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Ukraine

Putin getrollt: Hacker zeigen Antikriegs-Botschaften im russischen TV

Ausgerechnet als Millionen Russen die Militärparade sehen wollten, schlugen die Hacker zu

Eigentlich sollten am 9. Mai im russischen Fernsehen Bilder der Militärparade ausgestrahlt werden – doch dann sahen viele Russen plötzlich Antikriegsbotschaften und Warnungen: «TV und Behörden lügen», hiess es etwa.
09.05.2022, 10:5909.05.2022, 16:48
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Russisches Fernsehen am Montag: Statt Programminfos sind Botschaften der Hacker zu sehen.
Russisches Fernsehen am Montag: Statt Programminfos sind Botschaften der Hacker zu sehen.bild: twitter / @RacursUa

Hacker haben am Montag über die Programminformationen von russischen TV-Sendern Antikriegsbotschaften verbreitet. Offenbar wurden Sendermenüs, bzw. die Namen der Sendungen verändert, sodass verschiedene Slogans gegen den russischen Angriffskrieg zu sehen waren. Dies kurz vor Beginn der Militärparade auf dem Roten Platz zur Feier des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg.

Die Nachricht der Hacker lautet: «Das Blut Tausender Ukrainer und Hunderter ihrer getöteten Kinder klebt an euren Händen. Fernsehen und Behörden lügen. NEIN zum Krieg!»

Das berichtet unter anderem die ukrainische Zeitung Rakurs, die sich auf Informationen der russischen Oppositionspolitikerin und Moderatorin Xenija Sobtschak beruft. Auf russischsprachigen Twitter-Accounts werden Bilder geteilt, auf denen die gehackten TV-Sendermenüs zu sehen sind.

Das Original-Bild wurde von uns per Google Lens übersetzt: Die TV-Hacker verbreiten über die Programminformationen die Botschaft: «Das Blut Tausender Ukrainer und Hunderter ihrer getöteten Kinder kleb ...
Das Original-Bild wurde von uns per Google Lens übersetzt: Die TV-Hacker verbreiten über die Programminformationen die Botschaft: «Das Blut Tausender Ukrainer und Hunderter ihrer getöteten Kinder klebt an euren Händen.»

Die Botschaft war angeblich bei grossen TV-Sendern wie Channel One, Rossiya-1 und NTV-Plus zu sehen. Der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge tauchten die Mitteilungen auch im Kabelfernsehen auf. Sie sprach von Hacking. Der Cyberangriff soll auch den landesweiten Sender TV Zvezda des russischen Verteidigungsministeriums betroffen haben.

Auch auf Telegram finden sich Videos, welche die gehackten russischen TV-Sender zeigen.

Ausserdem sollen Hacker den russischen Videodienst Rutube angegriffen haben, der zu Rostelecom gehört. Am Montagmorgen war der Dienst nicht erreichbar. Die Entwickler hatten laut Rakurs mitgeteilt, «den Vorfall lokalisiert» zu haben.

Russische TV-Sender wurden schon zuvor gehackt: Laut der britischen BBC ist bestätigt, dass es Anonymous-Aktivisten bereits kurz nach Kriegsbeginn gelang, das russische Fernsehen zu hacken und für zwölf Minuten das Programm zu übernehmen. Der Hack wurde in einem kurzen Videoclip festgehalten, in dem das normale Programm durch Bilder von Bombenexplosionen in der Ukraine unterbrochen wird und Soldaten über die Schrecken des Konflikts sprechen. Die BBC stöberte die Frau auf, die das Video zuerst in den sozialen Medien veröffentlicht hatte. Sie lebt in den USA und erhielt es von ihrem in Russland lebenden Vater.

Die Frau erzählte der BBC: «Mein Vater rief mich an, als es passierte, und sagte: ‹Oh mein Gott, sie zeigen die Wahrheit!› Also habe ich ihn dazu gebracht, es aufzunehmen und ich habe den Clip online gestellt.»

Das besagte Video:

Mitte März wurde Putins öffentlicher Auftritt im Moskauer Luschniki-Stadion vom Staatsfernsehen abrupt unterbrochen – offiziell wegen eines technischen Fehlers. Anonymous-Aktivisten behaupteten damals, sie hätten die Finger im Spiel gehabt und eine technische Störung provoziert.

Die Militärparade zum Nationalfeiertag wird im Fernsehen gezeigt

Russland begeht heute seinen wichtigsten Nationalfeiertag mit der traditionellen Militärparade zum «Tag des Sieges» über Nazideutschland. Millionen Russen verfolgen die Parade und die Rede Wladimir Putins zu Hause an ihren Fernsehgeräten.

Die neusten Hacks sind nicht die ersten Angriffe von Hacktivisten gegen russische Medienportale. Im Februar zum Beispiel waren mehrere Webseiten russischer Medienunternehmen gehackt worden. Auf den Startseiten der Nachrichtenportale Kommersant, Izvestia, TASS, Forbes und Takik Dehl prangte ein Aufruf, in dem dazu aufgefordert wurde, «den Wahnsinn zu stoppen und Söhne und Ehemänner nicht in den sicheren Tod zu schicken».

(t-online, sha, oli)

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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dega
09.05.2022 11:17registriert Mai 2021
Gut gemacht! Zur besten Sendezeit die richtigen Infos zeigen!
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butlerparker
09.05.2022 11:16registriert März 2022
Na, das ist doch mal ein richtig nettes Geschenk zum 9. Mai. Die Wahrheit
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Rivka
09.05.2022 11:42registriert April 2021
Da ist den Hackern ein wirklich guter 'Coup' gelungen. Während der russische Führer seine ach so tolle Armee vor der Welt vorführt, knallt die Wahrheit wie eine Ohrfeige auf den TV's der Russen an deren Gesichter. Viele Europäer wollen es nicht wahrhaben, aber der Grossteil des russischen Volkes unterstützt Putins Kriege und die Brutalität ihrer Soldaten gegen die Ukrainer. Die Russen fühlen sich nie schuldig wegen ihrer Gräueltaten, nicht nur in der Ukraine, und so können sie nicht weitermachen. Wenn sie an der Welt teilhaben wollen, müssen sie weg von ihren imperialistischen Ansichten.
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