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Musk feuert weitere Twitter-Angestellte und sucht neue für Twitter 2.0

October 28, 2022, Clermont Ferrand, Auvergne Rhone Alpes, France: Elon Musk completes $44 billion deal to own Twitter. Elon Musk has officially taken control of the social network and already fired le ...
Elon Musk beendet Entlassungen und sucht neue Softwareentwickler.Bild: www.imago-images.de

Musk feuert weitere Angestellte und sucht neue für «Twitter 2.0 – an Elon Company»

Twitter ist in drei Wochen von über 7000 auf 2700 Mitarbeiter geschrumpft. Nun stellte sich Musk den Fragen der verbliebenen Angestellten.
22.11.2022, 17:5922.11.2022, 23:55
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Bei Twitter setzt sich der Aderlass fort. Der Finanzdienst Bloomberg und der Technologie-Insiderdienst Platformer berichten, dass Elon Musk am Montag weitere Entlassungen im Verkaufsteam bekannt gab. Die Betroffenen erhielten ihre Entlassung per E-Mail: «Nach einer weiteren Überprüfung unserer Belegschaft haben wir Rollen innerhalb unserer Organisationsstruktur identifiziert, die nicht mehr notwendig sind», heisst es darin. «Heute ist Ihr letzter Arbeitstag im Unternehmen».

Wie viele Angestellte von den neusten Kündigungen betroffen sind, ist unklar. Bloomberg schreibt, dass Twitter in den vergangenen Wochen gegen 5000 seiner knapp 7500 Angestellten verloren habe, also noch rund 2700 Beschäftigte auf der Lohnliste habe.

Davor, am Sonntag, hielt Musk zwei Meetings mit dem Sales-Team ab. Auf Fragen, ob es weitere Kündigungen gebe, sei er nicht eingegangen. Die jüngsten Entlassungen wurden tags darauf kommuniziert.

Bereits am Freitag wurde Robin Wheeler, die bisherige Leiterin des Anzeigenverkaufs, entlassen. Wheeler wollte wie mehrere andere Top-Manager schon vor einer Woche den Hut nehmen, soll aber von Musk gebeten worden sein, zu bleiben. Wheeler bestätigte ihre Vertragsauflösung mit einem Abschieds-Tweet an ihr Team. Einige Mitarbeiter spekulierten, dass Wheeler nun doch gefeuert wurde, weil sie sich geweigert haben soll, weitere Namen ihres Verkaufsteams für die neue Entlassungsrunde vorzuschlagen. Mit Maggie McLean Suniewick und Sarah Rosen verliessen am Freitag zwei weitere hochrangige Managerinnen das Unternehmen.

Musk sucht Mitarbeiter für «Twitter 2.0 – an Elon Company»

Ebenfalls am Montag informierte Musk die Belegschaft während einer Mitarbeiterversammlung, dass er mit den Entlassungen durch sei und ab sofort in den Bereichen Softwareentwicklung und Anzeigengeschäft neue Angestellte rekrutiert würden. «In Bezug auf kritische Einstellungen würde ich sagen, dass Leute, die gut im Programmieren sind, die höchste Priorität haben», sagte er laut US-Techblog The Verge während des Meetings. The Verge berichtete bereits letzte Woche, dass Personalvermittler Softwareingenieure ansprächen und sie bäten, bei «Twitter 2.0 – an Elon Company» einzusteigen.

«Dies ist keine Übernahme von Twitter durch die Rechte. Es ist eine Übernahme von Twitter durch den gemässigten Flügel»
Elon Muskthe verge

Während Musk am Montag in der Twitter-Zentrale in San Francisco etwa eine halbe Stunde lang Fragen von Angestellten beantwortete, sagte er, dass es «keine Pläne» gebe, den Twitter-Hauptsitz nach Texas zu verlegen, wie er es bei Tesla getan habe. Es könne aber Sinn ergeben, einen «Doppel-Hauptsitz» in Kalifornien und Texas zu haben. Den Hauptsitz nach Texas zu verlegen, würde den Eindruck erwecken, «dass Twitter vom linken zum rechten Flügel gewandert ist, was nicht der Fall ist», sagte Musk. «Es handelt sich nicht um eine Übernahme von Twitter durch die Rechte. Es ist eine Übernahme von Twitter durch den gemässigten Flügel».

Musk bezeichnet sich selbst als libertär, der Staat oder Gewerkschaften sind ihm ein Gräuel. Selbst verordnet er sich in der politischen Mitte. Dass ihn die äusserste Rechte als Held der freien Meinungsäusserung feiert, kontrastiert dabei mit seinem Selbstbild respektive dem Bild von sich, das er zu vermitteln versucht.

Weiter sagte Musk: «Wenn wir der digitale Marktplatz der Meinungsäusserung sein wollen, müssen wir Menschen mit einem breiten Spektrum von Ansichten vertreten, auch wenn wir mit diesen Ansichten nicht einverstanden sind.» (Auf die gefeuerten Mitarbeiter, die ihn in firmeninternen Chats oder öffentlich auf Twitter kritisiert hatten, ging er nicht ein.)

Musk und die rechten Influencer

Musk vertritt eine ähnliche Auffassung von Meinungsfreiheit, wie sie Facebook-Chef Mark Zuckerberg lange vertrat. Was nicht explizit gesetzlich verboten ist, soll geduldet werden. Tech-Konzerne geben so die Verantwortung ab und sparen Kosten, da sie weniger Inhalte-Moderation benötigen.

Kritiker werfen Musk deshalb vor, das soziale Netzwerk ohne ausreichende Moderation in einen Nährboden für Hass und Radikalisierung zu verwandeln. Dieser Vorwurf erhielt Nahrung, da Musk als eine seiner ersten Handlungen bei Twitter rund 5000 Leiharbeiter, die primär als Inhalte-Moderatoren tätig waren, fristlos entlassen hat.

In den letzten Tagen entsperrte Twitter diverse Twitter-Profile von rechten Influencern und Musk interagierte mit ihnen.

Zuckerbrot und Peitsche

An einem weiteren Punkt des Mitarbeitermeetings sprach Musk davon, dass Twitter dezentraler werden solle. Konkret sprach er von möglichen Entwicklungsteams in Japan, Indien, Indonesien und Brasilien, da Twitter in diesen Ländern stark genutzt werde. Das Ziel sei aber, dass Twitter künftig überall stark genutzt werde.

Auf die Frage nach der Vergütung der Mitarbeiter bekräftigte Musk, dass die Angestellten Aktienoptionen erhalten sollen. Der neue Twitter-Chef will die verbliebenen Angestellten mit der Aussicht auf Aktien zu Höchstleistungen antreiben. Vor einer Woche schrieb er, dass «aussergewöhnliche Mengen an Aktien für aussergewöhnliche Leistungen zugeteilt werden».

Musk im Krisenmodus

Nach einer ersten Entlassungswelle Anfang November stellte Musk die verbliebenen Angestellten vergangene Woche vor die Wahl, sich zu Überstunden zu verpflichten oder das Unternehmen zu verlassen. In einer E-Mail warnte er, dass es «extrem hardcore» werde, seine Vision eines «Twitter 2.0» umzusetzen. Mehrere Hundert Angestellte haben darauf gekündigt.

Diese Massenkündigungen waren eingeplant und von Anfang an Teil seines Plans, die Unternehmenskultur möglichst rasch umzukrempeln, glauben ehemalige Twitter-Angestellte. Die «Hardcore»-E-Mail und Musks öffentliche Häme für die Entlassenen dürften den Exodus zusätzlich beschleunigt haben.

Allerdings scheinen mehr und insbesondere mehr Top-Leute ihren Job niedergelegt zu haben, als von Musk und seinem Team antizipiert wurde. Laut mehreren US-Medien, die von Twitter-Angestellten mit Informationen versorgt werden, sind viele Teams ausgedünnt oder bestehen teils nur noch aus einer Person.

Musk schaltete danach in den Krisenmodus. Das kurz zuvor erlassene Homeofficeverbot wurde laut dem Technologie-Insiderdienst Platformer aufgeweicht. Einige besonders wichtige Angestellte sollen mit einer massiven Gehaltserhöhung zum Bleiben motiviert worden sein. Zudem brachte Musk rund 100 Angestellte seiner anderen Unternehmen zu Twitter, um die Lücken zu füllen.

Gekündigte Angestellte von Twitter wehren sich derweil gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber. «In den USA wurde eine Sammelklage eingereicht, in Deutschland organisieren sich einige Angestellte über die Gewerkschaft Verdi», schreibt das Techportal golem.de.

(oli)

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108 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schwiizergoof
22.11.2022 18:13registriert Juni 2022
Ich hoffe, dass die restlichen 2700 auch noch gehen und der Typ niemanden mehr findet für sein Twitter 2.0 - wer will für so einen instabilen Chef arbeiten?!
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Macca_the_Alpacca
22.11.2022 18:34registriert Oktober 2021
Wie viele Ex-Angestellte und ihre Familie hat er ohne Rücksicht und ohne mit der Wimper zu zucken in den Abgrund gestürzt? Elon Musk ist der Bodensatz des Kapitalismus, der personifizierte Abschaum.
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Pontifax
22.11.2022 18:14registriert Mai 2021
Ich glaube, er hat sich verkalkuliert.
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