Trumps Gaza-Friedensplan ist zum Scheitern verurteilt, ausser ...
Für die zwei Millionen Palästinenser und die 20 noch lebenden israelischen Geiseln im Gaza-Streifen könnte eine fast zweijährige Zeit in der Hölle bald enden. Hamas und Israel haben dem Friedensplan von US-Präsident Donald Trump im Grundsatz zugestimmt. Eine Feuerpause und die Freilassung aller verbliebenen Geiseln sind möglich.
Zum Feiern ist es jedoch viel zu früh. Die Hamas stellt Nachforderungen, die auf eine Quadratur des Kreises hinauslaufen. Die Terrorgruppe will ein Ende des Krieges und einen Rückzug Israels, gleichzeitig aber ihre Waffen behalten und bei Entscheidungen über die Zukunft von Gaza mitreden: Die Hamas will mehr oder weniger zurück zum Status quo vor ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023. Schwierige Verhandlungen stehen bevor, die die beiden verfeindeten Seiten am Montag aufnehmen wollen.
Seit Trump seinen Plan präsentierte, debattierten die politischen Chefs der Hamas in Katar und die militärische Führung der Organisation in Gaza untereinander und mit Katar, Ägypten und der Türkei. Besonders die Katarer und Türken drängten die Hamas laut Medienberichten zu einer Zustimmung, obwohl der 20-Punkte-Plan des US-Präsidenten keine verbindlichen Fristen für den israelischen Truppenabzug enthält.
Entscheidender Druck von arabischen Staaten und Türkei
Eine glatte Ablehnung des Plans wäre für die Hamas gegenüber den arabischen und islamischen Staaten und der eigenen Bevölkerung in Gaza nicht vermittelbar gewesen. Der Iran als Geldgeber und Waffenlieferant der Hamas überliess der Terrorgruppe die Entscheidung. Deshalb gab der Druck von Arabern und Türken am Ende den Ausschlag. Hamas stimmte dem Trump-Plan unter Vorbehalt zu.
Doch der Plan lässt Fragen offen, die in den nun anstehenden Verhandlungen der Kriegsparteien unter Vermittlung von Ägypten und Katar beantwortet werden müssen. Die Hamas verlangt den vollständigen Abzug israelischer Truppen aus Gaza, doch Trumps Plan gesteht Israel die dauerhafte Besetzung einer Pufferzone an der Grenze von Gaza und Israel zu. In ihrer Antwort auf Trump ignorierte die Hamas die Forderung der USA nach vollständiger Entwaffnung.
Bisher hatte die Gruppe sich stets geweigert, ihre Waffen abzugeben; der Kampf gegen Israel ist die Raison d'Être der Terrororganisation. Unter dem Druck von Trump schlägt die Hamas jetzt vor, einige ihrer Waffen an Treuhänder wie Ägypten abzugeben. Damit beabsichtigt sie, eine Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes vorzubehalten. Weder USA noch Israel werden das erlauben.
Zudem erklärte die Hamas, sie wolle die Regierungsgewalt in Gaza nur an eine palästinensische Technokraten-Regierung übergeben. Den «Friedensrat», der laut dem Plan die neue Palästinenser-Regierung kontrollieren und von Trump und dem britischen Ex-Premier Tony Blair geführt werden soll, erwähnt die Hamas nicht.
Israel lehnt Staatengründung ab
Laut Trumps Plan soll die Hamas dauerhaft entmachtet werden. Doch wenn es nach der Hamas geht, soll nach Freilassung der Geiseln, dem israelischen Rückzug und der Neuordnung der Regierungsgewalt in Gaza alles wieder so sein wie vor dem 7. Oktober 2023.
Nicht nur die Hamas-Positionen werden Verhandlungen erfordern. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht unter dem Druck rechtsextremer Koalitionspartner, die kein Ende des Krieges ohne vollständige Vernichtung der Hamas wollen – doch Trumps Plan sieht bloss die Entmachtung der Terrorgruppe vor, nicht deren komplette Auflösung. Auch lässt Trump in seinem Plan zumindest theoretisch die Möglichkeit der Gründung eines Palästinenser-Staates irgendwann in der Zukunft zu. Netanjahu lehnt das ab. Kritiker des Premiers argwöhnen, dass der Premier in Gaza wieder losschlagen könnte, sobald die Geiseln zu Hause sein, und zwar unabhängig davon, ob sich die Hamas an die Absprachen hält oder nicht.
Bei den jetzt anstehenden Nachverhandlungen werden die USA und die arabisch-islamischen Vermittler alle Hände voll zu tun haben, um die Kriegsparteien bei der Stange zu halten. Politischer Druck von aussen hat Hamas und Israel dazu gebracht, Trumps Plan zumindest grundsätzlich mitzutragen – wenn dieser Druck bei der Umsetzung nachlässt, wird der Plan scheitern. (aargauerzeitung.ch)