Die Wissenschafter um Guillaume Barbalat von der Universität Grenoble untersuchten mehr als 12'000 französische Kinder darauf, inwieweit sich die Umgebungstemperaturen in den Monaten vor und nach ihrer Geburt auf ihren Wortschatz im Alter von zwei Jahren auswirkten. Es zeigte sich, dass er um knapp 15 Prozent kleiner ausfiel, sofern die Kinder in ihren ersten 28 Lebenswochen einer Durchschnittstemperatur von 22 Grad mit Tageshöchstwerten von mehr als 30 ausgesetzt waren.
Hitze in der Schwangerschaft wirkte – wenn auch schwächer und in Abhängigkeit von der Schwangerschaftsphase – ähnlich. Weswegen Barbalat resümiert, «dass Hitzewellen die sprachliche Entwicklung von Kindern deutlich beeinträchtigen können». Was letzten Endes bedeute, dass die weithin ohnehin beklagte Verarmung der Sprache durch den Klimawandel noch weiter befeuert wird.
Wie der französische Psychiater erklärt, bremsen hohe Temperaturen das neuronale Wachstum und dadurch die Sprachentwicklung. Dies passt zu dem Ergebnis einer holländisch-spanischen Studie, wonach Kinderhirne weniger weisse Substanz entwickeln, wenn sie immer wieder längeren Hitzeperioden ausgesetzt werden. Doch das heisst nicht, dass nur unreife, noch wachsende Gehirne hitzegefährdet sind.
So fand ein dänisch-deutsches Forscherteam heraus, dass Politiker in ihren Reden umso einfacher in ihrer Sprache werden, je heisser die Umgebungstemperatur ist. Insbesondere die Länge der Wörter nimmt ab 24 Grad deutlich ab. Dies könnte, wie Studienleiter Tobias Widmann von der Universität Aarhus vermutet, daran liegen, dass der erhitzte Körper mehr Energie zur Temperaturregulation benötigt, was dann zulasten der Hirnleistung geht. Der Politologe betont aber auch, dass dies nicht unbedingt negative Folgen für den parlamentarischen Alltag haben muss: «Eine einfachere Sprache kann auch das Verständnis und das Engagement der Öffentlichkeit verbessern.»
Andererseits gehen das Nachlassen von Sprach- und Denkleistung oft Hand in Hand, was wiederum nachteilig ist für den politischen Diskurs. Ganz zu schweigen davon, dass Hitze sich auch negativ auf Verhalten und Stimmung auswirkt. So erhöht sie, wie Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien betont, das Risiko für Angststörungen und Depressionen. «Eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius geht wissenschaftlichen Schätzungen zufolge mit einer Erhöhung der Suizidrate um einen Prozentpunkt einher», warnt der Umweltmediziner.
Bei Gewalttaten gegenüber anderen beträgt der Anstieg sogar 1,4 Prozent, wie kürzlich japanische und koreanische Forscher ermittelt haben. Unter Hitzestress hupen die Menschen häufiger im Strassenverkehr, posten sie mehr Hate Speech im Internet, und sie interpretieren harmlose Verhaltensweisen schneller als feindselig als sonst. Erklärbar werden diese Aggressionen durch Überforderung und Hilflosigkeit, die wir bei extremer Hitze empfinden. Und durch eine verstärkte Ausschüttung von Vasopressin. Das Hormon soll zwar in erster Linie die Urinausscheidung stoppen, damit wir bei Hitze weniger Wasser abgeben. Doch aus Tierstudien weiss man, dass es auch aggressiver macht.
Gründe genug also, sich auch aus Sorge um die psychische Balance und Gesundheit vor Überhitzung zu schützen. Dazu gehört, dass man an besonders heissen Tagen den Schatten sucht oder sich in klimatisierten Räumen aufhält. Wobei die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, die Temperatur der Air-Condition nur auf 27 Grad zu stellen. Das spart nicht nur Energie, sondern verhindert auch, dass die Städte durch die hochgefahrenen Geräte noch mehr aufgeheizt werden.
Trinken gehört ebenfalls zum Hitzeschutz. Es muss allerdings nicht, wie oft zu hören ist, vor dem Durstgefühl stattfinden. «Es ist schwer vorstellbar, dass die Evolution uns mit einem chronischen Wasserdefizit ausgestattet hat, das kompensiert werden muss, indem wir uns zum Trinken zwingen», sagte bereits 2002 der englische Physiologe Heinz Valtin. Man sollte also dem Durst nicht misstrauen.
Senioren und insbesondere demente Patienten registrieren ihn allerdings oft nicht mehr. Hier kann es daher sinnvoll sein, das Trinken zuverlässig über den Tag verteilt auf 1,5 bis 2 Liter zu dosieren. Optimale Alltagsgetränke für den Sommer sind Wasser und Fruchtsaftschorlen.
Schliesslich kann auch Kleidung zum Hitzeschutz beitragen. Kurze Hemden sind besser als Sakko mit Krawatte, und Röcke besser als Hosen. Synthetische Textilien haben den Vorteil, dass sie den Schweiss optimal zur Verdunstung an die Umwelt weiterleiten. Auf keinen Fall sollte man sich jedoch komplett ausziehen. Denn ein schweissnasses T-Shirt wirkt wie ein kühlend-nasses Tuch. Schweisstropfen auf nackter Haut hingegen verdampfen zu schnell, um wirklich kühlen zu können. (aargauerzeitung.ch)
Von Kindern, deren Sprachentwicklung ab mehr als 22° C leidet, über Politiker der Redeneloquenz als verkümmert wahrgenommen wird, über geschätzte, aber anscheinend nicht belegte, höhere Suizidraten, zu stärkerem Drang zu hupen und das die Blase nicht leeren zu können aggressiv macht, zu WHO Empfehlungen, die mit 27° C Kindersprachkenntnisse zu schädigen empfiehlt, zu richtigen Trinkmenge und das Demente zu wenig trinken, zu Kleiderempfehlungen.
So ein "Chrüsimüsi", da dampft der Schädel 🥵