Viele Geschäfte machen derzeit kaum Umsatz mehr, einige von ihnen mussten auf behördliche Anweisung schliessen. Die Frage, ob die Mieten für die Gewerbelokale geschuldet werden, bleibt unbeantwortet: Der Bundesrat entschied sich letzte Woche, abzuwarten. Der vierte runde Tisch einer «Task Force» lieferte keine konkrete Hilfe.
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Die Verärgerung ist bei vielen Unternehmern gross. Einer von ihnen ist Fabio Villani, Geschäftsinhaber diverser Studios der Fitnesskette Old School Gym. Er erzählt im watson-Interview, warum die Krise auch die Fitnessbranche trifft und was er von den Massnahmen des Bundesrates hält.
Sie haben sich am Wochenende per Mail an uns gewendet. Warum suchen Sie die Öffentlichkeit?
Fabio Villani: Die Sache mit den Geschäftsmieten ist ein ernsthaftes Problem. Je nach Branche ist man von der aktuellen Krise mehr oder weniger betroffen. Ich denke, dass solche Fälle vielen Personen und Politikern nicht bekannt sind.
Der Bundesrat verlangt, dass Unternehmer zusammen mit ihren Vermietern betreffend Gewerbe-Mieten «im Dialog konstruktive und pragmatische Lösungen» suchen. Wie erleben Sie diesen «Dialog»?
Schwierig. Ich habe für die 16 Fitness-Studios 16 unterschiedliche Mietverträge mit unterschiedlichen Verwaltungen. Obwohl es immer dieselben Symptome der Coronavirus-Krise sind, erlebe ich unterschiedliche Antworten. Einige verstehen die Sorgen gut und bieten schon mal für die Mieten eine Ratenzahlung an. Andere haben kein Gehör, blocken ab und pochen auf die fristgerechte Zahlung der Miete. Einen Mieterlass hat aber keine Verwaltung bewilligt.
Warum hat Ihr Unternehmen zurzeit Mühe, die Mieten zu bezahlen? Wie sind Sie von der Krise betroffen?
Ich glaube, dass die Fitness-Center-Branche zurzeit aus saisonalen Gründen ähnlich betroffen ist wie die Gärtnerei-Branche: Die Leute wollen in den Monaten ab Januar in die Studios und lösen ihre Abos …
… in diesem Jahr ist es aber anders.
Genau. Im Februar ging der Umsatz schon um die Hälfte zurück, weil die Kunden das Social Distancing einhalten wollten. Für die Märzmiete musste ich schon auf Reserven zurückgreifen. Im Monat darauf wurden dann unsere Standorte auf behördliche Anordnung geschlossen. Seither ist der Umsatz weg.
Von welchen Beträgen spricht man da?
Die vier Frühlingsmonate sind bei uns jeweils die umsatzstärksten Monate. In der Hälfte dieser Zeit ruhte unser Geschäft wegen der Schliessung und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. Ich schätze, dass es am Ende rund eine siebenstellige Summe sein wird.
Die Politik sagt, dass solche Krisen zum unternehmerischen Risiko gehören. Der Bundesrat hat Ihnen bereits Hilfe angeboten: Die Covid-Kredite sollen schnell und günstig Liquiditäts-Engpässe decken. Reicht Ihnen das nicht aus?
Hinten und vorne nicht. Solche Kredite sind ja begrenzt auf einen Zehntel des Jahresumsatzes. Vielen Kleinunternehmern mag das schon mal eine riesige Hilfe sein. In meiner Branche, wo der Löwenanteil des Umsatzes für die Miete draufgeht, ist ein solcher Kredit nur ein kleiner Tropfen auf den heissen Stein.
Was könnte Ihrer Branche helfen?
Ich bin kein Politiker und kann nicht für alle Fitness-Studio-Betreiber sprechen. Aber uns wäre schonmal geholfen, wenn der Bundesrat auch branchenspezifische Probleme ins Auge fassen würde.
Der Fitness-Center-Verband fordert heute in einem Schreiben an die Nationalrätinnen und Nationalräte in der Wirtschaftskommission den Mieterlass. Was halten Sie davon?
Das wäre natürlich super, aber realistisch gesagt wahrscheinlich illusorisch. Für mich ist aber klar, dass sich etwas tun muss. Zurzeit wird von einigen KMUlern verlangt, dass sie brav ihre Miete zahlen, obwohl ihre Betriebe behördlich geschlossen wurden. Es ist kein schönes Zeichen, wenn die Immo-Branche auch in der Krise Gewinne macht oder gar die Hypothekarschulden amortisieren kann.
Bleiben wir beim unternehmerischen Risiko: Haben Sie sich schon überlegt, auf anderen Wegen Umsatz reinzuholen, zum Beispiel über die Vermietung der Geräte?
Ich habe tatsächlich einige Anfragen dazu erhalten. Das Risiko und der Aufwand waren mir dann aber bei 16 Standorten zu gross.
Und Videos? Im Internet wimmelt es derzeit von Gym-Anleitungen auf YouTube und Co.
Sie sagen es selbst: Solche Angebote gibt es bereits zuhauf gratis im Netz. Einige meiner Kundinnen und Kunden drehen solche Trainingsvideos in meinen Studios. Ich würde sie konkurrenzieren, würde ich selbst solche Videos drehen. Viel Geld gäbe es unter dem Strich dann auch nicht.
Mir ist klar, dass der Bau von Immobilien auch kostet. Aber gerade in Städten zahlt man meist viel mehr für die Lage als für die Immobilie. Und die Lage hat sich ein Grundstückbesitzer null selbst erarbeitet, das war einfach Glück.