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Zur Einleitung eine Klarstellung: die ZSC Lions sind ein hochprofessionelles Hockeyunternehmen. Es ist nicht die Frage ob, sondern nur wann sie wieder auf und neben dem Eis wie ein hochprofessionelles Hockeyunternehmen auftreten werden. Es besteht kein Grund zu grosser Sorge.
Aber zurzeit wird im Hallenstadion und den ZSC-Büros eine Hockey-Niederdorfoper aufgeführt. Aus ZSC-Sicht nach dem Motto: «Dä Walti het dä Denis kauft, dä Walti wott, das öppis lauft». Aus Sicht des EHC Kloten: «Dä Lehmä het dr Denis verchauft, dä Lehmä wott, das öppis lauft» Der Unterhaltungswert ist bemerkenswert.
Wenn rund um den Transfer eines Spielers mit dem Bekanntheitsgrad von Denis Hollenstein eine wochenlange Transfer-Operette aufgeführt wird, so ist es nicht erstaunlich, wenn die Spieler nicht mehr bei der Sache sind.
Die stolzen ZSC-Lions haben sich am Donnerstagabend gegen die SCL Tigers blamiert. Die 2:3-Niederlage ist weder Verletzungen noch Pech geschuldet. Sondern ganz einfach krassen Versagens. Die Zürcher waren nicht bereit, gerieten 0:2 in Rückstand und blieben dann in der von Langnaus Trainer Heinz Ehlers aufgestellten taktischen Falle hängen. Da hat auch das Comeback von Mathias Seger nicht geholfen. Er war noch einer der Besten.
Eine Szene mag den sportlichen ZSC-Larifari-Betrieb illustrieren. Samuel Guerra kollidiert beim Versuch, zu einem Rush zu starten ohne jede gegnerischen Einwirkung von hinten mit dem Tor und Goalie Niklas Schlegel.
Wenn Arno Del Curto diese Szene gesehen hat, dann wird er sich noch einmal überlegen, ob er Samuel Guerras sehnlichen Wunsch nach einer Rückkehr zum HCD tatsächlich entsprechen soll.
Dem hochdekorierten schwedischen Bandengeneral Hans Wallson kam es nicht in den Sinn, dass gegen ein so defensiv eingestelltes Team ein einfaches Mittel schon immer geholfen hat: Die Scheibe in die gegnerische Zone schiessen, mit aggressivem Forechecking die Intensität erhöhen und den Gegner zermürben. Mit ein wenig Kreisen und Tanzen gibt es keinen Weg vors gegnerische Tor.
Die Erklärungen nach dem Match sind beunruhigend. Hans Wallson erzählte, seine Mannschaft sei im ersten Drittel nicht bereit gewesen. Wie schon oft. Man habe das Spiel in den ersten 20 Minuten verloren. Dabei habe man sehr viel darüber gesprochen, dass es wichtig sei, bereit zu sein.
Kein Polemiker, wer sagt, es sei beunruhigend, wenn die Spieler nicht mehr umsetzen, was der Trainer explizit erklärt und gefordert hat.
Die ZSC Lions werden trotzdem mühelos auf einem der vier ersten Plätzen in die Playoffs segeln. Das wissen alle. Vom Sportchef über den Coach bis zu den Spielern. Das mag solche blamablen Vorstellungen erklären.
Beunruhigender als die donnerstägliche Vorstellung auf dem Eis ist die Hockey-Operette, die neben dem Eis aufgeführt wird. Im Buch der Bücher lesen wir: «Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.»
Dieser Management-Grundsatz aus dem Evangelium des Matthäus macht gerade im Sportbusiness Sinn: Klare, offene Kommunikation mit den Spielern ist eine Voraussetzung zum Erfolg. Es hilft, wenn jeder weiss, woran er ist. Wer die Spieler – es sind ja Männer, die bezahlt werden um zu spielen – im Ungewissen lässt, provoziert kindliche Reaktionen und Unruhe.
Diese Woche hat ZSC-Sportchef Sven Leuenberger seinem Schillerfalter Roman Wick (bzw. seinem Vater Marcel, der als Agent fungiert) endlich eine Offerte für eine Vertragsverlängerung vorgelegt. Mit einer gut und gerne 30-prozentigen Lohnreduktion.
Die Absicht ist klar: so wird es nie aus dem Volk den Vorwurf geben, man habe diesem noch immer charismatischen Spieler (er ist der zweitbeste eidgenössische Skorer des Teams!) keinen Vertrag offeriert. Und geht zugleich davon aus, dass Roman Wick diese beleidigende Offerte nicht annehmen und einen neuen Arbeitgeber suchen wird.
Dieses Vorgehen ist allerdings riskant. Was, wenn Roman Wick die Offerte doch annimmt? Dann haben die ZSC Lions nächste Saison einen freundlichen Rock’n’Roller in der Kabine, der tief im Herzen beleidigt ist. Dann wird es nichts mit der angekündigten Veränderung der Team-Chemie. Weiterhin ein ZSC wie er singt und lacht.
Kommt dazu: ein Spieler wie Roman Wick hat eine so respektlose Behandlung nicht verdient. Wenn seine Dienste nicht mehr erwünscht sind, dann gehört es sich, dass ihm reiner Wein eingeschenkt wird wie uns Matthäus lehrt: «Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.»
Und Sportchef Sven Leuenberger vergisst den Grundsatz, dass es nicht immer die schlechtesten Früchte sind, woran die Wespen nagen. Roman Wick (31) hat in den letzten sechs Jahren in jeder Qualifikation mehr Punkte produziert als sein teurer Neueinkauf Simon Bodenmann (29).
Eine Annahme der reduzierten ZSC- Offerte ist nicht ganz auszuschliessen. Roman Wick verdient dann immer noch so viel wie drei VBZ-Tramchauffeure zusammen, kann im coolen Zürich bleiben, in einem Spitzenteam im Windschatten der Verantwortung segeln und von Zeit zu Zeit seine Kunststücke vorführen. Lieber die Leichtigkeit des Seins im Zürcher Niederdorf als Langeweile irgendwo im Mittel- oder Welschland. Ein schöner Karriere-Abschluss in Lugano wäre ihm zu gönnen.
Nun, da alle um die reduzierte ZSC-Offerte wissen (so etwas lässt sich in der Szene ja nicht geheim halten), wird es für Marcel Wick nicht einfach sein, bei einem anderen Klub einen ähnlich guten Vertrag für seinen Bub herauszupokern.
Noch unwürdiger ist das Theater um Denis Hollenstein, der von Kloten ins Hallenstadion wechseln wird. Mit einer wochenlangen Geheimniskrämerei machen sich die ZSC Lions und der EHC Kloten inzwischen lächerlich.
Beim «Operetten-Spiel» gegen die SCL Tigers kam nur einmal Stimmung im Hallenstadion auf: als die ZSC-Fans im Stehplatz-Sektor ein Transparent entrollten. «Lieber NLB als dä Denis bim ZSC». Das Publikum reagierte verärgert. Die Volksmeinung ist also für eine Verpflichtung des teuersten Kloteners aller Zeiten.
Die vorzeitigen Vertragsunterzeichnungen für die kommende Saison sind eigentlich einer Profiliga unwürdig. Aber wenn schon, dann wenigstens mit Stil.
Wenn die Sache klar ist, hinstehen und sagen: «So ist es.» Wie es Matthäus empfiehlt. Dann gibt es eine kurze Aufregung und die Sache ist erledigt. Das war beispielsweise in den letzten Tagen beim Wechsel von Samuel Walser (HCD zu Gottéron), Philippe Furrer (Lugano zu Gottéron), Simon Bodenmann (SCB zum ZSC), Jesse Zgraggen (Ambri zu Zug), Daniele Grassi (Kloten zum SCB) oder Miro Zryd (Langnau nach Zug) so.
Wenn die ZSC Lions schon einen Trainer haben, dem die Spieler nicht mehr richtig zuhören, dann hilft es nicht, wenn ein dilettantisches Sportmanagement zusätzlich für Verunsicherung sorgt.
Wir haben bei den ZSC Lions den wahren Sven Leuenberger – immerhin der Architekt mehrerer SCB-Meisterteams und einer der besten Sportchefs der letzten 20 Jahre – noch nicht gesehen.