«Das ist eine gute Sache, um den Namen FC Basel hinaus nach Europa zu tragen.» Das sagte Präsidentin Gigi Oeri im Herbst 2008 über eine Marketingmassnahme. Vor zehn Jahren war eSport noch kein Thema. Der FCB nahm stattdessen mit einem eigenen Boliden an der «Superleague Formula» teil, einer Autorennserie. Was im Rückblick dann doch keine ganz so gute Sache war. In der ersten Saison wurde Basel 15. von 18 Teams, Konkurrenten waren Milan, Liverpool oder Borussia Dortmund.
Nun ist eSport das Vehikel, das den Klubs Bekanntheit, Popularität und neue Zuschauer bringen soll. Der FC Basel ist einer der Schweizer Vereine, welche bereits ein eigenes Team gegründet haben. Auch in der Gamer-Community wolle der Klub für seine Fans erlebbar sein, schreibt der FCB. Erster Schweizer Klub mit einem eigenen Profi-Gamer war mit dem FC St.Gallen der älteste Schweizer Fussballklub. «Die Entwicklung im eSport ist beeindruckend und verläuft rasant», sagte CEO Pascal Kesseli damals im «Tagblatt». «Wir sind vom Potenzial der Branche überzeugt.»
Wohin die Reise geht, weiss niemand. Aber jeder Klub will bereit sein, um sich ein schönes Stück zu sichern, wenn der Kuchen verteilt wird. Und weil auch die Liga nicht hinten anstehen will, gibt es angeblich Pläne für eine nationale Liga mit Gamern aller zehn Super-League-Teams, welche schon im nächsten Frühling starten soll.
Dagegen regt sich Widerstand. Beim 7:1-Kantersieg von YB gegen den FC Basel sorgten Anhänger beider Lager für Unterbrüche. Sie warfen Tennisbälle aufs Feld, um so gegen die eSport-Bemühungen von Klubs und Liga zu protestieren. Die Logik vieler Fans: Anstatt Geld für Gamer auszugeben, soll ihr Klub lieber einen besseren Fussballer holen. Dabei ist eSport eine Marketingmassnahme, so wie Plakate für eine Image-Kampagne oder Werbebanner für die Ankündigung von Heimspielen.
Die Schweizer Klubs fokussieren sich (noch?) auf das Fussball-Game «FIFA». Schalke 04 beispielsweise hat seine eSport-Abteilung bereits ausgeweitet und stellt auch ein Team beim Strategiespiel «League of Legends», wo in Gruppen Gegner gejagt und getötet werden.
Weshalb es faszinierend sein soll, anderen Leuten beim Gamen zuzuschauen, erschliesst sich vielen nicht. Allerdings: Ob man echten Fussballern bei der Arbeit zuschaut oder von Menschenhand gesteuerten Computerspielfiguren – die Rolle des Zuschauers ändert sich nicht. Bloss, dass ein Spiel nicht mehr lange 90 Minuten dauert. In einer Zeit, in der die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird, ein wichtiger Fakt. eSport soll auch ein Vehikel sein, einem Klub junge Fans zuzuführen. Die Idee dahinter: Wer auf der Konsole mit dem FCSG spielt, kommt auf den Geschmack und will früher oder später St.Galler Spieler aus Fleisch und Blut im Stadion sehen.
Das Problem der Schweizer Klubs könnte an der Konsole das gleiche sein wie auf dem Rasen: Die Konkurrenz durch die Weltklubs ist erdrückend. Kicken Schweizer Kinder heute schon zu gefühlt 90 Prozent in Trikots von Cristiano Ronaldo und Lionel Messi, so entscheiden sie sich auch an der Konsole eher für Real Madrid, Barcelona oder Bayern München anstatt für YB, Basel oder Thun. Weshalb sollen sie sich für eine eSport-Ausgabe der Super League interessieren, wenn sie virtuell im Bernabeu, im San Siro oder im Old Trafford zusehen können? Denn die Schweizer Liga ist natürlich nicht die einzige, die bei den Gamern Fuss fassen will.
Die «Superleague Formula» existierte bloss vier Saisons, sie ging als kurzlebiger Flop in die Geschichte ein. eSport hat ein grösseres Potenzial, um erfolgreich zu sein. Doch wie gross es tatsächlich ist und welche Rolle dabei die Schweizer Klubs spielen werden, kann niemand mit Bestimmtheit sagen.
Vor dreissig Jahren hätten sich Schweizer TV-Zuschauer nicht vorstellen können, dass einmal kein Waffenlauf, kein Radball und keine Seitenwagen-Rennen mehr gezeigt werden. Heute staunen wir darüber, dass diese Randsportarten jemals Berichte wert waren. Und wie werden wir morgen darüber denken, wie wir 2018 über eSport diskutierten?