Das iPhone 14 hat ein «Killerfeature», das wirklich niemand kommen sah
Die unabhängigen Smartphone-Reparatur-Experten von iFixit sind voll des Lobes für das iPhone 14. Und dies wegen einer massiven Design-Änderung, die auch den erfahrensten Testern verborgen blieb. Dank der kompletten Neugestaltung der Innereien ist die Reparaturfähigkeit massiv gestiegen. Dieser Beitrag beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
Mit dem günstigsten neuen iPhone-Modell führt Apple eine innovative Neuerung ein, von der niemand wusste.
Äusserlich sieht das iPhone 14 aus wie das iPhone 13 und es bietet im Vergleich zum iPhone 14 Pro und Pro Max keine bahnbrechenden neuen Hardware-Funktionen, weshalb es kritische Reviewer als «iPhone 13S» bezeichnen.
So konstatierte zum Beispiel The Verge:
Aber das sei gar nicht wahr, betont iFixit – auch wenn dies kaum jemand wissen konnte. Apple habe «das geheime Redesign» während seiner Keynote nicht erwähnt.
Tatsache ist: Apple hat im Inneren des neuen Basismodells massiv «aufgeräumt», wie es in dem zum Verkaufsstart publizierten Teardown-Bericht von iFixit heisst.
Darum erhält das iPhone 14 eine aussergewöhnlich gute Bewertung durch die Reparaturspezialisten.
In ihrem Bericht fragen die Reparaturexperten:
Und an die Adresse potenzieller Käuferinnen und Käufer gerichtet, streichen die iFixit-Fachleute hervor, dass die teureren neuen Modelle, nämlich das iPhone 14 Pro und das iPhone Pro Max, noch «die alte Architektur» hätten. Wer ein neues iPhone haben wolle, das wirklich lange halte, solle über den Kauf des Einsteigermodells nachdenken.
Die grosse Zerlegung des iPhone 14 im Video
Die grösste Innovation im Vergleich zum Vorjahresmodell liegt unter der Haube, wie das sehenswerte Video zeigt:
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Aus dem Teardown-Bericht von iFixit geht hervor:
- Das iPhone 14 und das iPhone 14 Plus sind die ersten iPhone-Modelle seit dem iPhone 4S (2011), die von der Geräte-Rückseite geöffnet werden können.
- Sie lassen sich von vorne und hinten öffnen.
- Das iPhone 14 besteht im Wesentlichen aus dem Display, der Rückseite aus Glas und einem mittleren Rahmen, der die meisten Komponenten beherbergt. Dieser Alu-Mittelrahmen verleihe dem Gerät eine grosse Stabilität.
- Dank des neuen Aufbaus sei es viel leichter, den Bildschirm und die Rückseite (aus Spezialglas) zu ersetzen.
- Das Display und die Glasplatte seien nur mit zwei Schrauben und weiteren Steckverbindungen gesichert.
- Zudem werde (in den asiatischen Fabriken, wo die iPhones zusammengebaut werden) weniger aggressiver Klebstoff verwendet, sodass das iPhone 14 leichter geöffnet werden könne.
- Das neue interne Design führe zu deutlich niedrigeren Reparaturkosten von 169 bis 199 US-Dollar für iPhone-14- und iPhone-14 Plus-Modelle mit kaputtem Rückglas.
Warum ist das so aussergewöhnlich?
Die «Designverbesserung» sei ein grosser Gewinn, konstatieren die iFixit-Reparatur-Experten in ihrem Bericht.
Apples grösster Konkurrent unter den Smartphone-Herstellern, Samsung, habe das interne Design seiner Mobilgeräte seit 2015 nicht mehr grundlegend geändert.
Das neue iPhone-Design stehe in deutlichem Gegensatz zum Rest der Smartphone-Branche. Fast alle Android-Geräte liessen sich auf der Rückseite öffnen, so iFixit. Seit dem Galaxy S6 habe «der Erzfeind» eine fest verklebte Rückseite.
Beim bisherigen Hardware-Design des iPhones habe Apple den schnellen Service für zwei wichtige Komponenten optimiert: den Bildschirm und die Batterie. Der Nachteil dieses für die Vorderseite optimierten Designs sei natürlich, dass es schwierig sei, die Rückseite auszutauschen.
Der Klebstoff, der das Glas auf der iPhone-Rückseite festhalte, sei so stark, dass keine der üblichen Techniken wie Aufhebeln, Hitze oder Chemikalien etwas ausrichten könne. Reparaturwerkstätten setzten eine Reihe aggressiver Zertrümmerungs- und Schabetechniken ein, um das Glas zu entfernen.
Doch damit ist nun Schluss.
Laut Bericht des amerikanischen Techblogs Macrumors, der einen Blick in eine interne Dokumentation werfen konnte, kann nun selbst der Mittelrahmen in Apple-Stores und bei autorisierten Service-Providern ersetzt werden.
Dass es den iPhone-Entwicklern gelungen sei, trotz des neuen Hardware-Designs eine hohe Widerstandsfähigkeit zu erreichen, sei eine unglaubliche technische Leistung.
Und der Haken?
Laut Macumors weist die (interne) Dokumentation von Apple darauf hin, dass ein spezieller Software-Kalibrierungsprozess erforderlich sei, nachdem das Rückglas auf dem iPhone 14 oder iPhone 14 Plus ausgetauscht wurde.
iFixit kritisiert, Apple setze «seinen feindseligen Weg» fort, einzelne Bestandteile (wie den Bildschirm oder nun die Glasrückseite) mit dem iPhone selbst zu koppeln.
Der Bericht spricht sich klar gegen diese Software-Aktivierung, respektive die Sperren, aus. Apple wolle damit den nicht-autorisierten Zwischenhandel mit Ersatzteilen behindern.
Solche Sperren seien frustrierend und letztlich sinnlos – der iPhone-Hersteller werde niemals alle Reparaturen kontrollieren können, die an seinen Produkten vorgenommen werden, ganz egal, wie sehr sich das Unternehmen bemühe.
Was ist mit den Pro-Modellen los?
iFixit hat am Dienstag ein Teardown-Video zum iPhone 14 Pro Max veröffentlicht. Zuvor hatten schon andere «Schrauber» gezeigt, dass sich beide neuen Pro-Modelle wie gewohnt von der Vorderseite öffnen lassen, das interne Redesign erstreckt sich also nicht auf Apples neue Flaggschiffe.
Leider würden diese Pro-Modelle von dem «langweiligeren» iPhone 14 mit seiner heimlich verbesserten Reparierbarkeit in den Schatten gestellt, bestätigt nun iFixit.
Das Resultat: nur 6 von maximal 10 Punkten.
Aber warum sollte Apple seine Produktpalette aufspalten und zwei völlig unterschiedliche interne Architekturen anbieten? iFixit hat dazu «ein paar Theorien», aber dabei handle es sich um reine Spekulation, wie betont wird.
- Vermutung 1: Zwei verschiedene Teams haben die iPhones entwickelt und nicht miteinander gesprochen. Apple sei zwar für «seine internen Firewalls bekannt», aber das erscheine doch ziemlich unwahrscheinlich.
- Vermutung 2: Apple wollte die Produktions-Risiken pro Modell begrenzen und habe daher entschieden, beim 14 Pro und Pro Max die Hardware-Änderungen auf neue Kameras und die «dynamische Insel» (Dynamic Island) zu konzentrieren. Im nächsten Jahr könnten die Änderungen vereinheitlicht und auch die Pro-Modelle auf die fortschrittlichere Architektur des Basismodells umgestellt werden.
Was auch immer Apples Beweggründe waren, es sei faszinierend, dass in der zweistündigen Ankündigung der neuen iPhones überhaupt nicht darüber gesprochen wurde.
Zynischerweise könnte man vermuten, dass Apples Marketing-Profis vermeiden wollten, das Basismodell 14 auf eine Weise innovativ aussehen zu lassen, wie es bei den teuren Flaggschiffen Pro und Pro Max nicht der Fall ist.
Das Fazit der US-Reparatur-Fachleute:
Das iPhone sei nach wie vor das profitabelste Produkt der Welt, so iFixit. Aber Apple habe eine Reihe von Hindernissen für unabhängige Reparaturen errichtet.
Immerhin gebe es Anzeichen dafür, dass sich die Situation langsam verbessere. Der iPhone-Hersteller stelle zum ersten Mal Handbücher und Ersatzteile frei zur Verfügung. Diese seien für das 14er-Modell zwar noch nicht online verfügbar, aber man gehe davon aus, dass Apple dies bald tue.
Welche Reparatur-Noten gab iFixit früheren iPhone-Modellen?
Der Blick auf ifixit.com zeigt, dass die unabhängigen Experten die Reparaturfähigkeit der iPhones in den letzten fünf Jahren durchs Band etwas schlechter bewerteten.
- iPhone 13 Pro (2021) – Note 6
- iPhone 12 Pro Max (2020) – Note 6
- iPhone 11 (2019) – Note 6
- iPhone XR (2018) – Note 6
- iPhone X (2017) – Note 6
- iPhone 8 (2017) – Note 6
- iPhone 7 (2016) – Note 7
- iPhone SE (2016) – Note 6
- iPhone 6S (2015) – Note 6
PS: Es gibt auch neuere Android-Smartphones mit einer noch besseren Reparierbarkeits-Bewertung bei iFixit von 9 Punkten (Shift 6m) oder sogar 10 (Fairphone 3 und 4).
Wie bewertet iFixit die Reparaturfähigkeit von Smartphones?
Bei iFixit nehmen sich erfahrene Fachleute jeweils die neusten Smartphone-Modelle vor und zerlegen sie vor laufender Kamera, auf Englisch «Teardown» genannt.
«Wir alle wollen, dass unsere Geräte einfacher zu reparieren sind – denn eine gute Reparaturfähigkeit ist gleichbedeutend mit Langlebigkeit», argumentieren die Fachleute.
Zunächst wird geprüft, wie einfach sich das Gehäuse öffnen lässt, ob proprietäre Schrauben verwendet wurden oder sogar Klebstoffe. Dann begutachten die Fachleute die Hardware-Innereien und prüfen den modulartigen Aufbau. Leicht austauschbare Komponenten sind Voraussetzung für eine gute Benotung. Um «eine perfekte 10» zu erreichen, müsse das Gerät aber auch über ein kostenloses, öffentlich zugängliches Handbuch des Herstellers verfügen, wie es heisst.
