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Wenn wir ewig leben, brauchen wir keinen Gott mehr

Lachendes altes Paar.
Was, wenn es einfach immer weitergeht?Bild: shutterstock.com
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Wenn wir unsterblich werden, brauchen wir keinen Gott mehr

Die Wissenschaften werden Methoden finden, um das Leben zu verlängern. Dann wird es für die Religionen eng.
02.03.2020, 09:44
Hugo Stamm
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Der Tod ist das Kerngeschäft der Religionen. Sie beschäftigen sich mit der Transzendenz, der Metaphysik und der Frage, was nach dem Tod mit uns Menschen passiert.

Die Vorstellung, dass da nichts mehr sein könnte, passt nicht ins Weltbild von Glaubensgemeinschaften. Deshalb geht es stets um das ewige Leben, das für sie so sicher wie das Amen in der Kirche ist.

Glaubensgemeinschaften beanspruchen die Deutungshoheit über die Idee, was nach dem Tod mit uns passiert. Es gibt keine Heilslehre, die verkündet, alles Leben ende nach dem Tod. Das wäre ein Widerspruch in sich.

Hier kommen Gott, die Götter oder gottähnliche Konstrukte ins Spiel. Diese müssen dafür sorgen, dass die Kirche im Dorf bleibt. Sprich: Dass da noch was kommen muss, wenn unser Körper den Geist aufgibt.

Das ewige Leben aus der Sicht der Bibel:

Somit kann man die Gleichung aufstellen: Ohne Tod kein Gott. Oder weniger mathematisch ausgedrückt: Wenn wir nicht sterben würden, bräuchten wir keine Götter.

Obwohl unser Leben nach wie vor endlich ist, wackelt der Thron der Götter in der westlichen Welt bedenklich. Erkenntnisse der Natur- und Geisteswissenschaften setzen ihnen zu. Wir Menschen erreichen mit unseren technischen Errungenschaften Fähigkeiten, die vor 50 Jahren gern den Göttern zugeschrieben wurden.

Es gibt kein Halten

Diese Entwicklung geht weiter. Wir Menschen versuchen alles, Krankheiten in den Griff zu bekommen und die Lebenserwartung nach oben zu schrauben. Die bisherigen Massnahmen zeigten schon beachtliche Erfolge.

In Deutschland stieg die Lebenserwartung der Männer von 1950 bis 2020 von 64,6 auf 79,1 Jahre. Im Jahr 2060 werden sie laut Studien durchschnittlich 84,8 Jahre alt. Frauen, die 95 Jahre alt werden, sind keine Seltenheit mehr.

Wenn es gelingt, den Alterungsprozess in den Griff zu bekommen, werden die Menschen in Zukunft ein biblisches Alter erreichen. (Noah wurde angeblich 950 Jahre alt.)

Niemand zweifelt daran, dass diese Entwicklung weitergeht. Wir können davon ausgehen, dass die gefährlichsten Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauf-Probleme früher oder später besiegt werden können.

Der nächste Schritt wird sein, Organe zu «züchten» oder technisch herzustellen. Auch die genetischen Fortschritte werden dazu führen, die Widerstandskraft zu fördern und die Zellalterung zu steuern. Wenn es gelingt, diesen Prozess in den Griff zu bekommen, werden die Menschen in Zukunft ein biblisches Alter erreichen. (Noah wurde angeblich 950 Jahre alt.)

Wenn wir das ewige Leben auf der Erde finden, brauchen wir keine Religion

Vielleicht wird der Mensch dereinst unsterblich. Oder er kann sich anhand von Stammzellen klonen lassen und nach dem Tod wiederauferstehen. Ganz ohne Hilfe von Gott.

Fazit: Menschen, die glauben, unsterblich zu sein oder zu werden, benötigen keinen Gott. Wozu auch? Sie brauchen keine Religion und keinen Himmel. Vielmehr finden sie alles auf der Erde.

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Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Das ewige Leben auf der Erde kann zur Qual werden. Das ewig Gleiche über Jahrhunderte wäre ganz schön langweilig und ermüdend. Doch dafür werden die Neurologen und Pharmakologen vermutlich Lösungen finden und das Glück künstlich herbeiführen.

Sollten wir unsterblich werden, wird die Erde bald überbevölkert sein

Nicht lösen könnte die Wissenschaft in diesem Fall das Problem der Überbevölkerung. Es sei denn, sie würde die Menschen in Zukunft genetisch so umbauen, dass sie nur noch wenige Kalorien bräuchten, um den Kreislauf in Gang zu halten.

Eine andere Lösung wäre, überzählige Menschen auf fernen Planeten anzusiedeln. Ob das erstrebenswert ist, bleibt ebenfalls ungewiss.

So oder so: Für Gott oder die Götter wird es eng.

Hugo Stamm; Religionsblogger
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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217 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Forest
29.02.2020 09:33registriert April 2018
950 Jahre alt werden? Ich frage mich wer meine restlichen 885 Jahre AHV bezahlt ;-)
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Thomas Oetjen
29.02.2020 09:27registriert Dezember 2017
Der Glaube an ein Leben nach dem Tod resultiert aus dem Unvermögen, die eigene Endlichkeit zu akzeptieren.
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rodolofo
29.02.2020 09:31registriert Februar 2016
Was für ein Technik-gläubiger Schmarren!
Ein ewiges Leben wird es erstens niemals geben, und zweitens wäre das auch für niemanden wünschbar!
Stell Dir vor, Du würdest immer Dein ewiges Leben riskieren, wenn Du vor die Haustür trittst, oder im Haus eine Glühbirne wechseln müsstest!
Da käme Dir doch jedes Mal das Knieschlottern vor Aufregung und Stress!
Nein, der ewige KREISLAUF aus Werden und Vergehen ist GENAU RICHTIG so!
Am frühen Sonntag Morgen in die Kirche gehen müssen wir ja trotzdem nicht.
Denn dafür ist uns die beschränkte Lebenszeit zu teuer, als dass wir sie sinnlos verschwenden. ;) http://K
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Mein Tiefpunkt? Als ich beim ersten Date auf den Boden kotzte!
Es ist Glühwein-Zeit. Und weil Glühwein-Zeit so viel Spass macht, wohne ich aktuell quasi auf den Weihnachtsmärkten dieser Stadt. Nach dem letzten Besuch lande ich mit Freunden in einer Bar, wo wir die ganz schmutzigen Geschichten auspacken.

Hallo, ich heisse Emma Amour und ich habe mal beim ersten Date auf den Boden gekotzt. Nicht nach Stunden des zu viel Trinkens. Oder nach einem verdorbenen Fisch. Nein, ich hab Hoi gesagt, drei Küsschen gegeben und gechörbled. Mitten auf die Brücke. In downtown Zürich.

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