Sie ist blond, trägt Hotpants und bauchfreies Top, lehnt am Flugzeug und streckt ihm ihren Ausschnitt und ihr Lächeln entgegen. Zwischendurch blickt sie über die Schulter zur Brünette mit der Fahne an der Startlinie, die ihr mit bösen Blicken zu verstehen gibt, dass auch sie den Piloten will. Er lächelt abwechslungsweise beide an. Cut. (siehe Video oben)
Nächster Spot, gleiche Uhrenmarke. Der Pilot fliegt über die Wüste, sie fährt auf dem Motorrad dem gemeinsamen Treffpunkt entgegen. Er ist früher da, er wartet, und als sie eintrifft, produziert er ein süffisantes Lächeln und fliegt davon. Zum nächsten Date.
Diese Werbespots der Schweizer Uhrenfirma Breitling – «Pit Stop» und «Too Late, Baby» heissen sie – laufen in den Fliegern der Swiss seit 2016 immer als Werbung, bevor der gewünschte Film beginnt. Kein Flugpassagier kommt an der Werbung vorbei.
Anja Derungs, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich, findet die Spots «grenzwertig» und «sexistisch, insofern als sie ein stereotypes Bild der Geschlechter vermitteln»: Die Männer dirigierten das Geschehen, die Frauen dienten als Bodenpersonal und bewunderten die Piloten. Die beiden begegneten sich nie auf Augenhöhe. Auch bedienten die Spots Geschlechterklischees, übrigens auch bei den Männern.
«Der Mann interessiert sich für Flugzeugloopings, Motorräder und schöne Frauen.» Wie einfältig diese Art von Werbung ist, sagt Derungs, zeigten auch die Reaktionen: lediglich 19 Likes für «Pit Stop» auf Youtube. «Dieser heteronormative, sexistische Blick» scheine nur wenige Männer anzusprechen.
Zu den Clips wird auf Youtube sogar das Making-of inszeniert. Auf die Frage, wie das Unternehmen zu dieser Werbung steht, antwortet Breitling-Sprecher Steven Biedert, das Management habe gewechselt und unter der neuen Führung werde auch die Kommunikationsstrategie erneuert.
Und: «Die erwähnten Commercials werden weltweit entfernt.» Wie Breitling solche Werbespots rechtfertigt, warum die Firma solche überholten Rollenbilder reinszeniert und überhaupt: welche Männer Breitlings Zielgruppe sind – diese Fragen lässt Biedert auch bei mehrmaligem Nachstossen unbeantwortet.
Das Unternehmen mit Sitz im solothurnischen Grenchen sah sich wegen seiner Werbung schon mehrmals mit dem Sexismusvorwurf konfrontiert. Die Eröffnung einer Boutique in New York im vergangenen Jahr dekorierten Models in tief ausgeschnittenen Bodys und hochhackigen Schuhen und Pilotenmützen. Die «Handelszeitung» blieb unbeeindruckt: «Die Bilder vom Event erinnern eher an eine Erotikmesse als an die Veranstaltung einer Luxusmarke in einer Metropole.»
Die Lauterkeitskommission hat im September eine Beschwerde gutgeheissen, die ein Breitling- Schaufenster an der Zürcher Bahnhofstrasse betrifft. «Das Sujet der mit gespreizten Beinen auf einer Bombe reitenden Frau wurde als entwürdigend beanstandet, da es einen unverstellten Blick auf den Schritt der Dame erlaubte», schreibt die Lauterkeitskommission. An die Stiftung gelangen können Privatpersonen, Firmen und Konsumentenorganisationen. Ihre Rüge hat rechtlich allerdings keinen Einfluss.
Eine andere Frage ist, wie die Swiss diese Art von Werbung rechtfertigt, die bei ihr täglich tausendfach über die Bildschirme geht. Die Airline bekennt sich in ihrem Leitbild zu «den traditionellen Werten der Schweiz».
Bei der Auswahl der Werbespots überprüfe man primär deren Rechtmässigkeit, sagt Swiss-Sprecher Stefan Vasic. Obwohl der Werbespot von Breitling überdeutliche sexistische Rollenbilder einsetzt, verneint Vasic, dass die Swiss Sexismus in den Werbespots toleriere. Ausserdem sei es nicht an der Swiss zu beurteilen, wie die Werbeinhalte von einzelnen Zuschauern aufgefasst würden.
Und was sagen die Piloten dazu? Der Pilotenverband Aeropers distanziert sich auf Anfrage von der Werbung. Sowohl vom sexistischen Frauen- als auch vom Pilotenbild, das sich überhaupt nicht mit seinem Selbstverständnis von Sicherheit und Zuverlässigkeit deckt. (Die Autorin arbeitet für die Zürcher Regionalzeitung)