Elon Musk fürchtet offensichtlich nichts mehr als Kamala Harris. Wie sonst ist zu erklären, dass der Techmilliardär die US-Politikerin ständig verunglimpft?
In einer seiner jüngsten Attacken verbreitete Musk am Montag ein KI-generiertes Bild, das die amtierende Vizepräsidentin und demokratische Präsidentschaftskandidatin als Kommunistin in roter Uniform zeigt.
Das Fake-Bild kommentierte er mit einer Lüge:
Das Ganze findet natürlich auf Musks Social-Media-Plattform X (Twitter) statt – einem Tummelplatz für Extremisten und Demokratiefeinde jeglicher Couleur. Und der Techmilliardär spielt im Wahlkampfteam von Donald Trump.
Statt etwas gegen die Desinformations-Kampagnen und den ausufernden Hass bei X zu tun, verbreitet der Plattform-Besitzer eigenhändig Lügen. Denn wie die informierte Öffentlichkeit nur zu gut weiss, war es nicht Harris, sondern Trump, der davon sprach, im Falle eines Wahlsieges Diktator «für einen Tag» zu sein.
Musks verunglimpfendes Posting wurde millionenfach gesehen. Kein Wunder: Er hat laut eigener Zählung fast 200 Millionen Follower. (Wobei ein beachtlicher Teil keine echten Menschen sind, sondern Propaganda-Bots.)
Allerdings hat Musk die Rechnung ohne Anonymous gemacht. Ein Account des Kollektivs mit immerhin 7,6 Millionen Followern postete als Antwort ein KI-generiertes Bild, das ihn in Nazi-Uniform mit Hakenkreuz-Binde zeigt.
Das KI-Bild kombinierte Anonymous mit einem frechen Spruch, der sich auf Musks Jugend im damals von rassistischen Weissen regierten Südafrika bezieht:
Tatsächlich hat Anonymous dem Multimilliardär und Tesla-Gründer schon länger den Krieg erklärt. 2021 wurde eine Warnung an ihn gerichtet – und seither versuchen die Aktivisten mit vereinten Kräften, dem immer stärker polarisierenden Unternehmer Paroli zu bieten.
Als die Betreiber des X-Accounts @YourAnonNews von einem Trump-Fan auf den Widerspruch hingewiesen werden, dass sie mit ihren Postings Elon Musks Plattform quasi unterstützen, fällt die Antwort klar aus: Es handle sich um «Cyber-Guerilla-Kriegsführung». Und:
Weiter argumentieren die unbekannten Betreiber des Anonymous-Profils, dass sie mit ihren Aktivitäten auf der Plattform die Infrastrukturkosten in die Höhe treiben würden. Und die Rechnung bezahle Musk.
Der besagte X-Account hat (wie erwähnt) fast acht Millionen Follower und trägt das blaue Häkchen, das bezahlende User mit Premium-Abo erhalten. Anonymous betont, man bezahle nichts dafür, dies sei vielmehr von Musk für grosse Accounts veranlasst worden.
Allerdings wissen wir auch, dass Musk als Plattformbetreiber den Empfehlungs-Algorithmus kontrolliert. Das heisst, er kann über seine Software-Entwickler steuern, welche Inhalte bei X stark verbreitet werden.
Bleiben die grundlegenden, ziemlich unangenehmen Fragen, denen sich auch alle seriös arbeitenden Journalistinnen und Journalisten im Alltag stellen müssen:
Kritisch anzumerken ist hier zudem, dass Anonymous, wie watson, mit der Verbreitung solcher KI-Bilder mehr oder weniger ungewollt den Hype ankurbelt. Und wenn solche Bilder nicht gut erkennbar als Fake gekennzeichnet sind, könnte sich das in Zukunft rächen ...
Musks Firma xAI, die den Chatbot Grok entwickelt, steckt mitten in einem KI-Wettrüsten mit anderen grossen Techkonzernen und dem Markführer bei generativer künstlicher Intelligenz, der US-Firma OpenAI. Dies bringt Fortschritt, hat aber auch Schattenseiten.
Anfang Woche liess Musk verlauten, sein Unternehmen verfüge nun dank einer Kooperation mit dem Chiphersteller Nvidia über das leistungsfähigste KI-Trainingssystem der Welt. Ganz unbescheiden wird der entsprechende Rechnerverbund, der angeblich in der Rekordzeit von 122 Tagen realisiert wurde, «Colossus» genannt.
Dies könnte X zu einem noch weitaus gefährlicheren Desinformations-Instrument machen.
Bekanntlich blockieren populäre KI-Bildgeneratoren wie DALL-E (ChatGPT) und Midjourney Begriffe wie «Kamala Harris» und «Donald Trump», um das Erstellen von irreführenden KI-Fakebildern zu verhindern.
Bei X soll es zwar auch entsprechende Regeln geben. Doch werden sie nicht durchgesetzt, wie die alltägliche Flut an KI-Bildern auf der Plattform zeigt.
Tatsächlich sind KI-generierte Bilder so etwas wie eine Obsession für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump geworden. Er teilt solche Inhalte auch immer wieder auf seiner Social-Media-Plattform mit dem irreführenden Namen Truth Social.
Seine jüngste Fixierung auf KI-generierte Inhalte kommt laut Beobachtern zu einer Zeit, in der im US-Kongress ernsthafte Bedenken über die Verwendung solcher Inhalte im Wahlkampf geäussert werden. Allerdings gibt es in den USA derzeit nur wenige oder gar keine Bundesgesetze oder andere Einschränkungen dazu.
Der oben erwähnte Trump-Supporter mit dem User-Namen @AmericanPapaBear hat dazu bei Anonymous nachgehakt. Sein Vorwurf: Das Internet-Kollektiv sei gar nicht «der Widerstand», sondern gehöre selbst zum «Establishment», weil es den US-Präsidenten Joe Biden und dessen Vize Kamala Harris unterstütze.
Daraufhin stellt Anonymous klar:
Was hältst du vom Anonymous-Plan, Elon Musk auf dessen eigener Social-Media-Plattform zu bekämpfen? Wäre ein Boykott sinnvoller? Und wie erreicht man sonst die User, die sich nur in ihrer X-Blase bewegen?
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Nein. Sollten sie nicht.
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