Digital
Wirtschaft

Microsoft-Software ist wegen Trump Sicherheitsrisiko – Dänemark reagiert

June 19, 2017 - Washington, District of Columbia, United States of America - United States President Donald J. Trump (left) participates in an American Technology Council roundtable with corporate and ...
Microsoft-Konzernchef Satya Nadella versuchte schon während Trumps erster Amtszeit, sich mit dem launischen Narzissten gut zu stellen.archivBild: imago-images.de

Microsoft-Software ist wegen Trump ein Sicherheitsrisiko – so reagiert Dänemark

Wer den US-Präsidenten Donald Trump erzürnt, hat mit ungeahnten Konsequenzen zu rechnen: der Sperrung von «Microsoft 365». Aber das muss nicht sein, wie die grössten Städte Dänemarks vormachen.
05.06.2025, 20:1006.06.2025, 13:29
Mehr «Digital»

Die zwei grössten Städte Dänemarks, Kopenhagen und Aarhus, gehen einen Weg, vor dem sich die meisten Software-Verantwortlichen hierzulande fürchten: die konsequente Abkehr von Microsoft-Produkten.

Die dänische Zeitung «Politiken» berichtete diese Woche von dem radikalen Vorstoss und lieferte auch gleich die Begründung der Verantwortlichen, warum auf die Software des Marktführers verzichtet werden soll.

«Sollten sich die Beziehungen zu den USA verschlechtern, ist zu befürchten, dass Microsoft gezwungen wäre, alles abzuschalten.»
Henrik Appel Espersen, Präsident des Rechnungsprüfungsausschusses in Kopenhagen

Der Initiant, Henrik Appel Espersen, betont:

«Dieses Risiko ist real. Und wenn wir plötzlich keine E-Mails mehr versenden oder innerhalb unserer Systeme kommunizieren können, stecken wir in Schwierigkeiten.»

Die Hauptsorge ist demnach das willkürliche Abschalten, respektive die Sperrung wichtiger Cloud-Dienste durch den Hersteller Microsoft selbst. Und diese Sorge ist tatsächlich begründet, wie der Fall einer bekannten internationalen Institution letzten Monat zeigte.

Was ist passiert?

Mitte Mai machte die Nachrichtenagentur AP publik, dass der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) keinen Zugriff mehr auf seine E-Mails habe. Microsoft selbst hatte Karim Khan wegen der von Donald Trump verhängten Sanktionen ausgesperrt.

Die Anordnung erliess Trump, weil der internationale Strafgerichtshof wegen des Verdachts auf israelische Kriegsverbrechen im Gazastreifen gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu vorgeht.

Demnach drohen jeder Person, Institution oder Firma in den USA Geldstrafen oder gar Gefängnis, wenn sie dem Chefankläger des Gerichtshofs «finanzielle, materielle oder technologische Unterstützung» gewähren.

FILE - Karim Khan, Prosecutor of the International Criminal Court looks up prior to a press conference in The Hague, Netherlands, July 3, 2023. (AP Photo/Peter Dejong, File)
ICC Trump Sanctions
Der 55-jährige britische Jurist Karim Khan ist Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs.archivBild: keystone

Der US-Techkonzern Microsoft reagierte prompt und blockierte den E-Mail-Account von Khan. Daraufhin wechselte er zum Schweizer Cloud-Mail-Anbieter Protonmail, wie die Nachrichtenagentur von Informanten erfuhr.

Mitarbeiter und Partner hätten bestätigt, die US-Sanktionen würden es dem internationalen Gerichtshof zunehmend erschweren, «grundlegende Aufgaben zu erfüllen», geschweige denn Gerechtigkeit für die Opfer von Kriegsverbrechen oder Völkermord zu suchen.

Laut AP-Bericht gingen die Mitarbeiter die schwierige Situation mit schwarzem Humor an und machten Witze darüber, dass sie Khan nicht einmal mehr einen Stift leihen dürften, sonst liefen sie selbst Gefahr, auf dem Radar der Vereinigten Staaten aufzutauchen.

Es soll hier nicht auf die problematische Persönlichkeit des Chefanklägers und die grundlegenden Probleme des Strafgerichtshofs eingegangen werden.

Und die Steuergelder?

Die Stadtverwaltung von Aarhus hat ähnliche Gründe für ihre Entscheidung angegeben. Wobei von den Verantwortlichen auch Bedenken ins Feld geführt wurden, sensible eigene Daten in die USA zu übermitteln.

Beide dänischen Städte haben sich in der Vergangenheit laut Bericht stark auf Microsoft Office-Programme und die Cloud-Dienste des Unternehmens verlassen.

Der Leiter der Abteilung für digitale Dienste in Aarhus sagte laut «Politiken», ein deutscher Anbieter habe Microsoft in der Stadtverwaltung bereits ersetzt. Durch diese Massnahme könne man die jährlichen Kosten in seiner Abteilung von 800'000 Kronen (rund 100'000 Fr.) auf 225'000 Kronen (knapp 30'000 Fr.) senken.

Im Februar dieses Jahres hatte das dänische IT-Nachrichtenportal «Version2» berichtet, die Microsoft-Ausgaben der dänischen Kommunen seien «explodiert». Eine Auswertung bei allen Gemeinden des Landes habe ergeben, dass der Hauptgrund für die Verdoppelung der Kosten eine Preiserhöhung seitens Microsoft sei.

«Wir mussten Jahr für Jahr deutlich mehr Geld für Microsoft-Lizenzen ausgeben. Die Preiserhöhungen haben die allgemeine Inflation bei weitem übertroffen.»
Steen Vinderslev, Gemeinde Middelfart

Microsoft weigert sich laut Bericht, Informationen zur konkreten Preisentwicklung der letzten sechs Jahre für Cloud-Produkte wie Office 365 herauszugeben. Das US-Unternehmen gab sich aber überzeugt, «wettbewerbsfähige und faire Preise» anzubieten.

Diese Argumentation vermochte den kommunalen IT-Manager Henrik Brix nicht zu überzeugen:

«Vieles davon ist sinnvoll. Aber werden wir durch den Einsatz der neuesten Microsoft-Funktionalität unsere Verwaltung und die Bereitstellung von Sozialleistungen wirklich so viel effizienter gestalten?»
quelle: version2.dk

Die überwiegende Mehrheit der dänischen Kommunen kauft die Microsoft-Produkte über den staatlichen Beschaffungsdienst ein. Und daran wird sich wohl so schnell nichts ändern. Die IT-Verantwortlichen beklagen einen sogenannten «Vendor Lock-in», also eine sehr enge Kundenbindung an das US-Unternehmen, die einen Anbieterwechsel angeblich verunmöglicht.

Das Problem, das es derweil bei den Microsoft-abtrünnigen Grosstädten noch zu überwinden gilt, liegt mehr im motivationspsychologischen Bereich: Die Abkehr von Microsoft-Software sei von der Mehrheit der städtischen Angestellten nicht gut aufgenommen worden.

Quellen

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Facebook und Microsoft verlegen High-Speed-Kabel im Meer
1 / 12
Facebook und Microsoft verlegen High-Speed-Kabel im Meer
Wenn du in Zukunft Katzenbilder oder anderes bei Facebook veröffentlichst, flitzen die Daten womöglich durch diese Leitung. 😉
quelle: microsoft
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Dieses Video beweist: Kakadus sind viel schlauer, als du denkst!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
149 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Xicotencatl Axayacatl
05.06.2025 20:31registriert August 2024
Mir ist es sowieso ein Rätsel, wieso sich annähernd alle Behörden europaweit, inkl. hochsensible, in diese unsägliche Abhängigkeit begibt. Keine Ahnung wie viele Milliarden Steuergeld Microsoft in den A**** geschoben wird. Dass uns das eines Tages auf die Füsse fallen würde, war abzusehen. Auch hier müssen schleunigst europäische -und bessere- Alternativen her.
2509
Melden
Zum Kommentar
avatar
Urs Kipfert
05.06.2025 20:30registriert Februar 2019
Welches Produkt ist neu als Office 365- und Cloud-Alternative in diesen dänischen Kommunen im Einsatz?
1762
Melden
Zum Kommentar
avatar
Kommissar Rizzo
05.06.2025 20:33registriert Mai 2021
Sehr gut. The Orange wird zum grössten Wirtschaftsförderer. Europas!
Jetzt soll auch St. Gallen seinen Entscheid schleunigst korrigieren.
1584
Melden
Zum Kommentar
149
    EU-Länder wollen TikTok, Insta und Co. für Kinder verbieten

    Mehrere EU-Länder wollen Online-Netzwerke wie Tiktok, Instagram und Youtube für Kinder verbieten. Frankreich, Griechenland und Dänemark setzten sich beim Treffen der EU-Digitalminister am Freitag in Luxemburg dafür ein, die Plattformen erst ab 15 Jahren zu erlauben.

    Zur Story