Die «New York Times» hat am vergangenen Sonntag mit einer sensationell klingenden Story für Aufsehen gesorgt. Der Titel lautet: «Wie TikTok deine Gedanken liest».
Dem US-Journalisten Ben Smith wurde ein firmeninternes Dokument namens «TikTok Algo 101» zugespielt, das vom Ingenieurteam von TikTok in Peking erstellt wurde.
Dieses Dokument dreht sich um eine Schlüsselfunktion, die das Kurzvideo-Portal vor allem bei jungen Menschen extrem populär gemacht hat: den Empfehlungsalgorithmus.
Am Montag hat auch «Der Spiegel» über die geleakten Informationen, die sich eigentlich an TikTok-Angestellte richten, berichtet. Titel der Story: «Die Abhängigkeitsmaschine».
Die «New York Times» konstatiert:
Aus den Unterlagen werde deutlich, dass TikToks Algorithmus konsequent für eine möglichst lange Nutzungsdauer der App sorgen soll, konstatieren die «Spiegel»-Journalisten. Nirgendwo sei von einer Begrenzung oder von Massnahmen zur Eindämmung der Bildschirmzeit die Rede.
Das «oberste Ziel» des TikTok-Algorithmus sei es laut den geleakten, englischsprachigen Unterlagen, dass immer mehr Menschen die App täglich nutzen.
All das passe nicht recht zu TikToks Versprechen, das Wohlbefinden der mehrheitlich jungen Userinnen und User im Blick zu haben, kommentiert «Der Spiegel». Das gesamte Empfehlungssystem scheine vielmehr dem Unternehmen zu dienen, das die vielen vor dem Bildschirm verbrachten Stunden an seine Werbekunden vermarkten könne.
Der «Tages-Anzeiger» fasst die Funktionsweise des Empfehlungsalgorithmus wie folgt zusammen:
TikTok sei offenbar geschickt darin, die User-Interaktionen zu bewerten. Wenn man mehrere Videos eines bestimmten TikTok-Stars anschaue, ergebe das eine höhere Bewertung für das entsprechende Interessengebiet, als dies für die Summe der Einzelvideos der Fall wäre. Damit trage der Algorithmus dem Umstand Rechnung, «dass sich der Zuschauer durch sein gezieltes Interesse in ein Thema einfuchst».
Abgesehen von den personalisierten Empfehlungen hat der Algorithmus gemäss den Medienberichten eine zweite Stärke: Er soll gut darin sein, der Langeweile vorzubeugen. Und zwar durch inhaltliche Streuung bei den Kurzvideos.
Grundsätzlich gilt in Erinnerung zu rufen, dass die Kurzvideo-Plattform vor allem bei jungen bis sehr jungen Nutzerinnen und Nutzern beliebt ist. Und gerade bei Minderjährigen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, kann ein übermässiger Social-Media-Konsum negative Folgen haben, wie diverse Studien gezeigt haben.
Die «New York Times» zitiert den unabhängigen Experten Guillaume Chaslot, Gründer von Algo Transparency:
In den USA, wo mehr Frauen als Männer die TikTok-App verwenden, ist laut «Spiegel» ein Viertel aller User im Teenageralter. Weltweit habe die App mehr als eine Milliarde mindestens monatlich aktive Nutzerinnen und Nutzer.
Die Enthüllungen kommen aus Sicht des chinesischen Mutterkonzerns hinter TikTok zu einem unglücklichen Zeitpunkt, hält die «New York Times» fest. Das US-Handelsministerium lasse einen Bericht darüber erstellen, ob TikTok ein Sicherheitsrisiko für die Vereinigten Staaten von Amerika darstellt.
Abschliessend hält der «Tages-Anzeiger» fest, dass die Kritik an den Algorithmen nicht nur unbegründet sei, sondern falsch, da sie von den Verantwortlichkeiten ablenke.
(dsc)
Wie gesagt, if the service is free, you are the product. Und ja, dann wirst du halt verkauft 🤷♂️
Wow, das ist ja der Wahnsinn. Wenn ich etwas like merkt diese Plattform, dass ich das gut finde? Diese Chinesen sind uns einfach meilenweit voraus.