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Streit um digitale Impfdaten: Aargau wehrt sich gegen Kritik von Jurist

Eine Person laesst sich impfen gegen Covid-19 in einer 'Beweglichen Impfstation' des Kantons Aargau im Einkaufszentrum 'Shoppi Tivoli' am Freitag, 20. August 2021 in Spreitenbach.  ...
«Mobiles» Impfangebot während der Corona-Pandemie in einem Aargauer Einkaufszentrum.Bild: keystone

Streit um digitale Impfdaten: Kanton wehrt sich gegen Kritik von Datenschutzanwalt

Rechtsanwalt Martin Steiger kritisiert, persönliche Angaben von rund 300'000 Schweizerinnen und Schweizern gammelten im Aargau vor sich hin. Das zuständige kantonale Gesundheitsdepartement kontert.
30.01.2023, 09:4630.01.2023, 10:21
Fabian Hägler / ch media
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Eigentlich wäre es eine praktische Lösung: Impfungen digital auf Meineimpfungen.ch einzutragen, statt sie mit handschriftlichen Einträgen, Stempeln oder Klebern im Papier-Impfbüchlein zu dokumentieren. Doch die Stiftung, die die Plattform betrieb, ging 2021 in Konkurs. Danach empfahl der Eidgenössische Datenschützer Adrian Lobsiger, die Daten sollten wegen Sicherheitsmängeln gelöscht werden.

Im Juni 2022 kündigte der Kanton Aargau einen Rettungsversuch für die Daten an, die auf Meineimpfungen.ch lagerten. Das Departement Gesundheit und Soziales teilte mit, man wolle mit der Stammgemeinschaft eHealth Aargau (SteHAG) und mit Unterstützung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) einen Weg finden, die Daten der Bevölkerung zurückzugeben.

Was kritisiert der Datenschutzanwalt?

Datenschützer Lobsiger gab sein Einverständnis, mit dem Konkursamt Bern-Mittelland wurde eine Vereinbarung zur Übernahme der Impfdaten von rund 300'000 Schweizerinnen und Schweizern getroffen. Doch seither blieb es still um das Projekt – bis «Argovia Today» und die Aargauer Zeitung (AZ) letzte Woche über Kritik von Rechtsanwalt Martin Steiger an der versuchten Rettung berichteten.

Der bekannte Anwalt, der auf digitales Recht und Datenschutzfragen spezialisiert ist, liess in seinem Blog kaum ein gutes Haar an der Aktion. Er kritisierte unter anderem, die Daten würden vor sich hin gammeln, zu Anträgen auf Löschung und Einsicht gebe es keine Antwort, und der Kanton habe Steuergelder für die Rettungsaktion eingesetzt.

Rechtsanwalt Martin Steiger (links) kritisiert den Versuch der Datenrettung von Meineimpfungen.ch durch das Aargauer Gesundheitsdepartement von Jean-Pierre Gallati.
Rechtsanwalt Martin Steiger (links) kritisiert den Versuch der Datenrettung von Meineimpfungen.ch durch das Aargauer Gesundheitsdepartement von Jean-Pierre Gallati.Bild: zvg / Fabio Baranzini

So reagiert der Kanton

Zu diesen und weiteren Kritikpunkten hat sich das Departement des Aargauer Gesundheitsdirektors Jean-Pierre Gallati (SVP) nun in einer ausführlichen Stellungnahme geäussert. Darin heisst es, die SteHAG und das DGS hätten sich «zu einem jederzeit datenschutzkonformen Handling der Daten verpflichtet». Steiger hatte kritisiert, solange die Daten nicht gelöscht würden, könnten sie zu jeglichen Zwecken weiterverwendet werden.»

Das Gesundheitsdepartement hält fest, die Gesetzgebung untersage es, diese Daten ohne Information und Einwilligung der Betroffenen zu anderen Zwecken zu verwenden. «Diese gesetzlichen Vorgaben werden selbstverständlich eingehalten», die Daten würden gesichert und datenschutzkonform aufbewahrt. Mit einem strukturierten und breit abgestützten Vorprojekt, das kurz vor dem Abschluss stehe, werde geprüft, «ob sich diese Daten in einem Zustand befinden, der eine Rettung zulässt».

Rückgabe der Daten nur in Absprache mit Datenschutzbehörden

Sollte die Prüfung negativ ausfallen, hätten sich SteHAG und DGS verpflichtet, alle Daten nachweislich und datenschutzkonform zu vernichten. Erst im Fall eines positiven Resultats der Prüfung werde ein Hauptprojekt gestartet, um die Umsetzung der Datenschutzrechte der Betroffenen zu ermöglichen.

Konkret heisst das: Wer seine Daten auf Meineimpfungen.ch eingegeben hat, könnte sich entscheiden, diese zu beziehen oder vernichten zu lassen. Eine mögliche Rückgabe der Daten werde aber nur in Absprache und im Einverständnis mit den kantonalen und eidgenössischen Datenschutzbehörden stattfinden, hält das Departement Gallati fest.

Und die Kosten?

Anwalt Steiger sagte, Regierungsrat Gallati habe sich nicht nur politisch, sondern auch mit Staatsgeldern für die Rettung der Daten eingesetzt. Dies sei falsch, entgegnet das Aargauer Gesundheitsdepartement, Gallati habe für den Rettungsversuch keine Gelder des Kantons eingesetzt. Das Vorprojekt werde durch das Bundesamt für Gesundheit finanziert, die Finanzierung des Hauptprojekts sei Gegenstand von Verhandlungen.

Steiger hat seine Daten auch bei Meineimpfungen.ch hinterlegt und will, dass diese endlich gelöscht werden. «Das habe ich bereits dem Konkursamt mitgeteilt und vor Kurzem auch der Stammgemeinschaft eHealth Aargau», sagte der Anwalt gegenüber «Argovia Today».

Solange das Vorprojekt laufe, könnten keine Auskunfts- oder Löschungsbegehren betroffener Bürgerinnen und Bürger beantwortet werden, heisst es in der Stellungnahme des Kantons dazu.

Quellen

(aargauerzeitung.ch)

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