Ende Dezember präsentierte Bundesrat Alain Berset den Entwurf für das neue Tabakproduktegesetz. Erstmals soll dieses den Konsum, Verkauf und das Bewerben von Tabak und E-Zigaretten in der Schweiz einheitlich regeln. Bisher unterstand dies dem Lebensmittelgesetz.
Während den letzten Wochen hatten die Parteien, Verbände und Interessensgemeinschaften die Möglichkeit, ihre Kritik am neuen Bundesgesetz anzubringen. Diese Vernehmlassungsphase endet am Freitag. Damit beginnt das Seilziehen und Feilschen um die einzelnen Gesetzesartikel.
Insbesondere die Interessensvertreter von E-Zigaretten blasen zum Angriff auf die in ihren Augen übertriebene Regulierung im neuen Gesetz. Sie sehen ihre Zukunft in Gefahr. Denn in den letzten Jahren haben sie stark auf die Entwicklung neuer Produkte gesetzt, dank derer es sich laut eigenen Aussagen gesundheitsschonender rauchen lässt.
Bei sogenannten «Heat-not-Burn»-Produkten wird der Tabak erhitzt und verdampft anstatt verbrannt. Bei den E-Zigaretten wird nicht Tabak, sondern eine nikotinhaltige Flüssigkeit verdampft. Auch die in der Schweiz ansässigen Tabak-Multis Philip Morris, Japan Tobacco International und British American Tobacco haben nach langem Pröbeln und Forschen neue Gerätchen auf den Markt gebracht und bewerben diese als neue Heilsbringer. Philip Morris hat gar angekündigt, in Grossbritannien in Zukunft keine Zigaretten mehr verkaufen zu wollen und stattdessen nur noch auf sein Verdampfer-Produkt zu setzen.
Doch jetzt könnte der Gesetzgeber den Herstellern von Dampfer-Produkten einen Strich durch die Rechnung machen. Käme der Entwurf des neuen Bundesgesetzes ohne Änderungen durch, wäre dies für sie fatal.
Bisher fehlte eine nationale Regelung im Umgang mit E-Zigaretten und «Heat-not-Burn»-Produkten. Deshalb wurde es in jedem Kanton etwas anders gehandhabt, was erlaubt ist und was nicht. So ist das Dampfen in geschlossenen öffentlichen Räumen nicht grundsätzlich verboten. In Restaurants oder in Konzerthallen obliegt es dem Besitzer oder Betreiber, dies zu verbieten.
Auch bezüglich des Verkaufs von «Heat-not-Burn»-Produkten gibt es aktuell keine nationale Regelung. In einigen Kantonen dürfen die Geräte und die sogenannten Heat-Sticks auch an unter 18-Jährige verkauft werden. Bei den E-Zigaretten, deren Liquids nikotinhaltig oder nikotinfrei sein können, ist der Verkauf an Minderjährige bisher ebenfalls nicht ausdrücklich verboten. Jedoch ist in der Schweiz erst der Handel mit Liquids ohne Nikotin zugelassen. E-Zigaretten mit Nikotin dürfen nur für den Eigengebrauch importiert werden.
Im neuen Bundesgesetz sollen nun E-Zigaretten und «Heat-not-Burn»-Produkte in fast allen Bereichen gleichgestellt werden wie herkömmliche Zigaretten. Neu dürften dann jegliche Produkte nur an Volljährige verkauft werden. Bewerben dürfte man E-Zigaretten und Co. nur eingeschränkt und gedampft werden könnte nur dort, wo auch das Rauchen von Zigaretten erlaubt ist.
«Wir sind unzufrieden damit, dass entgegen dem Parlamentsauftrag alle Produkte gleich behandelt werden», sagt Kevin Suter, Sprecher bei Japan Tobacco International. Man müsse differenzieren. Insbesondere sei unverständlich, warum für Produkte, die keinen Rauch, sondern nur Dampf erzeugen, dieselben Gesetze gelten sollen wie für Zigaretten.
Nun kämen neue Produkte auf den Markt, von denen sogar Gesundheitsorganisationen sagen, dass man sie fördern solle. «Wenn diese gleich stark reguliert werden wie Zigaretten, wird deren Entwicklung gehemmt», sagt Suter.
Martin Kuonen, Geschäftsführer des Verbands Swiss Cigarette, einem der grössten Player innerhalb der Tabaklobby, sagt: «Der Entwurf führt unnötige und unverhältnismässige Verbote ein.» Neue Alternativprodukte wie elektronische Zigaretten oder erhitzte Tabakprodukte stellten eine grosse Chance für die öffentliche Gesundheit dar.
Im Bereich der Werbung gelte es, in Zusammenarbeit mit betroffenen Branchen pragmatische Lösungen zu suchen, die sowohl dem Jugendschutz als auch dem vom Parlament anerkannten legitimen Anspruch auf Wirtschaftsfreiheit und Rechtssicherheit Rechnung trage.
Was verschwurbelt klingt, ist einfach erklärt. Das neue Gesetz sieht vor, Werbung dann zu verbieten, wenn sie sich gezielt an Minderjährige richtet. Darunter sollen auch Gratismedien und das Internet fallen. Der Tabaklobby ist dies ein grosser Dorn im Auge. Ihnen geht das Verbot zu weit.
Den neuen Gesetzesentwurf bis ins Detail auseinander genommen hat Rico Daniel, Inhaber der Website E-Smoking. Dass nun auch mit E-Zigaretten gehandelt werden darf, heisst er gut. Unverhältnismässig findet er es hingegen, dass Minderjährigen der Kauf von nikotinfreien E-Zigaretten verboten werden soll. «Ich habe meiner Tochter eine nikotinfreie E-Zigarette gegeben, nachdem sie mir gesagt hat, sie wolle lieber so eine ausprobieren, anstatt wie ihre Kollegen an der Schule Joints und Zigaretten zu rauchen», sagt Daniel. Das habe ihm eingeleuchtet.
Beim Ringen um die neuen Gesetze dürfte den Tabak-Lobbyisten die Unterstützung der einflussreichen «Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik» (AWMP) gewiss sein. Zu ihren Mitgliedern und Unterstützern gehören unter anderem der Schweizerische Gewerbeverband, die Economiesuisse, der Arbeitgeberverband und die Parteien SVP und CVP.
In einer Stellungnahme bezeichnet die AWMP den neuen Gesetzesentwurf als übertrieben. Insbesondere die Einschränkungen bei der Werbung goutiert der Verband nicht.
Der Bundesrat muss nun den Strauss an Antworten aus der Vernehmlassungsrunde studieren und allenfalls den Gesetzesentwurf anpassen. Anfang 2019 wird dieser im Parlament erneut verhandelt. Dann wird sich weisen, inwiefern die Kritik der Tabaklobby an den Bund angekommen ist.
Klar ist: Die Entwicklung von neuen Heat-not-Burn-Produkten und E-Zigaretten hat die Hersteller Milliarden gekostet. Diese Investition soll sich nun für sie auszahlen.