Die Reparaturprofis von iFixit testen regelmässig, wie gut sich neue Laptops, Smartphones oder Kopfhörer reparieren lassen. Je einfacher dies gelingt, desto besser fällt ihre Bewertung aus. Vollständig überzeugt in dieser Hinsicht bislang nur das Fairphone, das als einziges Gerät die maximale Punktezahl erreicht. Apple-Geräte hingegen erhielten jahrelang schlechte Reparatur-Noten. Sie sind mit Klebstoff vollgestopft und spezielle Schrauben erschweren die Reparatur.
Doch dann schien vergangenes Jahr das iPhone 14 die lang überfällige Wende zum Besseren zu bringen. Es wurde von Apple neu entworfen, um es reparaturfreundlicher zu machen; beispielsweise lässt sich die Rückseite leichter öffnen. Prompt erhielt es von iFixit respektable 7 von maximal 10 möglichen Punkten und somit das Prädikat «empfehlenswert». Auch watson lobte Apple für den vermeintlichen Fortschritt. Doch nun hat iFixit die Bewertung nachträglich auf 4 Punkte («nicht empfehlenswert») gesenkt.
Die Begründung der Reparatur-Gurus für diesen speziellen Schritt: Apple macht den reparaturfreundlicheren Aufbau des Handys mit Software-Sperren zunichte. Der US-Konzern erschwert so weiterhin absichtlich den Austausch von defekten Bauteilen, was für unabhängige Reparaturwerkstätten zum (existenzbedrohenden) Problem wird. Sie verwenden oft Ersatzteile aus nicht mehr zu rettenden Geräten. Apple schränkt selbst die Wiederverwendung solcher Originalteile mit Software-Sperren stark ein.
Im Alltag heisst dies, dass Reparaturwerkstätten teure «Ersatzteile von Apple kaufen und die Reparatur dann über ein Chat-System verifizieren lassen müssen, das persönliche Informationen vom Kunden verlangt».
iFixit stört sich daran, dass Apple für die volle Funktionalität selbst bei Originalteilen ein softwareseitiges Pairing der Ersatzteile verlangt. Dabei werden die bei Apple bezogenen Ersatzteile mit dem iPhone gekoppelt und über Apples Server freigeschaltet. Geschieht dies nicht, gehen einige Funktionen verloren und auf dem Gerät erscheinen lästige Meldungen, obwohl das ausgetauschte Teil wie vorgesehen funktionieren würde.
Im Endeffekt werde so das Wiederverwenden von Originalteilen aus kaputten Geräten stark eingeschränkt, «was ein Grundpfeiler unabhängiger Reparatur war», schreibt iFixit.
Folglich sah sich iFixit gezwungen, die Bewertung nachträglich zu senken. Zerknirscht räumen die Reparaturprofis ein, dass sie wegen des reparaturfreundlicheren Aufbaus des iPhone 14 zu euphorisch waren. Ihr alter Bewertungsmassstab habe schlicht nicht bedacht, «dass man in ein Gerät, das eigentlich reparierbar aufgebaut ist (wie das iPhone 14), ein Original-Apple-Ersatzteil einbauen kann – das dann aber nicht funktioniert.»
Die gesenkte Bewertung «berücksichtigt die Hindernisse, die einzelnen Leuten oder unabhängigen Reparaturwerkstätten in den Weg gelegt werden, wenn sie versuchen, ein iPhone 14 zu reparieren», schreibt iFixit.
Apple habe mit dem iPhone 14 eigentlich einen grossen Schritt in Richtung Reparierbarkeit gemacht, es sei «aber problematisch, wie viel Kontrolle Apple über den ganzen Reparaturprozess hat und wie viel Geld man ausgeben muss, um seine eigenen Sachen zu reparieren».
Man verstehe, dass Apple wolle, dass bei Reparaturen alles mit rechten Dingen zugehe, «aber das darf nicht auf Kosten von Eigentümerrechten und der Umwelt gehen», schreibt iFixit. Die Reparaturprofis geben auch zu bedenken, was passieren könnte, wenn Apple das Freischalten von Ersatzteilen für ein älteres Modell in ein paar Jahren nicht mehr anbietet.
Immerhin sei es ein Schritt in die richtige Richtung, dass Apple begonnen habe, Ersatzteile auch an Private zu verkaufen. Die grösste Bedrohung für die Reparatur seien aber nicht mehr störrischer Klebstoff oder proprietäre Schrauben, sondern unsichtbare Software-Barrieren.
Auch beim iPhone 15 dürften diese Software-Bremsen mit grösster Wahrscheinlichkeit aktiviert sein. Unabhängigen Reparaturanbietern hilft es somit weiterhin nur bedingt, wenn das Smartphone relativ einfach zerlegbar ist.
Wer Apple kauft, ist selber schuld.
#gschmaeckle