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WHO ruft wegen Affenpocken «internationale Notlage» aus

Gefärbte Aufnahme von Affenpocken im Elektronen-Mikrograph.
Gefärbte Aufnahme von Affenpocken im Elektronen-Mikrograph.bild: keystone

WHO ruft wegen Affenpocken «internationale Notlage» aus

Dass die Affenpocken sich plötzlich ausbreiten, wo sie nie vorkamen, besorgt die WHO. Auch, wenn sich die Krankheit nicht so leicht verbreitet wie das Coronavirus, zündet die WHO die höchste Alarmstufe.
23.07.2022, 16:2524.07.2022, 12:38
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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Affenpocken-Ausbruch in mehr als 50 Ländern zu einer «Notlage von internationaler Tragweite» erklärt. Das gab WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Samstag bei einer Pressekonferenz in Genf bekannt.

Die WHO rief damit die höchste Alarmstufe aus, die sie bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann. Praktische Folgen hat das nicht, denn die Regierungen entscheiden selbst über Massnahmen in ihren Ländern. Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer aber dazu bewegen, Massnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen. Sie sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmassnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann.

Tedros nannte die Zahl von mehr als 16'000 bestätigten Fällen in mehr als 60 Ländern, von denen viele vorher praktisch keine Affenpocken-Fälle kannten. In sechs afrikanischen Ländern, in denen das Virus schon früher auch Menschen infiziert hatte, waren es über 240 Fälle. In der Schweiz sind bislang 229 Affenpocken-Fälle nachgewiesen.

Infektionen durch engen Körperkontakt

Auch den Ausbruch des Coronavirus Sars-CoV-2 hatte die WHO am 30. Januar 2020 als solche Notlage deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei Affenpocken auf dieselben Massnahmen wie bei der Corona-Pandemie einrichten müssen. Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder Husten ausstossen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem Wissensstand in der Regel durch engen Körperkontakt.

Die WHO richtet je nach Krankheit bei Bedarf Notfallausschüsse ein, die mit jeweils anderen Fachleuten besetzt werden. Zur Zeit gilt neben der Notlage internationaler Tragweite wegen Corona seit 2020 auch eine Notlage wegen Polio-Ausbrüchen (seit 2014).

Affenpocken bei zwei Kindern in USA festgestellt

In den USA sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC mittlerweile zwei Fälle von Affenpocken bei Kindern bestätigt worden. Beide seien in dieser Woche nachgewiesen worden, sagte die stellvertretende Leiterin der CDC-Abteilung für Krankheitserreger mit hohem Risiko und Pathologie, Jennifer McQuiston, am Freitagabend (Ortszeit). Insgesamt gebe es in den USA inzwischen mehr als 2800 bestätigte Fälle.

Bei einer Affenpocken-Infektion können Hautausschlag, geschwollene Lymphknoten, Entzündungen in der Genital- und Analregion sowie Fieber, Schüttelfrost und Muskelschmerzen auftreten. In der Regel verläuft die Krankheit nicht tödlich. Die meisten Betroffenen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation Männer, die Sex mit Männern haben. Generell kann sich aber jeder infizieren, der engen körperlichen Kontakt mit Infizierten hat.

In der Schweiz müssen Ansteckungen mit Affenpocken seit dem 20. Juli dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeldet werden.
In der Schweiz müssen Ansteckungen mit Affenpocken seit dem 20. Juli dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeldet werden.bild: shutterstock

In der heutigen Gesellschaft sei es normal, mit vielen verschiedenen Menschen Kontakt zu haben, sagte McQuiston. «Und obwohl sich dieser Ausbruch gerade in einem bestimmten sozialen Netzwerk ausbreitet, haben wir von Anfang an darauf hingewiesen, dass es auch Fälle ausserhalb dieser Netzwerke geben kann und dass wir darauf achten und bereit sein müssen, darauf zu reagieren.»

Wegen der Häufung von Ansteckungen in Ländern, in denen die Infektionskrankheit bislang praktisch unbekannt war, hatte die WHO im Juni einen Notfall-Ausschuss eingerichtet.

(oli/sda/dpa/t-online)

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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nelson Muntz
23.07.2022 19:23registriert Juli 2017
just name it! Die Angst vor einem Shitstorm wenn man deutlich sagt wer wirklich betroffen ist, ermöglicht die Verbreitung erst recht.
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Hyper80
23.07.2022 18:52registriert Juni 2020
Möge die Stigmatisierung gegenüber der LGBTQ+ Community beginnen. Wobei es tatsächlich wertvoll wäre, wenn alle bei sexuellem Kontakt Sorge tragen und auf ihren Körper achten. Und das nicht nur wegen den Affenpocken. HIV ist mittlerweile weit davon entfernt „nur“ eine Schwulenkrankheit zu sein.
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