Die Berner Spitalgruppe Insel ist im ersten Halbjahr 2024 noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Der Halbjahresverlust verdoppelte sich gegenüber dem Vorjahreswert von 34,4 Millionen Franken auf 68,7 Millionen Franken.
Eine Flucht unter den vom Kanton Bern im Juni für seine Spitäler aufgespannte Rettungsschirm von 100 Millionen Franken steht für die Insel Gruppe nicht im Vordergrund, wie Verwaltungsratspräsident Bernhard Pulver der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagte.
Der Rettungsschirm des Kantons soll Spitäler helfen, die Liquidität zu sichern. Nicht die Liquidität sei das Problem, sondern die Profitabilität, betonte Pulver. Es brauche nachhaltige Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen, etwa bei den Tarifen, damit man nicht von einer finanziellen Krise in die nächste schlittere.
Die Insel Gruppe steht diesbezüglich mit dem Kanton im Gespräch. Was sich am Ende realisieren lässt, ist laut Pulver aber noch offen.
Spitäler in der ganzen Schweiz stehen derzeit finanziell unter Druck. Gründe sind etwa zu tiefe Tarife, Teuerung, Fachkräftemangel oder grosse Bauprojekte. In jüngster Zeit schreiben die Spitäler aber nicht nur Verluste, es fehlt manchen auch an Liquidität.
Mit dem neuen Hauptgebäude des Berner Inselspitals, einem neuen Klinikinformationssystem und der Schliessung der Spitäler Bern-Tiefenau und Münsingen hat die Insel Gruppe jüngst verschiedene Grossprojekte gestemmt - mit entsprechenden personellen und finanziellen Belastungen.
In nächster Zeit will die Spitalgruppe nun das Potenzial der gestemmten Grossprojekte ausschöpfen, wie sie in ihrer Mitteilung weiter schreibt. Entsprechende finanzielle Verbesserungen stünden im Mittelpunkt.
Nach der Trennung von Insel-Direktionspräsident Uwe E. Jocham im Mai steht die Inselgruppe unter einer Übergangsführung von Verwaltungsratspräsident Bernhard Pulver und alt Universitätsrektor Christian Leumann.
Ihre Aufgabe sei es, die finanzielle Gesundung des Unternehmens voranzutreiben und die in die Kritik geratene Unternehmenskultur weiter zu entwickeln. Für beide Themenfelder wurden Mitte 2024 Massnahmen eingeleitet.
Die Insel Gruppe strebt laut Pulver mehr Marktanteile an und hat unter anderem Projekte im Zuweisermanagement oder in der Kommunikation angestossen. Auch effizientere Abläufe, etwa bei der Nutzung von Operationssälen werden angestrebt. Bei den Investitionen geht die Gruppe ebenfalls über die Bücher. So prüft sie etwa den Verzicht auf die Aufstockung des Theodor Kocher Hauses.
Allerdings dürfte kein Weg daran vorbei führen, auch die Personalkosten zu senken. Dies ist seit dem Frühsommer bekannt.
Pulver spricht dabei etwa den Abbau von Temporärkräften an. Das Ziel sei es, den Stellenabbau über möglichst viele natürliche Fluktuationen zu schaffen. Im Juli und August haben die verschiedenen Bereiche Vorschläge zur Personalkostenreduktion erarbeitet, diese werden nun geprüft.
Gemäss den Halbjahreszahlen der Spitalgruppe hat sich das Betriebsergebnis vor Abschreibungen verschlechtert: Belief sich der EBITDA Mitte 2023 noch auf 10,9 Millionen Franken, so betrug er nun -6,9 Millionen Franken.
Der Betriebsertrag sank im ersten Halbjahr 2024 um 51,7 Millionen Franken (-5,6 Prozent). Der Betriebsaufwand vor Abschreibungen nahm um 33,9 Millionen Franken ab (-3,7 Prozent).
Lohnmassnahmen hätten gleichzeitig den Personalaufwand um rund 13 Millionen Franken vergrössert, teilte die Insel-Gruppe mit. Im Fokus stand das Pflegepersonal im Schichtbetrieb, wie die Spitalgruppe in ihrer Mitteilung schreibt.
Die Abschreibungen stiegen nach der Inbetriebnahme des neuen Hauptgebäudes und der laufenden Digitalisierung um 13,9 Millionen Franken an (+29,6 Prozent). Die Finanzverbindlichkeiten nahmen um 162,5 Millionen Franken zu.
Im ersten Halbjahr 2024 wurden 26'772 akutstationäre Patientinnen und Patienten behandelt. Dies entspricht einer Abnahme um 9,4 Prozent. Im Vergleich ohne die Spitäler Münsingen und Tiefenau haben die Fallzahlen um 0,8 Prozent zugenommen.
Die Anzahl ambulanter Konsultationen ist um 10,0 Prozent auf 418'075 gesunken (ohne Spitäler Münsingen und Tiefenau -3.5 Prozent). (sda)