das Militär eingeschritten ist», sagte auch Peters. Mugabe habe so viele Leben zerstört und unzählige Simbabwer aus Mangel an Perspektiven in der Heimat in die Flucht getrieben. «Ich bin mir sicher, dass die Leute die ganze Nacht feiern werden.»
In der Euphorie des Abends blieb unklar, wie es nun in Simbabwe weitergehen würde. Die Regierungspartei Zanu-PF und die Putschisten wollen wahrscheinlich den vor Kurzem von Mugabe geschassten Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa zum Nachfolger küren.
Der unter dem Spitznamen «das Krokodil» bekannte 75-jährige Mnangagwa gilt als Hardliner und ist seit Jahrzehnten führendes Mitglied der politischen Elite. Seine Beziehung zu Mugabe bezeichnete er noch diesen Monat als eine wie von «Vater und Sohn».
Ob er die Hoffnung für einen kompletten Neuanfang erfüllen kann, ist daher zweifelhaft. Die meisten Menschen hoffen jedoch, dass er nur übergangsweise die Macht halten wird, bis die für 2018 ohnehin geplanten Wahlen abgehalten werden können. Das fordert auch Simbabwes Opposition. Und die Bevölkerung ist aufgewacht und fordert ihre Rechte. (sda/dpa)