Deutschland steckt in der Krise. Dennoch sorgte die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar für wenig Aufregung. Der Wahlkampf verlief flau, einzig Elon Musk sorgte für eine gewisse Aufregung. Das äussert sich in den Umfragewerten, die sich seit Wochen kaum verändern. Bei CDU/CSU zeigte man sich zunehmend nervös über die Weichspül-Kampagne von Kanzlerkandidat Friedrich Merz.
Dann geschah der Messerangriff auf eine Kindergartengruppe im bayerischen Aschaffenburg am letzten Mittwoch. Ein zweijähriger marokkanischer Junge und ein 41-jähriger Deutscher kamen ums Leben. Es war der vierte Anschlag mit Todesopfern innert Jahresfrist nach Mannheim, Solingen und der Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt.
Friedrich Merz witterte seine Chance. Am Freitag kündigte er Anträge im Bundestag zur Verschärfung der Migrationspolitik an. Die CDU/CSU-Fraktion werde sie einbringen, «unabhängig davon, wer ihnen zustimmt», betonte der Kanzlerkandidat in Berlin. Faktisch deutete er an, eine Unterstützung durch die rechtsradikale AfD in Kauf zu nehmen.
Damit brannte in Berlin der Baum: Hatte der CDU-Chef an der «Brandmauer» zur AfD gerüttelt, oder sie gar zum Einsturz gebracht, wie einige Medien schrieben? Bis zu diesem Zeitpunkt galt jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und ihren rechtsextremen Exponenten als Tabu. «Die Brandmauer ist gefallen!», jubelte Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf X.
Auf der anderen Seite waren Aufregung und Entsetzen gross, obwohl Merz betonte, man werde mit der AfD weder regieren noch Anträge von ihr unterstützen. Kritik gab es vom einflussreichen Merkel-Flügel in der CDU. Doch an der Basis der Unionsparteien kann man sich ein Arrangement mit der AfD zunehmend vorstellen.
Eher gedämpft ist der Widerstand bei SPD und Grünen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Samstag, die Forderung in Merz’ Fünf-Punkte-Plan nach dauerhaften Grenzkontrollen und einem faktischen Einreiseverbot für alle ohne gültige Dokumente, auch für Asylsuchende, sei mit dem Grundgesetz und den europäischen Verträgen nicht vereinbar.
Am Wahlparteitag der Grünen warnte Kanzlerkandidat Robert Habeck vor einer bröckelnden Brandmauer: «Nichts daran ist harmlos.» Doch die Grünen stecken in der Klemme. Sie hofften, die Migration werde im Wahlkampf keine grosse Rolle spielen. «Allein, dass sie jetzt wieder das bestimmende Thema ist, ist für sie also unglücklich», hiess es auf t-online.de.
Für Sozialdemokraten und Grüne ist nicht nur die aufgeheizte Stimmung nach dem Anschlag eines abgewiesenen Asylbewerbers ein Problem. Beide wollen sich der Union, der wahrscheinlichen Wahlsiegerin, als Koalitionspartner empfehlen. Deshalb müssen sie ihre Kritik genau abwägen. In diesem Punkt scheint das Kalkül von Friedrich Merz aufzugehen.
Gleichzeitig geht der CDU-Kandidat auf Distanz zur AfD. In der Einleitung des Fünf-Punkte-Plans heisst es: «Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.» Worauf bei den Rechtspopulisten die anfängliche Freude verflog.
Am Sonntag legte Merz gegenüber der «Bild»-Zeitung nach: «Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Darauf können sich alle verlassen.» Also keine schwarz-blaue Koalition oder ein anderes Bündnis nach den Wahlen. Bei der Abstimmung im Bundestag setzen CDU/CSU vielmehr auf Zuspruch von SPD und Grünen. Die FDP ist ohnehin dafür.
Mit dem Rütteln an der «Brandmauer» lockt Friedrich Merz die Parteien der gescheiterten Ampel-Regierung aus der Reserve. Ob sein Pokerspiel aufgeht – die Debatte ist für Mittwoch angesetzt – dürfte zweitrangig sein. Es ist ohnehin fraglich, ob ein solches Votum vor den Wahlen in knapp einem Monat im «Lame Duck»-Bundestag etwas bewirken wird.
Für den 69-jährigen Friedrich Merz geht es darum, sich der Bevölkerung als «Macher» zu empfehlen, der die realen oder gefühlten Probleme bei der Migration anpacken will. Die Zweifel von Juristen oder der Polizeigewerkschaft – sie hält flächendeckende Kontrollen und Rückweisungen an der Grenze aus personellen Gründen für «nicht umsetzbar» – müssen ihn nicht kümmern.
Ob seine Rechnung aufgeht, werden die Umfragen zeigen. Am Rande einer Veranstaltung am Samstag in Künzelsau in Baden-Württemberg äusserte sich der Kanzlerkandidat ausgesprochen forsch: «Wir haben ein Potenzial jenseits der 35 Prozent, manche Experten sagen sogar 40 Prozent», sagte er in einem Interview mit der «Heilbronner Stimme».
Das scheint sehr optimistisch, doch Merz hat schon wieder vorgelegt. Er will das Fernsehduell mit Olaf Scholz um Robert Habeck und Alice Weidel erweitern. «Ein direktes Aufeinandertreffen mit Alice Weidel im Fernsehen ist meine feste Absicht. Dann wird noch mal klar, dass AfD und Union nichts verbindet», sagte Merz dem Medienhaus WMH.
Die von ARD und ZDF übertragene Debatte soll am nächsten Sonntag stattfinden. «Eine Diskussionsrunde zu viert ist für die Wählerinnen und Wähler sicher erhellend», meinte Merz. Sein «Flirt» mit der AfD und der Kantengang bei der Brandmauer ist ein heikles Unterfangen. Es kann sich für den CDU-Kandidaten auszahlen – aber auch ziemlich ins Auge gehen.
Ist es nicht das Recht und die Aufgabe des Staats zu schauen, wer aufgenommen wird und wer nicht?
Beispiele Australien!
Wenn da etwas nicht stimmt kannst grad wieder gehen oder 'wirst gegangen '.