Das E-Auto hat definitiv fahrt aufgenommen. Im August erreichten reine E-Autos und Plug-in-Hybride mit rund 16 Prozent den bislang höchsten monatlichen Marktanteil in der Schweiz. Deren Herzstück und zugleich der Knackpunkt der Elektromobilität ist der Akku. Die Hilfswerke Brot für alle, Fastenopfer und der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) liessen daher erstmals den Umgang der Branche mit Umwelt- und Menschenrechtsfragen bei der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos analysieren.
Die Forscher schreiben: «Die Herstellung dieser Batterien erfordert nicht nur viel Energie, sie verursacht auch eine Reihe ökologischer und sozialer Schäden.» Besonders problematisch sei der wachsende Bedarf an Batterierohstoffen. Möglichst sozialverträgliche und ökologische Akkus werden daher immer wichtiger. Denn «ohne massiven Ausbau der Elektromobilität sind die Abkehr von fossilen Energien und damit eine klimaverträglichere Verkehrsentwicklung kaum zu erreichen», heisst es in der Studie.
Wie also schneiden die wichtigsten Akku-Hersteller ab?
«Gewonnen» hat der südkoreanische Hersteller Samsung SDI, der gesamthaft am besten abschnitt. Auf dem zweiten Platz landet der Schweizer Hersteller ABB. Wichtiger, grösser und deshalb ungleich gefährlicher ist aber der letzte der Rangliste: Es ist der chinesische Weltmarktführer CATL, wie die Forscher schreiben. Ihm werfen sie mangelnde Transparenz vor.
CATL beherrscht rund ein Drittel des weltweiten Marktes für Lithium-Ionen-Batterien und gilt als führender Hersteller von Autobatterien. CATL beliefert etwa BWM, Daimler, Volkswagen, Tesla und PSA (Opel, Peugeot). Der chinesische Akku-Gigant profitiert auch von Pekings Subventionsprogramm «Made in China 2025» zur Förderung der heimischen Elektromobilität.
«Die Rückverfolgbarkeit der Lieferketten weist indessen bei allen Herstellern erhebliche Mängel auf», kritisieren VCS und Hilfswerke. Kaum ein Hersteller macht Angaben zu den Minen, aus denen die Rohstoffe stammen.
Zur Aussagekraft der Studie ist einschränkend zu sagen, dass die Ergebnisse auf den Angaben der Hersteller basieren. Inwiefern die Firmen und ihre Zulieferer die gemachten Angaben wirklich umsetzen, war nicht Gegenstand der Untersuchung.
Wenn die Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht schon mal wahrnehmen, dann vornehmlich da, wo die Weltöffentlichkeit gerade hinblickt: auf sogenannte Konfliktmineralien und auf Kobalt aus der Demokratischen Republik Kongo beispielsweise, das wegen verbreiteter Kinderarbeit in den Minen als problematisch gilt.
«Andere Rohstoffe wie etwa Lithium oder Nickel, deren Abbau ebenfalls gravierende soziale und ökologische Schäden verursacht, werden weitgehend ausgeblendet», monieren die Studienverfasser.
Die Herausgeber der Studie fordern deshalb die Hersteller der Batterien auf, ihre Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette und für alle verwendeten Rohstoffe wahrzunehmen.
Entscheidend sind dabei die Arbeitsbedingungen in den entsprechenden Minen und die sozialen und Umweltfolgen in deren Umfeld. Zudem sollten die Unternehmen Missstände in den Lieferketten nicht nur identifizieren, sondern zusammen mit Akteuren der Zivilgesellschaft für Lösungen sorgen.
Eine lange Lebensdauer der Batterien sowie Zweitnutzungen und Recycling vermindern den Bedarf an ständig neu geförderten Rohstoffen. Verbesserungsmöglichkeiten sehen Fastenopfer, Brot für alle und der VCS daher auch im Ausbau des Recyclings. Solange es für Hersteller rentabler ist, neue Batterie-Rohstoffe in Entwicklungsländern fördern zu lassen statt alte wieder aufzubereiten, besteht von Produzentenseite kaum Interesse am Recycling. Hier müsste der Staat finanzielle Anreize schaffen, damit Batterien möglichst lange genutzt und Batterierohstoffe möglichst vollständig rezykliert werden, finden die Studien-Auftraggeber.
Auch wenn sich die Lebensdauer der Akkus, auch dank Zweitnutzungen, stetig erhöht, irgendwann müssen sie wieder zerlegt werden. «Recycling muss auch dazu beitragen, die CO2-Emissionen der Akkuherstellung zu reduzieren. Bisher richten nur drei der untersuchten Unternehmen ihre Emissionsziele an den Zielen des Pariser Klimaabkommens aus», geben die Hilfswerke und der VCS zu bedenken. Investoren sollen die Elektromobilität daher nicht automatisch als grüne und nachhaltige Anlagekategorie einstufen. Die sozialen und ökologischen Sorgfaltspflichten müssten mitberücksichtigt werden.
Politik und Gesetzgeber sollen technische Innovationen fördern sowie staatliche Anreize und Regulierung schaffen, damit Batterien möglichst lange genutzt und Batterierohstoffe möglichst vollständig rezykliert werden. Für die Wiederverwertung der Rohstoffe sollen Batterien so gebaut werden, dass sie effizient wieder zerlegt werden können.
Und schliesslich nehmen die Forscher auch die Öffentlichkeit in die Pflicht. Unter dem Strich ist die Ökobilanz von Elektrofahrzeugen zwar besser als jene von Fahrzeugen, die mit fossiler Energie betrieben werden. Aber noch besser als ein Elektroauto ist gar kein Auto: also öfter mal den Schlitten stehen lassen und den öV nehmen oder das Velo satteln. Denn: «Der effizienteste Weg, Treibhausgasemissionen zu senken sowie Missstände bei der Fahrzeug- und Batterieherstellung zu vermindern, ist die Reduktion des Fahrzeugbestands.» Das könne beispielsweise auch mit Carsharing und Carpooling erreicht werden.
Die Studie und das Factsheet können auf der Webseite des VCS heruntergeladen werden.
(oli/sda)
Der Erdölabbau ist seit einem Jahrhundert eine einzige Katastrophe für diesen Planeten. Nicht nur wegen den eklatanten Verstössen gegen Menschenrechten und der offensichtlichen Umweltverschmutzung, sondern aus geopolitischen Gründen... kriege etc
Sehr gerne auch eine entsprechende Offenlegung zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltproblem zu allen anderen wichtigen Rohstoffen.
Sollte Standard werden - eine Art Vignette beim Kauf von allen Produkten!