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Fünf Szenarien, wie der Ukraine-Krieg enden könnte

Russian President Vladimir Putin, right, leads a meeting on on economic issues in Moscow, Russia, Monday, Feb. 28, 2022. (Alexei Nikolsky, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP)
Der isolierte Präsident: Wladimir Putin spricht am Montag mit Wirtschaftsvertretern an einem ganz langen Tisch.Bild: keystone
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Fünf Szenarien, wie der Ukraine-Krieg enden könnte

Die russische Invasion in der Ukraine läuft nicht nach Plan. Umso mehr stellt sich die Frage nach einer möglichen Exit-Strategie. Die Szenarien reichen von einer Eskalation bis zu Putins Sturz.
01.03.2022, 19:22
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Charkiw ist mit 1,5 Millionen Einwohnern die zweitgrösste Stadt der Ukraine. Die grosse Mehrheit spricht vorwiegend oder ausschliesslich Russisch. Der russische Name Charkow ist weltweit fast bekannter als die ukrainische Bezeichnung. Man kann sich gut vorstellen, dass die Invasions-Armee glaubte, mit offenen Armen empfangen zu werden.

In Wirklichkeit ist sie mit erbittertem Widerstand konfrontiert. Nirgends wird heftiger gekämpft. Die Russen schrecken offenbar vor Artillerie- und Raketenangriffen auf zivile Ziele nicht zurück. Charkiw ist zu einem Symbol geworden für einen russischen Einmarsch, der überhaupt nicht so verläuft, wie man das im Kreml wohl gedacht hatte.

Video: watson

Die Vorstellung, man könne die ukrainische «Nazi-Regierung» mit einem «Blitzkrieg» stürzen, hat sich als Illusion entpuppt. Nennenswerte Fortschritte machen die Invasoren einzig im Süden. Sonst verläuft kaum etwas nach Plan. Selbst den Luftraum scheinen die Russen nicht unter Kontrolle zu haben. Um die Moral der Truppe soll es schlecht bestellt sein.

Ein Papiertiger

Für einige westliche Experten sei die vermeintlich furchterregende russische Armee ein «Papiertiger», schreibt der «Economist». Sie kämpfe «schlechter als 2008 in Georgien», analysiert der polnische Militärexperte Konrad Muzyka auf Twitter. Damals gewannen die Russen den Krieg rasch, doch es wurde ein grosser Modernisierungsbedarf festgestellt.

Nun wundern sich viele, ob die Reformen nicht weit genug gingen (oder von der berüchtigten russischen Korruption «verwässert» wurden). Angesichts des hartnäckigen ukrainischen Widerstands und der russischen Probleme stellt sich die Frage, wie dieser durch Wladimir Putins Revanchismus und Realitätsverweigerung ausgelöste Krieg enden könnte.

Das absolute Schreckensszenario wäre eine Ausweitung auf einen Welt- oder sogar Atomkrieg. Die Gefahr ist angesichts von Putins zunehmend erratischem Verhalten nicht von der Hand zu weisen. Geht man jedoch davon aus, dass es nicht zum Äussersten kommen wird, lassen sich fünf Szenarien für eine «Exit-Strategie» skizzieren:

Eskalation

MOS04-20000324-GROZNY, CHECHNYA, RUSSIAN FEDERATION: A Chechen man carries the remains of a bed as he passes through a scene of total devastation in the Chechen capital Grozny, Friday 24 March 2000. R ...
Grosny wurde im Tschetschenien-Krieg weitgehend zerstört. Droht Kiew ein ähnliches Schicksal?Bild: EPA

Das Vorbild könnte der zweite Tschetschenien-Krieg von 1999 sein. Mit einem massiven und brutalen Militäreinsatz gelang es, die abtrünnige Kaukasus-Republik unter Kontrolle zu bringen. Die Hauptstadt Grosny wurde zu einem grossen Teil zerstört. Jetzt könnte Putin ein ähnliches Szenario anstreben, um eine Marionettenregierung in Kiew zu installieren.

Prognose: Putin ist eine Eskalation zuzutrauen, aber die Verluste wären enorm und der Hass der Ukrainer auf die Russen grenzenlos. Ein Problem wäre auch die russische Bevölkerung. Die Tschetschenen waren ihr egal, doch viele haben Freunde und Verwandte in der Ukraine. Deshalb vermeidet die Propaganda den Begriff «Krieg».

Stellungskrieg

Refugees from Ukraine cross into Poland at the Medyka crossing, Tuesday, March 1, 2022. Ambassadors from dozens of countries on Monday backed a proposal demanding that Russia halt its attack on Ukrain ...
Ukrainische Flüchtlinge überqueren die polnische Grenze bei Medyka.Bild: keystone

Keine der beiden Seiten ist zum Nachgeben bereit. Es kommt zu einem langwierigen und zerstörerischen Kräftemessen, einer Art modernem Stellungskrieg. Die Ukrainer würden mit Waffen und Geld aus dem Westen versorgt und könnten die russische Armee in Schach halten. Gleichzeitig wäre mit massiven Flüchtlingsströmen zu rechnen.

Prognose: Dieses Szenario ist möglich, aber eigentlich hat niemand daran ein Interesse. Die russische Propaganda versucht den Eindruck zu vermitteln, beim Einmarsch in die Ukraine handle es sich um eine beschränkte «Spezialoperation». Bei einem langen Krieg im Nachbarland mit vielen toten Soldaten würde sie in Erklärungsnot geraten.

Friedensvertrag

epa09791535 A handout photo made available by BelTA news agency shows Russian delegation (L), including Russian presidential aide Vladimir Medinsky (2-L), and Ukrainian delegation (R) attending Russia ...
Am Montag verhandelten Russen und Ukrainer in Belarus.Bild: keystone

Am Montag, nach nur vier Kriegstagen, kam es in Belarus zu Gesprächen zwischen einer russischen und einer ukrainischen Delegation. Es ist ein Indiz, dass auch die Russen an einem möglichst raschen Kriegsende interessiert sind. Einen Durchbruch gab es nicht, doch ein solcher wäre nach der ersten Runde ein gewaltiges Wunder gewesen.

Prognose: Es wäre eine für beide Seiten gesichtswahrende Lösung. Doch der Teufel liegt im Detail. Es könnte darauf hinauslaufen, dass die Russen die Souveränität der Ukraine und ihre Regierung anerkennen. Diese legt die Nato-Mitgliedschaft «auf Eis», dafür darf sie den EU-Beitritt anstreben. Der Westen könnte dabei Überzeugungsarbeit leisten.

Rückzug

Putin und seine Entourage kommen zur Einsicht, dass sie sich mit ihrem Ukraine-Abenteuer verrannt haben. Also beenden sie die Militäroperation und begnügen sich damit, die Krim weiterhin zu beherrschen sowie die Separatistengebiete im Osten auf die gesamten Bezirke Donezk und Luhansk auszudehnen. Die Russen könnten so ihren «Friedenswillen» zeigen.

Prognose: Das Szenario ist realistischer, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Das Staatsfernsehen versucht den Russinnen und Russen einzureden, beim Einsatz in der Ukraine gehe es um die «Befreiung» der Donbass-Region. Der Konflikt wäre weiterhin «eingefroren», aber Putin könnte sein Image als rationaler Staatsmann aufpolieren.

Sturz

Der US-Historiker Aaron Astor ist überzeugt: «Dieser Krieg wird mit einem Regimewechsel enden – in Moskau.» Meuterei und innerer Zusammenbruch würden das Putin-Regime zu Fall bringen, «nicht über Nacht, doch es wird geschehen». Eine Möglichkeit wäre, dass führende Köpfe aus Politik und Militär den «übergeschnappten» Präsidenten stürzen.

Prognose: Aus der Ferne lassen sich die internen Abläufe und Strukturen in der russischen Führung kaum beurteilen. Wladimir Putin scheint nur auf einen kleinen Kreis von Vertrauten zu hören, darunter andere Ex-KGB-Leute. Bei einem andauernden und verlustreichen Krieg aber könnten Generäle und andere Offiziere zur Tat schreiten.

In diesem Krieg scheint einiges möglich, selbst ein Horrorszenario, vor allem wenn Putin das Gefühl hat, er stehe mit dem Rücken zur Wand. Der Westen wird deshalb neben den harten Sanktionen versuchen müssen, ihm eine Brücke zu bauen, vielleicht im Verbund mit China. Denn auch in Peking dürfte man über den Verlauf des Kriegs nicht glücklich sein.

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191 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Daniel Pünter
01.03.2022 19:47registriert April 2021
Solange Europa (mit der CH) weiterhin Öl und Erdgas von Russland kauft, finanzieren wir Putins Krieg. Ein Embargo wäre sofort nötig, um ihm weitere finanzielle Mittel zu entziehen. Freiheit kostet, gehen wir es an.
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Pebbles F.
01.03.2022 19:54registriert Mai 2021
Wenn Putin ein Herz hätte, dann wäre vielleicht ein tödlicher Infarkt hilfreich? So muss die Aufgabe von einem seiner Diener übernommen werden.
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Hadock50
01.03.2022 19:52registriert Juli 2020
Die Wahrheit stirbt zuerst, die Hoffnung zu letzt.
Hoffen wir das entweder Putin zu Vernunft kommt, oder aber es in der russische Spitze Menschen mit gesundem Verstand gibt, die handeln und Putin absetzen....
Ich denke viele in der russischen Hirarchi sind nicht oder nur teilweise mit Putin einverstanden, handeln aber aus Agst vor konsequenzen (Gefängniss/arbeitslager) nicht.
🙏🕊
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