Der Tod ist das Kerngeschäft der Religionen. Sie beschäftigen sich mit der Transzendenz, der Metaphysik und der Frage, was nach dem Tod mit uns Menschen passiert.
Die Vorstellung, dass da nichts mehr sein könnte, passt nicht ins Weltbild von Glaubensgemeinschaften. Deshalb geht es stets um das ewige Leben, das für sie so sicher wie das Amen in der Kirche ist.
Glaubensgemeinschaften beanspruchen die Deutungshoheit über die Idee, was nach dem Tod mit uns passiert. Es gibt keine Heilslehre, die verkündet, alles Leben ende nach dem Tod. Das wäre ein Widerspruch in sich.
Hier kommen Gott, die Götter oder gottähnliche Konstrukte ins Spiel. Diese müssen dafür sorgen, dass die Kirche im Dorf bleibt. Sprich: Dass da noch was kommen muss, wenn unser Körper den Geist aufgibt.
Somit kann man die Gleichung aufstellen: Ohne Tod kein Gott. Oder weniger mathematisch ausgedrückt: Wenn wir nicht sterben würden, bräuchten wir keine Götter.
Obwohl unser Leben nach wie vor endlich ist, wackelt der Thron der Götter in der westlichen Welt bedenklich. Erkenntnisse der Natur- und Geisteswissenschaften setzen ihnen zu. Wir Menschen erreichen mit unseren technischen Errungenschaften Fähigkeiten, die vor 50 Jahren gern den Göttern zugeschrieben wurden.
Diese Entwicklung geht weiter. Wir Menschen versuchen alles, Krankheiten in den Griff zu bekommen und die Lebenserwartung nach oben zu schrauben. Die bisherigen Massnahmen zeigten schon beachtliche Erfolge.
In Deutschland stieg die Lebenserwartung der Männer von 1950 bis 2020 von 64,6 auf 79,1 Jahre. Im Jahr 2060 werden sie laut Studien durchschnittlich 84,8 Jahre alt. Frauen, die 95 Jahre alt werden, sind keine Seltenheit mehr.
Niemand zweifelt daran, dass diese Entwicklung weitergeht. Wir können davon ausgehen, dass die gefährlichsten Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauf-Probleme früher oder später besiegt werden können.
Der nächste Schritt wird sein, Organe zu «züchten» oder technisch herzustellen. Auch die genetischen Fortschritte werden dazu führen, die Widerstandskraft zu fördern und die Zellalterung zu steuern. Wenn es gelingt, diesen Prozess in den Griff zu bekommen, werden die Menschen in Zukunft ein biblisches Alter erreichen. (Noah wurde angeblich 950 Jahre alt.)
Vielleicht wird der Mensch dereinst unsterblich. Oder er kann sich anhand von Stammzellen klonen lassen und nach dem Tod wiederauferstehen. Ganz ohne Hilfe von Gott.
Fazit: Menschen, die glauben, unsterblich zu sein oder zu werden, benötigen keinen Gott. Wozu auch? Sie brauchen keine Religion und keinen Himmel. Vielmehr finden sie alles auf der Erde.
Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Das ewige Leben auf der Erde kann zur Qual werden. Das ewig Gleiche über Jahrhunderte wäre ganz schön langweilig und ermüdend. Doch dafür werden die Neurologen und Pharmakologen vermutlich Lösungen finden und das Glück künstlich herbeiführen.
Nicht lösen könnte die Wissenschaft in diesem Fall das Problem der Überbevölkerung. Es sei denn, sie würde die Menschen in Zukunft genetisch so umbauen, dass sie nur noch wenige Kalorien bräuchten, um den Kreislauf in Gang zu halten.
Eine andere Lösung wäre, überzählige Menschen auf fernen Planeten anzusiedeln. Ob das erstrebenswert ist, bleibt ebenfalls ungewiss.
So oder so: Für Gott oder die Götter wird es eng.
Ein ewiges Leben wird es erstens niemals geben, und zweitens wäre das auch für niemanden wünschbar!
Stell Dir vor, Du würdest immer Dein ewiges Leben riskieren, wenn Du vor die Haustür trittst, oder im Haus eine Glühbirne wechseln müsstest!
Da käme Dir doch jedes Mal das Knieschlottern vor Aufregung und Stress!
Nein, der ewige KREISLAUF aus Werden und Vergehen ist GENAU RICHTIG so!
Am frühen Sonntag Morgen in die Kirche gehen müssen wir ja trotzdem nicht.
Denn dafür ist uns die beschränkte Lebenszeit zu teuer, als dass wir sie sinnlos verschwenden. ;) http://K