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Zürich nimmt keine verletzten Gaza-Kinder auf: SP und Grüne sind empört

Palestinian children gather to receive donated food at a community kitchen in Khan Younis, southern Gaza Strip, Friday, Sept. 19, 2025. (AP Photo/Jehad Alshrafi)
Israel Palestinians Gaza
Kinder in Khan Younis im Gazastreifen auf der Suche nach Lebensmitteln.Bild: keystone

«Eine Schande» – jetzt reagieren Politiker auf Ricklis Pläne mit den Gaza-Kindern

Während andere Kantone verletzte Kinder aus Gaza aufnehmen, blockt Zürich ab. Eine Parteikollegin von SVP-Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli erklärt den Entscheid mit der Sorge vor «halb Palästina in Europa» – die SP spricht von einer «Schande».
07.10.2025, 06:0307.10.2025, 08:21

Nach mehreren erfolglosen Versuchen soll Frieden einkehren zwischen Israel und der Hamas. US-Präsident Donald Trump hat einen 20-Punkte-Plan ausgearbeitet, über den die Kriegsparteien aktuell in Ägypten verhandeln.

Die Schweiz will helfen

Wie dieser Tage bekannt wurde, will die Schweiz einen kleinen Beitrag dazu leisten, das Elend im Gazastreifen zu lindern. Der Bund möchte 20 schwer verletzte Kinder mit der Rega aus dem Gazastreifen in die Schweiz fliegen. Hierzulande sollen sie in Spitälern so lange gepflegt werden, bis sie gesund sind.

Der Bund hat dafür gezielt einzelne kantonale Regierungen angefragt – Basel-Stadt, Genf, das Tessin und das Wallis sind bereit, Kinder aus Gaza aufzunehmen.

Anders sieht es im Kanton Zürich aus, wie Recherchen des Sonntagblicks zeigen. Die zuständige SVP-Regierungsrätin und Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli hat der Anfrage des Bundes eine Abfuhr erteilt. Sie möchte die humanitäre Aktion nicht unterstützen.

Regierungsraetin Natalie Rickli, informiert an einer Medienkonferenz zur Versorgung von Transgender-Jugendlichen, Schutz vor irreversiblen Eingriffen bei Minderjaehrigen, aufgenommen am Montag, 7. Jul ...
Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli.Bild: keystone

Ricklis Sprecher Patrick Borer gibt keine Gründe an, er sagt lediglich: «Informelle Anfragen lehnen wir grundsätzlich ab.»

Noch ist die Sache im Kanton Zürich aber offenbar nicht ganz vom Tisch. Der Gesamtregierungsrat wird sich gemäss Borer nach den Herbstferien mit der Evakuierungsanfrage des Bundes befassen.

SP-Molina: «Eine Schande»

Ungeachtet dessen kann SP-Nationalrat Fabian Molina mit Ricklis Entscheid nichts anfangen. Zu watson sagt er: «Es ist eine Schande, Punkt. Wie schäbig muss man sein, eine solche Anfrage einfach abzulehnen.»

Es sei komplett unverständlich, weshalb der Kanton Zürich als grösster Schweizer Kanton nicht in der Lage sein sollte, seinen Beitrag zur Versorgung von schwer verletzten Kindern aus dem Gazastreifen zu leisten, so Molina.

Fabian Molina, SP-ZH, spricht waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 19. September 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
SP-Nationalrat und Aussenpolitiker Fabian Molina.Bild: keystone

Bei den Kindern, die die Schweiz aufnimmt, teilen sich Bund und Kantone die Kosten. Der Bund kommt für die Koordination und den Transport der Kinder auf. Die medizinische Behandlung bezahlen die Kantone.

Jedes Kind darf gemäss Sonntagsblick von maximal vier Familienangehörigen begleitet werden, diese dürfen in der Schweiz Asyl beantragen. Für Molina eine Selbstverständlichkeit:

«Es ist logisch, dass man Kinder nicht allein in ein anderes Land schickt. Die Familie hat ein Recht, mitzukommen. Natürlich können Personen aus dem Gaza-Streifen auch ein Asylgesuch stellen, das Leben in Gaza ist unmöglich geworden.»

Grünen-Glättli: «Unmenschlich»

Auch Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli stört sich am Entscheid von Rickli. Er bezeichnet ihn als «unmenschlich und unverständlich». Er sagt: Für die Schweiz sollte es unbestritten sein, dass man verletzten Kindern, den Schwächsten dieses Krieges, humanitär zu Hilfe eilt.»

Parteipraesident Balthasar Glaettli, GP-ZH, spricht waehrend der Delegiertenversammlung der Gruenen Schweiz, am Samstag, 26. August 2023 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli.Bild: keystone

Es sei fragwürdig, dass der Kanton Zürich keine Plätze im Kispi, einem der modernsten Kinderspitäler der Schweiz, zur Verfügung stellen wolle.

Wie Molina findet es auch Glättli in Ordnung, dass die Kinder und Familienangehörigen in der Schweiz Asyl beantragen dürfen:

«Wir Grünen haben bereits im März 2024 humanitäre Visa für verletzte Kinder aus dem Gazastreifen gefordert.»

SVP-Steinemann: Lieber vor Ort Hilfe leisten

Die Zürcher SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann stärkt ihrer Parteikollegin Rickli den Rücken. «Die Art und Weise, wie diese Anfrage bei den Kantonen platziert wurde, dieser informelle Charakter, ist falsch.» Sie betont:

«Es ergibt keinen Sinn, nun einfach 20 palästinensische Kinder in die Schweiz zu fliegen. Was ist mit allen anderen verletzten Kindern aus Gaza? Die müssten auf weitere europäische Staaten verteilt werden. Rechnet man die Familienangehörigen hinzu, haben wir am Schluss halb Palästina in Europa.»
Barbara Steinemann, Nationalraetin SVP-ZH, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Lancierung des Abstimmungskampfs fuer die Volksinitiative "Ja zum Verhuellungsverbot", am Donnerstag, 14 ...
SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann.Bild: keystone

Steinemann kritisiert, dass jedes behandelte Kind plus sämtliche Familienangehörige in der Schweiz ein dauerhaftes Bleiberecht erhielten. «Diese Familien werden mit Sicherheit nicht zurückgeschickt.»

Die SVP-Nationalrätin plädiert dafür, dass reiche arabische Staaten mit gutem Gesundheitswesen verletzte Kinder aus Gaza aufnehmen. Die Schweiz solle im Rahmen ihres bestehenden humanitären Budgets vor Ort im Gazastreifen Hilfe leisten. «Damit wäre viel mehr als 20 Kindern gedient.»

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695 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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So oder so
07.10.2025 06:30registriert Januar 2020
Wieso kommen die Familien nicht in denn mit Reichtum um sich Werfenden Arabischen Staaten unter ?
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Jorge de los alpes
07.10.2025 06:17registriert April 2014
Europa kann ja nicht der Auffangtigel für die ganze Welt sein, und die Konsequenzen tragen für die verrückten Politiker in gewissen Ländern. Moderat und gut verteilt, ok. Wenn dann die verschiedenen Etnien hier aufeinander los gehen, haben wir den Schlamassel. Ich bin für die Hilfe vor Ort.
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Mavic
07.10.2025 06:40registriert Juli 2023
Und wie sieht es mit den Kindern aus Sudan, Jemen, Afghanistan, Kongo, Nigeria, Mali, Burkina Faso oder Syrien aus?
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