Wirtschaft
Schweiz

Elektro- oder Wasserstoffauto: Wem gehört die Zukunft?

epa07557587 The e.GO Life electric car at the start of the e-car production line of the electric vehicle developer e.GO Mobile AG, which comprises 30,000 units per year, in Aachen, Germany, 09 May 201 ...
Bild: EPA/EPA

Elektro- oder Wasserstoffauto: Wem gehört die Zukunft?

Eine Studie von Avenir Suisse und der Empa gibt darüber Auskunft, wie wir den CO2-Ausstoss unserer Autos auf Null senken können.
18.07.2020, 15:38
Mehr «Wirtschaft»

Die Dekarbonisierung der Gesellschaft ist die wohl bedeutendste Aufgabe in diesem Jahrhundert. Das hat sich mittlerweile auch in Kreisen der Wirtschaft herumgesprochen. Folgerichtig hat der wirtschaftsnahe Thinktank Avenir Suisse zusammen mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt Empa ein Studie erarbeitet, die Auskunft darüber gibt, wie der CO2-Ausstoss des Verkehrs mit nachhaltigen Antriebskonzepten auf Null reduziert werden kann.

Der Schweizer Energiemix ist derzeit noch ausgesprochen öl- und gaslastig. Rund 64 Prozent unseres Energieverbrauchs stammt aus fossilen Energieträgern, rund 8 Prozent aus Kernkraft. Weil die Atomkraftwerke abgeschaltet werden und weil wir spätesten 2050 kein CO2 mehr in die Luft blasen dürfen, bedeutet dies nach Adam Riese, «dass wir für 72 Prozent der heutigen Energieversorgung neue Lösungen finden müssen», wie es Peter Richner von der Empa vorrechnet.

Die Aufgabe ist anspruchsvoll, aber machbar. Richner verweist auf die Periode zwischen 1945 und 1975. Damals mussten gleichzeitig ein um 600 Prozent gestiegener Energieverbrauch und eine Ablösung von Kohle und Holz bewältigt werden.

ZUR EIDGENOESSISCHEN ABSTIMMUNG VOM 21. MAI 2017 UEBER DAS ENERGIEGESETZ STELLEN WIR IHNEN ZUM THEMA SOLARENERGIE FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG – Solar modules are installed on a roof, picture ...
Montage von Solarzellen in der Zürcher Rheinau.Bild: KEYSTONE

Elektrischer Strom lautet die Lösung. Doch damit dies auch klappt, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein: Der Strom muss aus nachhaltigen Quellen (Sonne, Wind) stammen; das Stromnetz muss intelligent genug sein, um die damit verbundenen Unregelmässigkeiten auszugleichen – und der Strom muss gespeichert werden können.

Punkto Solar- und Windstrom steht die Schweiz derzeit noch lausig da. Während in Deutschland bereits 33 Prozent des Stroms aus diesen Quellen stammt, sind es bei uns gerade mal 3,2 Prozent. Der Ausbau vor allem der Photovoltaik – für Windenergie ist unser Land weniger geeignet – ist daher dringend notwendig. Denn wie Richner erklärt:

«Die bis anhin praktizierte Lösung, die benötigte Menge an Strom im Winter aus dem Ausland zu importieren und den Überschuss im Sommer zu exportieren, dürfte in Zukunft nur noch bedingt umsetzbar sein.»

Angenommen wir haben dereinst genügend Strom aus nachhaltigen Quellen: Wie soll er nun im Verkehr eingesetzt werden? Für Elektroautos oder für Wasserstoff oder für synthetische Treibstoffe? Darüber tobt ein eigentlicher Glaubenskrieg. Ein sinnloser, wie Christian Bach von der Empa findet, denn:

«Diese Technologien auf ihre verminderten Teilsystem-Wirkungsgrade zu reduzieren, wird der Sache nicht gerecht, denn der Zeitpunkt und auch der Ort der Erzeugung von erneuerbarer Elektrizität sowie wann und wo diese bezogen wird, ob Energie speicherbar und/oder transportierbar ist, erhält in einem regenerartiven Stromsystem eine höhere Bedeutung.»

Konkret bedeutet dies etwa: Wenn im Sommer ein massiver Überschuss an Solarstrom vorhanden ist, macht es Sinn, damit Wasserstoff zu produzieren, obwohl die Energiebilanz von Wasserstoff suboptimal ist.

Das trifft teilweise auch auf die synthetischen Treibstoffe zu, die auch Syn-Fuels genannt werden. Dazu gehört beispielsweise Methanol, für dessen Herstellung ebenfalls viel Strom benötigt wird.

Die Syn-Fuels können den fossilen Treibstoffen beigemischt werden. Sie sind daher ideal geeignet für einen sanften Übergang. Ihr Nachteil: Ein Liter kostet heute noch zwischen 7 und 8 Franken. Und nachhaltig sind Syn-Fuels nur, wenn sie nicht – wie bisher – grösstenteils aus Erdgas hergestellt werden, sondern aus CO2, das aus der Luft wiedergewonnen wird.

FILE - In this Tuesday, April 16, 2019, file photo, Volkswagen unveils a concept electric SUV, the whimsically named ID. ROOMZZ during the Auto Shanghai 2019 show in Shanghai. Volkswagen says Friday,  ...
VW präsentiert sein Elektro-SUV in Shanghai.Bild: keystone

Was bedeutet dies nun für die Autos der Zukunft? Im Personenverkehr werden sich wohl die Elektroautos durchsetzen. Morten Hannesbo, CEO des Autoimporteurs Amag (VW, Audi, etc.), rechnet mit einem Durchbruch des Elektroautos in «drei bis vier Jahren»:

«Wir werden einen Drittel mit Elektromotor verkaufen. Bis Ende der Dekade fahren zwischen 60 Prozent und 65 Prozent der Neuwagen elektrisch.»

Die Zukunft bei den Lastwagen dürfte hingegen den mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenfahrzeugen gehören. Anders als die Personenwagen brauchen sie kein dicht gewobenes Tankstellennetz.

Die Syn-Fuels schliesslich brauchen ein bisschen staatliche Unterstützung. Nur so können sie ihren Preisnachteil wettmachen. Bach schlägt daher vor, «auf fossilen Treibstoffen eine Umlage zu erheben. Konkret würden damit fossile Treibstoffe verteuert, um synthetische Treibstoffe zu verbilligen.»

Grundsätzlich haben alle drei Technologien ihre Berechtigung. Deshalb macht es keinen Sinn, sie mit geradezu sektiererischem Eifer gegeneinander auszuspielen.

Mehr zu Elektroautos und E-Mobilität

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Tesla präsentiert E-Brummi auf Steroiden
1 / 13
Tesla präsentiert E-Brummi auf Steroiden
Der feuchte Traum jedes Brummifahrers?
quelle: tesla
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Neue Transportvision von Tesla-Gründer Elon Musk
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
252 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Terraner
18.07.2020 17:07registriert April 2020
Wir sollten endlich mehr PV auf die Dächer bringen. Neubauten ohne PV sollten nicht mehr möglich sein. Als perfekter Speicher würden die Baterien der Autos zur verfügung stehen. Dafür müssten aber gute vergütungsmodelle entwickelt werden.

Wir brauchen mehr erneuerbare Energie, alle zukunftsträchtigen Antriebe benötigen sauberen Strom.

Ich habe jetzt endlich meine PV Anlage bestellt. Elektrisch fahre ich bereits einige Jahre. Mit dem eigenem Strom wird es noch mehr Spass machen.
25147
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sharkdiver
18.07.2020 16:00registriert März 2017
Bei uns im Dorf können wir für 40.- pro Jahr unser gesamter grünabfuhr rausstellen und wird eingesammelt und vergast. Könnte man ja CH-weit einführen. Würde man dies ausweiten auf alle Gastrobetriebe und Einkaufsläden/verdorbene Lebensmittel, könnte man wohl Unmengen an Gas produzieren
17022
Melden
Zum Kommentar
avatar
El Vals del Obrero
18.07.2020 19:42registriert Mai 2016
Ich denke das sollte keine Entweder/Oder-Frage oder gar ein Kampf sein.

Wenn elektrische Energie als Wasserstoff gespeichert wird, ist der Verlust Recht hoch. Deshalb sind für den regionalen PKW-Verkehr Akkus wohl besser. Wenn der Wasserstoff mit wetterabhängigem Überschussstrom erzeugt werden kann und damit Fahrzeuge betrieben werden können (grosse Langstrecken-LKWs, Flugzeuge) bei denen die Akkus noch zu schlecht sind ist es denoch auch sinnvoll.
571
Melden
Zum Kommentar
252
Ein Ja ist mehr als ein Nein: Darum ist das AHV-Urteil richtig
Das Bundesgericht hat die Beschwerden gegen die AHV-Abstimmung abgewiesen. Das Urteil mag die Frauen ärgern, doch eine Annullierung hätte zu einem Chaos geführt.

Gross war der Ärger vieler Frauen über das Ja zur AHV 21 vor zwei Jahren. Das Ergebnis war äusserst knapp (50,5 Prozent), und eine Mehrheit hatte gegen die Anhebung ihres Rentenalters von 64 auf 65 Jahre gestimmt. Gross war deshalb die Hoffnung, als im August bekannt wurde, dass die Finanzlage der AHV positiver ist als damals behauptet.

Zur Story