Egal ob man am Montagmorgen die Seite attilahildmann.de, attila-hildmann.de, whattheyhide.org oder eine weitere der knapp zwei Dutzend Websites besuchte, die vom Corona-Leugner und antisemitischen Hetzer Attila Hildmann betrieben werden, das Bild war immer dasselbe: Statt der Seite sahen die Besucher das Logo von Anonymous sowie ein Video mit einem programmatischen Bekenner-Text.
Darin erklären die Verfasser, dass Hildmann ihnen unfreiwillig Zugang zu seinen Telegram-Kanälen und Gruppen, Websites, E-Mails, Notizen, Kontakten, persönlichen Daten seiner Follower und Kunden und noch vielem mehr gewährt habe. Die Gruppe kündigt zudem an, die Inhalte in den kommenden Tagen an Behörden und Presse weiterzuleiten und schliesst ab mit der Drohung, dass man weiter machen werde, bis Hildmann einsehe, dass Anomymous nicht vergebe und nicht vergesse.
Die Drohung von Anonymous dürfte ernst sein. Denn wie die Unterstützerseite anonleaks.net beschreibt, habe sich der ehemalige IT-Verwantwortliche von Hildmann – Kai – an die Gruppe gewandt und ihnen Hildmanns digitales Reich weitgehend offengelegt.
Unter anderem soll er die Zugangsdaten von mehr als 20 Mail-Accounts und Website-Domains übergeben haben. In der Folge habe das Hacker-Kollektiv über 100'000 E-Mails erbeutet, da es direkten Zugriff auf die Postfächer hatte. Weitere eingehende Mails werden seit der Übernahme auf die Server von Anonymous umgeleitet, heisst es.
Aus den E-Mails gehe etwa auch hervor, welche Unternehmen sich schliesslich von Hildmann wie trennten und welche weiter zu ihm halten. Zudem habe man Beweise, dass sich bestimmte Personen mit öffentlichem Amt zur Mitarbeit in Hildmanns Chats bewarben, obwohl sie dies öffentlich leugneten.
Zudem habe man im Adressbuch von Hildmann die Kontakte von über zwei Dutzend Sexarbeiterinnen gefunden «Escorts, Dominas Latex» sowie über 2000 weitere Kontakte des Corona-Leugners.
Die am Montag gestartete «Defacing»-Aktion, also das Entstellen der von Hildmann genutzten Websites sei dabei nur das Finale einer lang angelegten Operation gewesen, beschreibt es anonleaks.net.
Vorher habe man in Zusammenarbeit mit dem Informanten Kai noch dafür gesorgt, dass Hildmann auch die Verantwortung für seine wichtigsten Websites und Kanäle auf seinen IT-Mann überträgt – angeblich zu dem Zweck, dass die Staatsanwaltschaft keinen Zugriff darauf bekomme.
Aus diesem Grund hatte Anonymous weitreichende Zugriffsmöglichkeiten. Videos und Inhalte von Hildmanns Plattformen und seinem YouTube-Account seien kopiert und dann gelöscht worden. Einige der erbeuteten Telegram-Kanäle bleiben für Hildmann für immer unerreichbar, da Informant Kai dort Inhaber war. Bei anderen war er hingegen nur Administrator neben anderen – hier dürften Hildmann und seine Mitstreiter bald wieder die Kontrolle haben.
Im weiteren Verlauf des Erläuterungstextes zur Anonymous-Aktion erheben die Hacker auch schwere Vorwürfe gegen LKA, Polizei und die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. So habe Informant Kai vermutlich justiziable Videos von der Hildmann-Plattform wtube.org an die Behörden weitergeleitet, jedoch sei keinerlei Reaktion erfolgt.
Aus diesem Grund werde er sich nicht der Polizei stellen, da er Angst habe, als Sündenbock eingesperrt zu werden. Informant Kai, so beschreibt es anonleaks.net, habe sich von Hildmann schliesslich abgewendet, weil er dessen extreme Positionen nicht mehr mittragen konnte.
Von Attilla Hildmann gab es bislang keine öffentliche Reaktion auf die Übernahme – allerdings dürften ihm dazu derzeit auch die Veröffentlichungskanäle fehlen.
(t-online/jnm/oli)