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Neues Datenschutzgesetz in der Schweiz: das musst du wissen

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Ganz egal, was du online treibst: Du hast nun per Gesetz mehr Rechte, was den Schutz deiner persönlichen Daten betrifft.Bild: Shutterstock

In der Schweiz gilt ein neues Datenschutz-Gesetz – das musst du wissen

Seit Freitag gilt das neue Schweizer Datenschutzgesetz. Damit bekommen die Nutzerinnen und Nutzer mehr Rechte über ihre Daten. Doch für viele geht es noch nicht weit genug.
02.09.2023, 19:43
Ann-Kathrin Amstutz / ch media
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In viele Schweizer Briefkästen und Mail-Postfächer flattern dieser Tage die Nachrichten: Firmen erklären in kryptischen Worten, sie hätten ihre Datenschutzbestimmungen angepasst. Dies, weil in der Schweiz per 1. September ein neues Datenschutzgesetz in Kraft getreten ist. Was ändert sich damit und was bedeutet es für Privatpersonen und Firmen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ändert sich?

Die Schweiz hat seit 1992 ein Datenschutzgesetz. Doch seither hat sich vieles verändert. Das Parlament hat deshalb beschlossen, dass der Datenschutz strenger gehandhabt werden soll. Das sind die wichtigsten Änderungen, die mit dem neuen Gesetz ab sofort gelten:

  • Neu müssen Nutzerinnen und Nutzer jedes Mal, wenn Personendaten erhoben werden, vorgängig angemessen informiert werden. Bisher galt dies nur für besonders schützenswerte Daten wie beispielsweise Gesundheitsdaten oder Informationen über die politische Gesinnung.
  • Auch genetische und biometrische Daten werden neuerdings als besonders schützenswert eingestuft.
  • Nur noch ein Mindestmass an Daten soll gesammelt werden. Dafür gelten zwei neue Grundsätze: Zum einen müssen Firmen sich schon in der Planung von digitalen Angeboten um den Datenschutz kümmern («Privacy by Design»). Zum anderen muss neu standardmässig ein maximaler Datenschutz voreingestellt sein («Privacy by Default»).
  • Wenn eine Entscheidung durch einen Algorithmus beziehungsweise von einer künstlichen Intelligenz getroffen wird, müssen Betroffene darüber informiert werden. Sie können zudem eine Erklärung einfordern, worauf die Entscheidung beruht, und verlangen, dass diese von einer Person überprüft wird.
  • Wenn eine Datenverarbeitung besonders riskant ist – etwa, wenn öffentliche Bereiche wie eine Bahnhofhalle überwacht werden sollen oder wenn es um eine grosse Menge besonders schützenswerter Daten geht –, müssen die Verantwortlichen eine Datenschutz-Folgenabschätzung vornehmen.

Was bedeutet das, wenn man im Internet surft?

Wie das Bundesamt für Justiz wohlklingend verspricht, soll das Gesetz die Selbstbestimmung über die persönlichen Daten stärken und die Privatsphäre besser schützen. Die Nutzerinnen und Nutzer im Internet bekommen also mehr Rechte in Bezug auf ihre Daten.

Man darf beispielsweise jederzeit von einer Firma verlangen, dass sie den eigenen Datensatz kostenlos herausgibt. Zudem hat man das Recht, die eigenen Daten ändern, berichtigen oder löschen zu lassen, wenn man dies einfordert. Bevor die Daten verwendet werden dürfen, muss eine klare und eindeutige Zustimmung eingeholt werden.

Jedoch hilft das Gesetz nichts, wenn eine Person selbst unsorgfältig mit ihren Daten umgeht. Wie sehr die Sensibilität dafür mit dem neuen Gesetz steigt, ist fraglich.

Was bedeutet es für Schweizer Website-Betreiber?

Firmen, Vereine und Privatpersonen, die personenbezogene Daten sammeln, werden stärker in die Pflicht genommen (siehe auch Punkt 1). Wer eine Website betreibt, muss eine Datenschutzerklärung verfassen. Darin müssen zwingend mindestens folgende Angaben stehen: Zweck der Bearbeitung; Identität und Kontaktdaten einer verantwortlichen Stelle oder Person; wem die Personendaten bekannt gegeben werden; allfällige Staaten, in welche die Daten weitergegeben werden.

Zudem müssen Personendaten vernichtet oder anonymisiert werden, sobald sie zum Zweck der Bearbeitung nicht mehr erforderlich sind. Viele Firmen sassen auf Datenbergen, die sie in der Vergangenheit gesammelt hatten, und mussten aufräumen. Eigentlich hätte das neue Gesetz schon vor einem Jahr in Kraft treten sollen. Der Termin wurde verschoben, um den Firmen eine Übergangsfrist zu gewähren.

Auch internationale Tech-Konzerne wie Google oder der Facebook-Mutterkonzern Meta werden stärker in die Pflicht genommen. Sie müssen eine Datenschutzvertretung in der Schweiz aufstellen, die betroffene Personen direkt kontaktieren können.

Hat das Gesetz auch strafrechtliche Folgen?

Ja. Die Strafbestimmungen werden erweitert und die möglichen Strafen verschärft. So konnten bisher Bussen bis maximal 10'000 Franken verordnet werden; neu sind Bussen bis zu 250'000 Franken möglich.

Auch die Kompetenzen des eidgenössischen Datenschützers (Edöb) werden erweitert. Er bekommt ein eigenes Budget und ist damit unabhängiger. Wenn er eine Verletzung feststellt, kann er neu nicht nur eine Empfehlung, sondern auch eine anfechtbare Verfügung erlassen. So kann er beispielsweise den Unterbruch einer Datenbearbeitung oder die Löschung eines Datensatzes anordnen. Grundsätzlich obliegt die strafrechtliche Verfolgung von Verstössen aber den Kantonen.

Was hat das Ganze mit der EU zu tun?

Das Gesetz stellt die Vereinbarkeit mit den europäischen Bestimmungen sicher. Dies ist wichtig, damit die europäische Union (EU) die Schweiz weiterhin als Land mit einem angemessenen Datenschutzniveau anerkennt. Ansonsten würde ein freier Datenverkehr mit der EU eingeschränkt. Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) würde die Schweizer Wirtschaft damit an Wettbewerbsfähigkeit einbüssen.

Ist die Schweiz nun top beim Datenschutz?

Das neue Gesetz ist eine Verbesserung des Status quo, so der vorherrschende Tenor. Doch für viele geht es noch zu wenig weit. So etwa für die Digitale Gesellschaft, die sich für Bürger- und Konsumenten­schutz im Internet einsetzt. Wie der Verein auf seiner Website schreibt, blieben «notwendige Verbesserungen auf der Strecke». So kenne das neue Gesetz viele Ausnahmen. Sanktionen gegen Firmen seien nur ausnahmsweise möglich. Mitglieder und Mitarbeitende von Behörden könnten gar nicht bestraft werden.

Zudem seien betroffene Personen weitgehend auf sich allein gestellt, da keine Sammel- oder Verbandsklagen möglich seien. Und selbst bei riskanten Vorgängen wie Profiling, wo aufgrund vieler Daten ein differenziertes Bild einer Person erstellt wird, gebe es keine einfachen Widerspruchsmöglichkeiten oder zwingende Einwilligungen.

Auch Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz sprach gegenüber Radio SRF von einer verpassten Chance: «Wir bedauern, dass das Parlament den Paradigmenwechsel nicht vollzogen hat, die Datensammlerei zu verbieten.» Dennoch hofft sie auf Verbesserungen durch das Gesetz.

(aargauerzeitung.ch)

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gimmi
03.09.2023 13:10registriert Juli 2015
Wäre Zeit dass das mal überprüft und durchgesetzt wird bei all diesen telefonterror Firmen. Aber da schläft man einfach und lässt die unbehelligt.
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Sacha B.
03.09.2023 15:30registriert Juni 2020
Das heisst, noch mehr Cookies, noch mehr "sind sie EInverstanden?" etc. etc. was die Leute eh nicht verstehen oder ignorieren und blind auf OK klicken...
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Remus
03.09.2023 13:11registriert Dezember 2016
Achtet auf Eure Daten und beharrt auf Euren Rechten!
Ich zb gehe nun nach Arabien um mir meine Millionen abzuholen die mir ein Scheich per Mail versprochen hatte.
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