Das Bezirksgericht Lenzburg hat am 16. März den 34-jährigen Thomas N. für den Vierfachmord von Rupperswil zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Gericht eine vollzugsbegleitende Therapie wegen N.s Pädophilie sowie eine ordentliche Verwahrung an. Mit der mündlichen Begründung durch Gerichtspräsident Daniel Aeschbach war das Urteil noch nicht rechtskräftig. Die Parteien konnten das schriftliche Dispositiv abwarten. Es handelt sich dabei um den reinen Urteilsspruch, ohne Begründung. Nach Studium dieses Dispositivs erhielten sie die Möglichkeit, Berufung anzumelden. Davon haben die Staatsanwaltschaft als Anklägerin sowie der Verurteilte Thomas N. mit seiner Pflichtverteidigerin Gebrauch gemacht.
Die Anmeldung der Berufung ist ein erster Schritt zur Anfechtung des Urteils, aber alleine noch nicht ausreichend. Nicole Payllier, Sprecherin der Gerichte Kanton Aargau, erläutert das Prozedere: «Zusätzlich erforderlich ist die Erklärung der Berufung. Diese ist den Parteien erst möglich, nachdem das schriftlich begründete Urteil vorliegt. Dies wird voraussichtlich im Sommer der Fall sein.»
Das Bezirksgericht Lenzburg hat bereits unmittelbar nach dem Prozess im März damit begonnen, das schriftliche Urteil zu verfassen. Darin wird jeder Punkt eingehend behandelt und begründet. Der Grundsatz lautet: Je grösser der Eingriff in die Rechte des Verurteilten, desto ausführlicher muss das Gericht seinen Entscheid begründen. Im vorliegenden Fall muss das Urteil deshalb besonders ausführlich und umfassend begründet werden. Auch wenn das Gericht möglichst rasch arbeitet und den Fall Rupperswil prioritär behandelt, läuft nebenher der ordentliche Gerichtsbetrieb weiter. Entsprechend sind einige Monate in diesem Fall nicht überraschend oder aussergewöhnlich.
Wie Nicole Payllier erklärt, sind die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte die einzigen Parteien, die Berufung angemeldet haben. Die Privatklägerinnen und Privatkläger haben darauf verzichtet. Opferanwalt Markus Leimbacher sagt auf Anfrage: «Unsere Zivilforderungen sind vollumfänglich anerkannt worden.» Damit habe man einerseits erreicht, was man habe erreichen wollen, und anderseits sei man so gar nicht mehr legitimiert, den Fall weiterzuziehen. Zum Strafmass oder den Massnahmen kann die Privatklägerschaft grundsätzlich keine Anträge stellen.
Dies ist im Moment schwierig abzuschätzen. Es ist abhängig von der abzuwartenden schriftlichen Urteilsbegründung und der Interpretation dieser durch die beiden Parteien.