Billigst-Spielwaren aus China können die Gesundheit von Kindern gefährden. Das zeigen Laboruntersuchungen, die der Spielwaren Verband Schweiz (SVS) für 18 Produkte aus den Shopping-Apps Temu und Shein durchführen liess.
Heute Montag informiert der Verband über die alarmierenden Resultate. watson hat die Testberichte vorab erhalten und fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Spielwaren gehörten im Schweizer Handel zu den am stärksten regulierten Konsumgütern, wie der Verband betont. Die Produkte müssten sicher sein und «den hohen Anforderungen der Schweizer Spielzeugverordnung entsprechen».
Davon ausgenommen sind jedoch Spielwaren, die direkt über den Onlinehandel in China bestellt werden. Das Problem: Die «privaten Direktimporte von nicht-konformen Waren» werden von den kantonalen Behörden nicht kontrolliert, denn sie sind in der Schweiz – anders als in der EU – legal.
Der Spielwarenverband hat nun auf eigene Faust Laboruntersuchungen von Billigst-Spielwaren durchführen lassen. Die Resultate sind bedenklich, wenn nicht alarmierend:
Die Details zu den Produkten folgen weiter unten.
Schon einmal hat der Spielwaren Verband Schweiz (SVS) chinesische Billigst-Produkte untersuchen lassen. 2019 wurden im Prüflabor SQTS in Dietikon zehn Spielwaren von den Online-Marktplätzen Aliexpress und Wish analysiert. Und auch schon damals schlugen die Tester Alarm, weil die Produkte gesundheitsgefährdende Substanzen enthielten.
Was ist seither geschehen?
Der Verband habe vom zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) immer wieder Massnahmen gefordert, um die Kinder in der Schweiz vor solchen Produkten zu schützen, erklärt Verbandssprecher Sandro Küng. Ohne Erfolg.
In der EU habe im Juli 2021 eine Gesetzesverschärfung stattgefunden: Seither verbiete die Marktüberwachungsverordnung die Vermarktung von in der EU nicht-konformer (chinesischer) Ware auch im Internet. Leider habe die Schweiz kein entsprechendes Gesetz nachvollzogen.
Der Spielwarenverband habe auch Vertreter des zuständigen Bundesamtes, vom kantonalen Vollzug und dem Handel eingeladen, um die Probleme gemeinsam anzugehen – noch immer könne der Bund aber keine Lösung präsentieren.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) selbst sagte erst im Juli gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass das 2017 revidierte Lebensmittelrecht – zu dem auch die Spielzeugverordnung gehört – keinen Schutz biete vor problematischer Billigst-China-Ware.
BLV-Sprecherin Sarah Camenisch bestätigt auf Anfrage von watson, dass ausländische Onlineshops bei der aktuellen Rechtslage auch Produkte anbieten können, die in der Schweiz nicht verkehrsfähig sind. Sie erklärt:
Abgesehen von der allgemeinen Stellungnahme wollte das Bundesamt mehrere konkrete Fragen nicht beantworten.
Der Verband hat «Bestseller-Spielwaren» der chinesischen Shopping-Apps Temu und Shein bestellt, deren (sehr) tiefe Preise gemäss SVS-Sprecher Küng einen Hinweis auf mangelhafte Qualität und Sicherheit lieferten.
Von den 18 bei Temu und Shein bestellten Billig- und Billigst-Spielwaren haben tatsächlich nur gerade drei die Tests bestanden und wären in der Schweiz «verkehrsfähig».
Beunruhigend: Bei einem der untersuchten Produkte war ein gefälschtes CE-Zeichen aufgedruckt. Das Kürzel CE steht für «Conformité Européenne», also europäische Konformität. Und die CE-Kennzeichnung besagt eigentlich, dass ein Produkt die Anforderungen gemäss europäischem Recht erfüllt.
Auch die belgische Konsumentenorganisation Testachats hat im Oktober unter anderem Spielwaren von Temu getestet und dabei gefälschte CE-Zeichen entdeckt. Offenbar gelinge es den angeschlossenen Händlern, die EU trotz strengerer Gesetze mit nicht-konformen Billigst-Waren zu fluten.
Temu habe eine sofortige Überprüfung «aller auf seiner Plattform verkauften Spielzeuge eingeleitet», teilte das Unternehmen am Dienstag über eine PR-Firma mit.
Temu werde umgehend eine Überprüfung aller auf seiner Schweizer Website verkauften Kinderspielzeuge abschliessen, wie es in der Stellungnahme heisst. Und es würden die Einträge derjenigen Produkte, die bei der Überprüfung nicht bestanden hätten, entfernt. Die E-Commerce-Plattform werde darüber hinaus auch andere Artikel, die von Kindern als Spielzeug verwendet werden könnten, wie etwa Haustierzubehör, «von Fall zu Fall als Vorsichtsmassnahme überprüfen».
Eigentlich ganz einfach, oder? Wer auf Nummer sicher gehen will, bestellt nicht auf Online-Plattformen oder mit Apps, die keinerlei Qualitätsstandards garantieren.
Wer wegen eines Produkts besorgt ist, kann sich auf der europäischen Online-Plattform «Safety Gate» informieren. So heisst das Schnellwarnsystem der Europäischen Kommission, wo die EU-Staaten gefährliche Produkte melden.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) warnt sporadisch auf seiner Website vor gefährlichen Spielzeugen und anderen Produkten.
Und wie genau soll ich das bewerkstelligen? Ein Chemielabor zur Analyse von Kunststoffverbindungen im Keller aufbauen, oder wie?
Was mich eher beunruhigt, ist, dass einige Schweizer Onlinestores (wie die beiden grossen D & B), bei denen man eigentlich eine gewisse Qualität erhofft, immer mehr Billigprodukte in ihrem Sortiment aufnehmen und zu einem Dropship Laden werden.