Fünf Tage vor den Wahlen in Zug befindet sich Beat Villiger in einer unangenehmen Situation. Der CVP-Regierungsrat, der auf seine Wiederwahl hofft, sieht sich mit unangenehmen Vorwürfen konfrontiert, von einem Verstoss gegen das Strassenverkehrsgesetz ist die Rede und von Urkundenfälschung.
Die Geschichte ins Rollen brachte die Republik am Montag. Das Online-Magazin berichtete, dass die Staatsanwaltschaft Luzern ein Verfahren gegen den amtierenden Zuger Justizdirektor eingestellt habe, obwohl es Widersprüche und Unstimmigkeiten in den Ermittlungen gegeben habe.
Was ist passiert?
Der Vorfall, der die Geschichte ins Rollen bringt, liegt bereits mehr als ein Jahr zurück. Am 29. Juli hält die Polizei ein Fahrzeug an. Die Frau am Steuer fährt ohne Ausweis, den Führerschein musste sie bereits 2009 abgeben.
Es stellt sich heraus, dass das Auto auf den Namen von Beat Villiger eingelöst ist, Justizdirektor in Zug seit 2007 und mit Ambitionen auf eine vierte Amtszeit.
Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen auf. Gegen die Frau wegen Fahren ohne Ausweis, gegen Villiger, weil er seinen Wagen überlassen hat, obwohl er hätte wissen können, dass die Person keinen Führerausweis besitzt.
Wie die «Republik» berichtet, erkundigte sich Villiger ein paar Tage vor dem entsprechenden Vorfall bei der Luzerner Polizei, ob die Frau einen Führerschein besitzt. Aus Datenschutzgründen habe diese keine genauen Auskünfte gegeben, riet Villiger aber, sein Auto zurückzuholen. Villiger liess sich stattdessen von der Frau eine Bestätigung unterschreiben, dass sie fahrberechtigt sei.
Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen gegen Villiger in der Folge ein – «mangels erhärtetem Tatverdacht». Die Frau hatte zuvor ausgesagt, Villiger belogen zu haben. Aus dem Schneider war Villiger damit aber nicht.
Nachdem die Frau im November ein weiteres Mal mit dem gleichen Auto in eine Verkehrskontrolle gerät, befragt die Polizei Villiger und die Frau. Die Frau legt bei der Einvernahme einen Kaufvertrag vor, der auf den 15. Mai datiert ist, mehr als zwei Monate vor der ersten Polizeikontrolle, die Übernahme sei am 1. Juli erfolgt, der Halterwechsel hätte Ende August stattfinden sollen. Damit wäre die Frau schon bei der ersten Kontrolle Eigentümerin gewesen.
Nur: Gemäss «Republik» war Villiger auch im November noch als Fahrzeughalter eingetragen. Er habe es verpasst die Änderungen zu melden und die Nummernschilder abzunehmen, sagte der Justizdirektor bei der Einvernahme. Das machte die Ermittler misstrauisch. Villiger, so die Vermutung, habe den Vertrag nachträglich rückdatiert, um einer Strafuntersuchung zu entgehen.
Doch auch dieses Verfahren stellt die Staatsanwaltschaft ein. Villiger könne «kein rechtsgenüglicher Vorwurf eines strafbaren Verhaltens gemacht werden», schreibt das Onlinemagazin.
Was die «Republik» nur zwischen den Zeilen schreibt: Die Ermittler gingen konkret dem Verdacht der Urkundenfälschung nach. Villiger erwirkte eine superprovisorische Verfügung, die es dem Onlinemagazin untersagte, darüber zu schreiben.
In einem Statement richtete Villiger dazu aus: «Die superprovisorische Verfügung habe ich erwirkt, damit nicht falsche Anschuldigungen gegen mich verbreitet werden.»
Das ganze Verfahren sei voller Widersprüche, die nicht aufgelöst seien, sagt der ehemalige Polizeikommandant Markus Mohler, der Einsicht in die Einstellungsverfügung hatte, gegenüber der «Republik». Es seien Verdachtsmomente da, die eine Einstellung nicht rechtfertigen. Ähnlich äussern sich weitere Experten.
Der zuständige Staatsanwalt, Michael Bucher, widerspricht: Man sei allen Tatverdachten nachgegangen, diese hätten aber nicht erhärtet werden können. Damit stellt sich laut Strafrechtsexperte Mohler die Frage der Begünstigung. Diese liegt vor, wenn eine Person vor einer Strafverfolgung geschützt wird.
Gegenüber «Schweiz Aktuell» weist Staatsanwalt Bucher diesen Vorwurf von sich: Die Oberstaatsanwaltschaft habe die Einstellung geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass sie rechtmässig erfolgt sei.
Am Sonntag werden in Zug Kantons- und Regierungsräte gewählt. Ob die Enthüllungen die Wahlchancen von Villiger schmälern, ist fraglich. Fünf Tage vor der Wahl dürfte ein Grossteil der Stimmberechtigten ihre Stimme bereits per Brief abgegeben haben. (wst)