Bei der Reform der Altersvorsorge spielt die Nationalratskommission ihren letzten Trumpf. Sie ist bereit, auf die automatische Erhöhung des Rentenalters und die Kürzung der Witwenrenten zu verzichten. Dafür erwartet sie ein Entgegenkommen des Ständerats.
Dieser will einen Zuschlag von 70 Franken auf neue AHV-Renten und höhere Ehepaar-Renten. Damit sollen die Rentenausfälle ausgeglichen werden. Diese entstehen, weil der Umwandlungssatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge von 6.8 Prozent auf 6 Prozent gesenkt wird, was 12 Prozent weniger Rente bedeutet.
Der Nationalrat will das kompensieren, indem er die Versicherten zu höheren Spareinlagen verpflichtet. Wichtigste Massnahme ist die Abschaffung des Koordinationsabzugs.
An diesem Konzept hält die Kommission fest, wie Ignazio Cassis (FDP/TI), Präsident der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK), am Donnerstag vor den Bundeshausmedien sagte. Zur finanziellen Stabilisierung der AHV will die Kommission die Mehrwertsteuer weiterhin nur um 0.6 Prozent erhöhen und nicht um 1 Prozent wie der Ständerat. Auch daran hält die SGK laut Cassis fest.
Im Gegenzug gibt die Nationalratskommission Positionen auf, die sie bisher umsichtig verteidigt hat. Dazu gehört der an der Urne chancenlose Interventionsmechanismus: Sobald die AHV in finanzielle Schieflage gerät, soll das Rentenalter automatisch auf bis zu 67 Jahre erhöht werden.
Politisch fast ebenso heikel ist die vom Nationalrat beschlossene Kürzung der Witwenrenten und die Einschränkungen bei den Kinderrenten. Auch auf diese Einschnitte will die Kommission verzichten.
Bereits geeinigt haben sich die Räte über die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre, die Senkung des Umwandlungssatzes von 6.8 auf 6 Prozent und die Flexibilisierung des Altersrücktritts. Künftig kommt der gesamte Ertrag des Demografieprozents der AHV zu, der Bundesbeitrag hingegen bleibt bei 19.55 Prozent.
Der Nationalrat berät Anfang nächster Woche über die Reform der Altersvorsorge. Weil danach fast sicher noch Differenzen verbleiben werden, kommt am Dienstag die Einigungskonferenz zum Einsatz. Diese setzt sich aus den 13 Mitgliedern der Ständeratskommission und einer ebenso grossen Delegation der Nationalratskommission zusammen. CVP, SP und BDP, die sich für den AHV-Zuschlag einsetzen, sind in dem Gremium in der Mehrheit.
Die Räte stimmen am kommenden Donnerstag über Vorschläge der Einigungskonferenz ab. Kommt eine Einigung zu Stande, folgt am Freitag die Schlussabstimmung. Danach ist die Stimmbevölkerung am Zug. Wegen der notwendigen Verfassungsänderung gibt es ohnehin eine Volksabstimmung. Linke Kreise haben zudem bereits das Referendum gegen die Vorlage angekündigt, weil sie das höhere Frauenrentenalter ablehnen. (sda)