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Samsung vs. Apple. Das ist die faszinierende Geschichte der dominierenden Unternehmen im Smartphone-Zeitalter. Es ist aber auch ein eindrückliches Beispiel dafür, was passiert, wenn es in einer Krisensituation an weitsichtiger Führung und durchdachter Kommunikation mangelt.
Auf der einen Seite haben wir den südkoreanischen Elektronik-Giganten und weltgrössten Handy-Hersteller, aus dessen Fabriken auch vieles Andere kommt, vom Flachbildfernseher über die Waschmaschine bis zum Panzer.
Auf der anderen Seite Apple. Der PC-Erfinder aus dem Silicon Valley startete 2007 mit dem iPhone eine Revolution. Vom anfangs belächelten Herausforderer wuchs das Unternehmen unter Steve Jobs zum Branchenkrösus heran und liess frühere Platzhirsche wie Nokia oder Microsoft alt aussehen.
Apple streicht dank iPhone Quartal für Quartal Milliardenprofite ein – mehr als die gesamte Konkurrenz zusammen. In Apples Windschatten wurde die lernfähigen Südkoreaner zum erfolgreichsten Hardware-Hersteller im Android-Lager.
Um die Verhältnisse noch etwas komplizierter zu machen, sind die beiden Rivalen milliardenschwere Geschäftspartner. Apple hätte niemals seine Verkaufsrekorde aufstellen können, wenn nicht der Erzfeind die Chips und Displays geliefert hätte.
Womit wir beim heutigen Duopol angelangt sind: Samsung verkauft am meisten Mobilgeräte – und Apple macht am meisten Geld, weil das iPhone in weiten Teilen der Welt als DAS Premium-Smartphone wahrgenommen wird.
In einem lesenswerten (englischsprachigen) Beitrag erzählen die beiden asiatischen Journalisten Yoolim Lee und Min Jeong Lee von der US-Nachrichtenagentur Bloomberg, wie ein waghalsiges Überholmanöver von Samsung im Fiasko endete.
Schon sehr früh muss dem Samsung-Management zu Ohren gekommen sein, dass Apple in diesem Jahr eine «langweilige» neue iPhone-Generation an den Start bringen wird. Tatsächlich sehen das iPhone 7 und 7 Plus praktisch gleich aus wie die beiden Vorgängermodelle (6 und 6S) und sie punkten auch nicht mit bahnbrechenden neuen Features.
Daraufhin fasste Samsungs Chefetage den Plan, die temporäre Schwäche des Feindes in eigene Stärke umzumünzen. Sprich: Man wollte dem grossen US-Rivalen mit einem neuen Topgerät namens Galaxy Note 7 zuvorkommen und der Welt ein für allemal beweisen, dass man nicht nur das Kopieren des iPhones beherrscht, sondern selber innovativ sein kann.
Als beeindruckende Note-7-Features plante man ein gebogenes hochauflösendes Display, einen Iris-Scanner, der das Gerät benutzerfreundlich sicherte, sowie einen schnell aufladbaren Akku, der erst noch mehr Leistung bot.
Gemäss den Recherchen der Bloomberg-Journalisten entschied der verantwortliche Topmanager, D.J. Koh, die Produktion des Note 7 zu beschleunigen, um es so früh wie möglich lancieren zu können. Es war ja ein offenes Geheimnis, dass Apple das iPhone im September in den Verkauf bringen würde.
Von Samsung-Insidern wollen die Bloomberg-Journalisten erfahren haben, dass die Führung den Druck auf die Zulieferer und die eigene Belegschaft erhöhte, um einen grösseren Vorsprung auf Apple herauszuholen. Mitarbeiter schliefen in den Büros, um keine Zeit mit Pendeln zu verlieren. Abgabetermine wurden nach vorn verschoben, um den eh schon dicht gedrängten Fahrplan weiter zu verkleinern.
Samsung stand unter Erfolgsdruck. Zwar hatte sich das Galaxy S7 besser verkauft als die Vorgängermodelle, doch deuteten die wirtschaftlichen Kennzahlen nicht unbedingt auf eine rosige Zukunft hin. Der weltweite Smartphone-Absatz war ins Stocken geraten. Es drohten zermürbende Verteilkämpfe.
Im August schien es Samsung geschafft zu haben. In den Vormonaten war das Galaxy Note 7 zu Testzwecken an diverse Mobilfunk-Provider geschickt worden. Deren Spezialisten konzentrierten sich auf verschiedene technische Herausforderungen, aber der Akku war kein Thema.
Dann kam es zum PR-Desaster ...
Im August 2016, wenige Tage nach der Lancierung des Galaxy Note 7 in Asien und Nordamerika, tauchten im Internet die ersten beunruhigenden Berichte auf. User berichteten von Akkus, die in Flammen aufgingen. Bis Ende August häuften sich die alarmierenden Meldungen und die Samsung-Führung versuchte verzweifelt, herauszufinden, was schief gelaufen war.
Am 2. September verkündigte der verantwortliche Manager, D.J. Koh an einer Medienkonferenz in Seoul, dass Samsung alle bislang ausgelieferten Note-7-Geräte zurücknehme. Das waren dem Vernehmen nach rund 2,5 Millionen Smartphones.
Ausgerechnet in der Woche, bevor Apple das iPhone 7 vorstellen würde, musste Samsung die Rückrufaktion in zehn Ländern kommunizieren. Und dabei passierten laut Bloomberg weitere Fehler, die für zusätzliches Chaos sorgten. Zunächst habe Samsung die betroffenen Kunden angewiesen, die Geräte auszuschalten und nicht mehr zu nutzen. Einige Tage später hiess es dann, ein Software-Update könne das Problem der überhitzenden Smartphone-Akkus beseitigen.
Die widersprüchlichen Angaben stellten ein enormes Problem für das Unternehmen dar, zitieren die Bloomberg-Journalisten einen Management-Professor von der renommierten amerikanischen Harvard-Universität. Samsung müsse einen beträchtlichen Reputationsschaden hinnehmen. In Zweifel gezogen werde auch die Fähigkeit, den Kunden Support zu leisten.
Zu dem von Insidern geäusserten Vorwurf, dass Samsung Apple und dem iPhone 7 zuvorkommen wollte, schwieg das südkoreanische Unternehmen. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber Bloomberg heisst es, der Fahrplan für die Lancierung neuer Produkte hänge von anderen Faktoren ab. Erst wenn der Entwicklungsprozess abgeschlossen sei, werde ein neues Gerät auch auf den Markt gebracht.
Samsung hat nach eigenen Angaben eine gründliche Untersuchung des Smartphones durchgeführt und dabei Unstimmigkeiten bei den Akkuzellen entdeckt.
Wie dem Bloomberg-Artikel zu entnehmen ist, suchten die Ingenieure fieberhaft nach der Schwachstelle im Fertigungsprozess. Schliesslich zeigte sich, dass die verbauten Batterien ein bisschen zu gross waren für das Gehäuse. Dadurch konnten negative und positive Pole in Berührung kommen, was wiederum elektrische Kurzschlüsse verursachte.
Die Schwachstelle konnte schliesslich auf einen Akku-Zulieferer eingegrenzt werden – eine Tochterfirma namens Samsung SDI. Für das folgende Austauschprogramm wurden daraufhin nur Batterien von anderen Zulieferern berücksichtigt.
Die Bewältigung der Note-7-Krise werfe die berechtigte Frage auf, ob Samsungs Top-Management angemessen reagiert habe, zitieren die Bloomberg-Journalisten einen koreanischen Wirtschaftsprofessor. Der finanzielle Verlust, der bis zu zwei Milliarden Dollar betragen könnte, sei zu verschmerzen. Deutlich schwerer wiege, dass der gute Ruf, den sich das Unternehmen als Hersteller von qualitativ hochstehenden Produkten erarbeitet habe, beeinträchtigt wurde. Nun sei Samsung gefordert, das Vertrauen der Kunden und Investoren zurückgewinnen.
Das Momentum gehört derweil Apple. Das iPhone 7 Plus war zum Verkaufsstart rund um den Globus Mangelware – ob wegen Engpässen bei der Auslieferung oder wegen unerwartet grosser Nachfrage. Mit Sorge wird die Samsung-Führung Berichte registrieren, wonach das Interesse am XL-iPhone erstmals die Nachfrage nach dem normal grossen Modell übersteige.