Als sich im vergangenen Winter die Fussball-Schweiz mit der Frage beschäftigte, ob der FC Zürich tatsächlich den Meistertitel gewinnen könne, sagte Giorgio Contini ganz trocken: «Ihr werdet sehen, der FCZ zieht das durch!» Sehr vieles erinnerte ihn an seine Zeit beim FC St.Gallen, mit dem er als Aussenseiter 2000 den Titel gewann.
Was die Tabellenspitze angeht, hat sich Contini als Prophet erwiesen. Die Frage an ihn lautet jetzt aber: Wie sieht es mit GC aus? Droht dem Rekordmeister doch noch die Barrage oder gar der Abstieg?
Contini sitzt auf der Terrasse des GC-Campus in Niederhasli. Seine Laune ist prächtig, wobei die strahlende Sonne gewiss auch ihren Anteil daran hat. Contini muss jedenfalls nicht lange überlegen, um Zuversicht zu verströmen:
Nein – Angst vor der Barrage tönt anders. Auch wenn GC ein schwieriges Restprogramm aufweist, noch gegen Basel, St.Gallen und YB antreten muss. Und eines, so sagt das Contini, darf bei aller Aufregung nicht ganz vergessen gehen: GC ist der Aufsteiger, der nach zwei Jahren Challenge League erst im vergangenen Sommer ins Oberhaus zurückkehrte.
Einverstanden. Aber es gibt auch eine andere Sichtweise. GC lag nach einer durchaus ansprechenden Vorrunde auf Platz 6. Und vor allem sind die Worte von Präsident Sky Sun in Erinnerung geblieben, der nach dem Aufstieg sagte, GC wolle innerhalb von fünf Jahren einen Titel gewinnen. Contini gibt zu: «Manch einer hat sich schon gefragt, was hier plötzlich los ist.» Zwischen Ende Februar und Mitte April gab es eine Phase, in der GC während acht Spielen sieglos blieb.
Erklärungen dafür gibt es durchaus. Es ist seit der Übernahme der Chinesen das Los von GC, dass die Interessen des Partnerteams Wolverhampton höher gewichtet werden, und Spieler abgegeben werden. So geschehen im Winter bei Verteidiger Toti Gomes und Spielmacher Hayao Kawabe. «Und dann braucht es eben Zeit, um wieder etwas aufzubauen.» Contini klagt nicht, er stellt es einfach fest.
Contini ist, obwohl erst seit Sommer im Verein, innert kürzester Zeit zum Gesicht von GC geworden. Man könnte auch sagen: Er ist ein Glücksfall für den Verein. Weil er es versteht, den Klub im Alltag zu repräsentieren - einen Klub, der sich mit jedem Monat ein kleines Stückchen mehr von der Stadt Zürich entfremdet.
Contini ist gerne bereit, über das Thema «Identifikation» zu reden. Dass viele Spieler bei GC auf der Durchreise sind, sei Fakt, «aber ich frage zurück: Ist es bei anderen Klubs in der Schweiz wirklich so sehr anders? Es gibt in der Schweiz kaum mehr einen Spieler, der jahrelang im selben Verein bleibt.» Contini sieht darum auch keine Gefahr, dass sich die GC-Spieler im Abstiegskampf weniger für ihren Verein aufopfern würden als die Konkurrenz.
Und er fügt an: «Wenn wir über Identifikation reden, dann ist das für mich stark mit dem Begriff verbunden – und eine echte Heimat hat GC seit dem Abbruch des Stadions Hardturm nicht mehr.»
Ob sich die GC-Führung um Präsident Sky Sun und den via Wolverhampton eingesetzten Sportchef Seyi Olofinjana bewusst ist, was sie an Contini hat, ist eine berechtigte Frage. Eine Frage aber, um die sich Contini derzeit nicht kümmert. Alles, was zählt, ist, die Barrage zu vermeiden.
Ein Sieg in Basel würde GC diesem Ziel ein grosses Stück näher bringen. Die Niederlage gegen Sion vom vergangenen Wochenende bezeichnet Contini als Dämpfer, «aber wir müssen nun auch nicht alles zu Tode analysieren.» Sagt es. Und macht sich wieder an die Arbeit.
Dubliner