Seit 100 Tagen ist Alexander Van der Bellen Bundespräsident Österreichs. Dies nahm ORF zum Anlass für einem Beitrag. Folgende Sequenz sorgte dabei für Diskussionen:
«Jede Frau kann ein Kopftuch tragen. Und wenn das so weitergeht bei der tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun», so äusserte sich Van der Bellen.
Die Reaktion fällt heftig aus. Auf Social Media wird geschäumt, die FPÖ poltert und die als rechtsextrem eingeschätzte Gruppierung «Identitäre Bewegung Österreich» fordert gar einen Rücktritt.
Meine Antwort an #vdb #wehrdich #nichtmitmir pic.twitter.com/sno5fIHgeZ
— Alina von Rauheneck (@Alina_Rauheneck) 26. April 2017
Van der Bellens eher komplizierte Aussage wird dabei ganz einfach übersetzt: «In Österreich müssen bald alle Kopftuch tragen!» Andere, die von der «Krone Zeitung» als «Ausnahmen» bezeichnet werden, nehmen den Präsidenten in Schutz. Es handle sich bei dem Satz um eine «ironische Zuspitzung».
Um den Satz in den nötigen Kontext zu setzen, veröffentlichte ORF einen längeren Ausschnitt. Darin wird klar, dass Van der Bellen auf die Frage einer Schülerin antwortet und mit seiner Aussage etwas ungeschickt vor Islamophobie warnen will. Doch was danach kommt, hilft Van der Bellen nicht.
Er führt weiter aus und landet in der Falle des Nazi-Vergleichs. In Dänemark sei es zur Zeit der Nazi-Besatzung auch dazu gekommen, dass nicht-Juden den gelben Stern aus Solidarität mit ihren jüdischen Mitbürgern getragen hätten. Solche Nazi-Vergleiche sind stets eine knifflige Sache und erst recht, wenn sie historisch umstritten sind.
Die Geschichte, dass dänische Christen den Judenstern aus Solidarität getragen hätten, ist historisch nicht belegt. Grundsätzlich konnte die deutsche Besatzung die Einführung des Judensterns in Dänemark nicht durchsetzen. Er wurde also eher von Niemandem getragen, als von allen.*
Klar ist hingegen, dass sich Van der Bellen mit seiner Aussage keinen Gefallen getan hat. Ihm ist entgegen zu halten, dass er bei solchen brisanten Themen als erfahrener Politiker seine Worte umsichtiger wählen müsste. Die aufgebauschte Entrüstung auf rechter Seite, wo Traditionalisten plötzlich zu Frauenrechtlern werden, ist aber ebenfalls zu kritisieren. (leo)