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Das Problem von Donald Trump heisst Kari Lake

FILE - Arizona Republican candidate for governor, Kari Lake, gives a thumbs up to the crowd as former President Donald Trump speaks at a Save America rally on July 22, 2022, in Prescott, Ariz. Lake, a ...
Der Ex-Präsident und seine Musterschülerin Kari Lake.Bild: keystone
Analyse

Das Problem von Donald Trump heisst Kari Lake

Sie war die Botschafterin der Big Lie und ein aufstrebender Star der Republikaner – und sie hat verloren. Reisst sie auch den Ex-Präsidenten in den Abgrund?
16.11.2022, 12:1917.11.2022, 09:35
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Mit der Big Lie, der absurden Behauptung, wonach die Wahlen 2020 manipuliert worden seien und Joe Biden ein unrechtmässiger Präsident sei, hatte Donald Trump die Grand Old Party (GOP) trotz seiner Wahlniederlage fest im Griff. Die wirksamste Botschafterin dieser Lüge war Kari Lake. Die ehemalige TV-Moderatorin kandidierte als Gouverneurin für den Bundesstaat Arizona und hatte gemäss Umfragen beste Chancen, es auch zu werden, zumal ihre demokratische Konkurrentin Katie Hobbs als eher langweilige Technokratin gilt.

Daher wurde Lake in den letzten Monaten zu einem aufstrebenden Star bei den Republikanern. Tatsächlich bringt sie alles mit: Sie ist attraktiv und sehr gewandt im Umgang mit den Medien. Um im richtigen Licht zu erscheinen, pflegt sie bei Interviews jeweils mit ihrer eigenen Beleuchtungscrew anzutreten. Ihre Auftritte waren so wirksam, dass Lake bereits als mögliche Vize-Kandidatin mit ihrem Idol Trump gehandelt wurde.

Vielleicht sind die Wahlen 2020 nun endgültig vorbei

Der Ex-Präsident war ebenfalls hingerissen von seiner Musterschülerin. «Wenn sie gefragt wird ‹wie geht es der Familie›, dann antwortet sie: ‹Die Wahlen waren manipuliert und gestohlen›», prahlte er.

Aus dem Traumpaar Trump/Lake wird wohl nichts werden. Lake hat verloren, und damit hat sie das Ende der Big Lie eingeläutet. So konstatiert das konservative «Wall Street Journal»: «Wenn nicht einmal Ms. Lake mit dem Slogan ‹Stop the Steal› gewinnen konnte, dann ist es sehr schwer, sich vorzustellen, dass irgendjemand anderes dies schaffen wird. Vielleicht sind die Wahlen von 2020 nun endgültig vorbei.»

Kari Lake ist die prominenteste, aber keineswegs die einzige Verliererin der Big-Lie-Fraktion. Obwohl sie von Trump unterstützt wurden, konnten sich nur wenige durchsetzen. Die entscheidenden Posten – Gouverneur, Secretary of State und Justizminister – in den entscheidenden Swing States – Pennsylvania, Arizona, Georgia, Michigan und Wisconsin – bleiben entweder in demokratischer Hand oder bei Republikanern, die Trumps Niederlage längst anerkannt haben.

Trotzdem hat Trump gestern angekündigt, er wolle 2024 wieder ins Weisse Haus einziehen. Das hat niemanden überrascht, aber zu zwei diametral entgegengesetzten Prognosen über seine Siegeschancen geführt.

FILE - In this Monday, Aug. 29, 2016, file photo, Gov. Chris Christie answers a question as he addresses the media in Trenton, N.J. On Tuesday, Oct. 11, 2016, Christie said he still supports Donald Tr ...
Geht auf Distanz zu Trump: Chris Christie, ehemaliger Gouverneur von New Jersey.Bild: AP/AP

Für die einen ist die Kandidatur des Ex-Präsidenten ein verzweifelter Versuch, wieder im Rampenlicht zu stehen, ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt sein wird. Der Kaiser, respektive Trump, sei nackt, seine Magie habe ihre Wirkung verloren. Trump sei langweilig geworden, selbst sein grösster Fan, Fox-News-Moderator Sean Hannity, habe sich aus der wirren Rede verabschiedet, in der der Ex-Präsident seine Kandidatur offiziell angemeldet hat, stellen die Kritiker fest.

Selbst Mike Pence kritisiert nun Trump

Tatsächlich läuft es derzeit schlecht in Mar-a-Lago. Prominente Republikaner wie Chris Christie oder Mitt Romney machen Trump verantwortlich für das enttäuschende Abschneiden der GOP bei den Midterms. Wichtige Mäzene wollen ihn nicht mehr unterstützen und treue Fans beschwören ihn, nicht mehr anzutreten. Selbst Mike Pence äussert Sätze über Trump, die man als Kritik interpretieren kann.

Marc A. Thiessen, ein ehemaliger Mitarbeiter von George W. Bush und konservativer Kolumnist in der «Washington Post», schreibt, ja er fleht geradezu: «Mr. Präsident. Um ihrer Reputation und des Wohls des Landes willen, wenn Sie Amerika wieder stark machen wollen – bitte, verzichten Sie.»

Die Demokraten ihrerseits würden es daher ganz gerne sehen, wenn die Republikaner erneut Trump ins Rennen schicken würden. Dies ist eine trügerische, wenn nicht gar gefährliche Hoffnung. Trump ist zwar angeschlagen, aber nicht erledigt. Er verfügt nach wie vor über eine ihm blind ergebene Basis innerhalb der GOP, und Politik ist bekanntlich ein Spiel mit sehr vielen Unbekannten.

FILE - Rep. Elise Stefanik, R-N.Y., speaks at DMI Companies in Monongahela, Pa., Sept. 23, 2022. The No. 3 ranking House Republican Stefanik is endorsing Donald Trump for president in 2024, becoming t ...
Steht hinter Trump: Elise Stefanik, die Nummer drei der GOP.Bild: keystone

Den Trump-Kritikern in den eigenen Reihen stehen namhafte Trump-Befürworter gegenüber, etwa Lindsey Graham, der einflussreiche Senator aus South Carolina, oder die Abgeordnete Elise Stefanik, die Nummer drei im republikanischen Führungsteam des Abgeordnetenhauses. Sie alle haben sich bereits hinter den Ex-Präsidenten gestellt.

Zudem befindet sich die GOP am Rande eines Bruderkrieges. Ron DeSantis, Gouverneur aus Florida, und Glenn Youngkin, Gouverneur aus Virginia, werden inzwischen als mögliche Herausforderer von Trump gehandelt. Beide haben ihre Wahlen sehr erfolgreich gestaltet, beide werden bereits von Trump heftig attackiert.

Ein Bruderkrieg könnte Trump in die Hände spielen. So schreibt Kevin Williamson vom konservativen Thinktank Competitive Enterprise Institute in der «New York Times»: «Bitterkeit und Vorwürfe sind Trumps wichtigste Werkzeuge, und gerade wenn die Republikaner am Tiefpunkt angelangt sind – wenn sie sich verwundbar, schikaniert und an den Rand gedrängt fühlen – dann ist Trump in politischer Hochform.»

epa10291363 Herschel Walker campaigns for Senate in front of his bus which bears a larger than life image of himself during an event in Hiram, Georgia, USA, 06 November 2022. The US midterm elections  ...
Muss gewinnen: Herschel Walker.Bild: keystone

Bereits nach dem 6. Januar 2021 kam die Hoffnung auf, dass nun Trump definitiv erledigt sei. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Dem Ex-Präsidenten ist es vielmehr gelungen, die GOP in kürzester Zeit in eine Kultbewegung mit ihm als Führer zu verwandeln.

Bleiben die Erfolge jedoch aus, dann geraten selbst Kultführer in Schwierigkeiten, und die nächste Prüfung steht bereits vor der Tür: die Nachwahl für den Senat in Georgia. Sollte Trumps Kandidat Herschel Walker als Verlierer vom Platz gehen, dann wird es langsam eng für den Ex-Präsidenten.

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Republikanische Kandidatin für Gouverneurs-Posten in Arizona spricht von Wahlbetrug
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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Eisvogel
16.11.2022 12:42registriert Februar 2019
"Reisst sie (Kari Lake) auch den Ex-Präsidenten in den Abgrund?"
Reiss, Kari, reiss!
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D.Enk-Zettel
16.11.2022 15:51registriert Oktober 2021
Wer so unterbelichtet ist wie Kari Lake tut gut daran die eigene Beleuchztungscrew mitzufahren.
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Präventionsparadox
16.11.2022 12:49registriert Januar 2021
Ich hoffe, Trump kandidiert - notfalls als Sprengkandidat. Dann haben die Dems die besten Chancen zu gewinnen.
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63
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