Seit Tagen attackieren sich Israel und Iran gegenseitig mit Luftschlägen. Dabei haben die Israelis einige bemerkenswerte Erfolge erzielt, doch die Hauptziele – sofern man sie so bezeichnen kann – wurden nicht erreicht. Das iranische Atomprogramm ist beschädigt, aber nicht zerstört, und ein Sturz des Mullah-Regimes in Teheran scheint nicht in Sicht.
Die Iraner treffen zwar Ziele in Israel, aber zu einem «vernichtenden» Schlag scheinen sie nicht in der Lage zu sein. Ein Ende des Kriegs ist nicht absehbar. Deshalb stellt sich die Frage, wie sich die USA als wichtigster Verbündeter des jüdischen Staats verhalten werden. Man fragt sich das auch in Bern, denn die Schweiz vertritt die US-Interessen in Iran.
Das Aussendepartement EDA ist in ständigem Kontakt mit Washington, doch laut einem Insider ist unklar, welche Absichten die USA verfolgen. Vermutlich wissen sie das selbst nicht. Die Wortmeldungen von Präsident Donald Trump sind widersprüchlich. Er strebt ein neues Atomabkommen mit Iran an und hatte Israel im Vorfeld vor einem Angriff gewarnt.
Als sich dieser als unvermeidlich erwies, gab Trump gemäss NBC «stillschweigend» sein Einverständnis. Er lobte die ausgefeilte Operation, doch von einer Beteiligung der USA will er nichts wissen. Dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu verweigerte er die Erlaubnis, Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei zu «liquidieren».
Die entsprechenden Informationen wurden vom Weissen Haus offenbar gezielt an US-Medien durchgereicht. Und am Sonntag schrieb der Präsident auf Truth Social, Israel und Iran sollten einen Deal machen «und werden einen Deal machen». Er tue viel dafür und erhalte nie Lob, fügte Trump in seinem bekannten Lamento an, ohne ins Detail zu gehen.
Wie ein Deal zwischen den «Todfeinden» aussehen soll, ist schleierhaft. Doch Trump hat allen Grund, sich zurückzuhalten und ein Eingreifen darauf zu beschränken, Israel bei der Abwehr iranischer Attacken zu helfen. Seine Basis ist in dieser Frage gespalten. «Falken» wie Senator Lindsey Graham fordern, dass Trump im Krieg gegen Iran «all in» geht.
Dazu gehört wohl der Einsatz jener bunkerbrechenden «Superbomben», über die nur die USA verfügen. Mit ihnen könnten sie vermutlich die unterirdische Anlage Fordo zerstören, die für den Bau einer iranischen Atombombe als zentral gilt. Doch die Zeiten sind vorbei, in denen Neocons wie Graham aussenpolitisch bei den Republikanern den Ton angaben.
Sein libertärer Senatskollege Rand Paul äusserte eine klare Meinung: «Kein Krieg mit Iran.» Die MAGA-Basis, Trumps wichtigste Wählergruppe, ist ebenfalls gegen eine Intervention. «Wir dürfen nicht in einen neuen Krieg hineingezogen werden», argumentierte «Chefideologe» Steve Bannon in seinem Video-Podcast mit dem sinnigen Namen «War Room».
Sekundiert wurde er vom rechtsradikalen Aktivisten Charlie Kirk: «Unser grösster Wunsch muss Frieden sein, so schnell wie möglich», schrieb er auf X. Am weitesten ging Tucker Carlson: «Lass Israel fallen … lass sie ihre eigenen Kriege führen», forderte der ehemalige Fox-News-Moderator den Präsidenten in seinem wöchentlichen Newsletter auf.
Donald Trump kann solche Stimmen nicht ignorieren. Er hatte sich in der ersten Amtszeit gegenüber Iran ambivalent verhalten. So liess er Anfang 2020 den charismatischen General Ghassem Soleimani in Bagdad töten. Einen Vergeltungsschlag für den Abschuss einer US-Aufklärungsdrohne hatte er wenige Monate zuvor jedoch in letzter Sekunde gestoppt.
Beim Besuch in Saudi-Arabien im Mai distanzierte sich der US-Präsident in einer Grundsatzrede mit deutlichen Worten von den militärischen Interventionen seiner Vorgänger im Nahen Osten: «Die sogenannten Nation-Builder haben viel mehr Nationen zerstört als aufgebaut», meinte er. Und die Araber haben den Angriff Israels auf Iran verurteilt.
Donald Trump verhält sich aussen- und sicherheitspolitisch oft ambivalent. Letztlich aber ist er getreu seiner «America First»-Doktrin ein Isolationist. In seiner ersten Amtszeit kam es zu Angriffen wie im Fall von Soleimani, aber zu keinem ausgewachsenen Krieg. Es ist einer der Gründe, weshalb seine Fangemeinde ihn anhimmelt.
Das Militär scheint Trump primär als Instrument gegen interne Gegner zu betrachten, wie in Kalifornien. Den Krieg zwischen Israel und Iran will er offenbar «aussitzen». «Manchmal müssen sie es ausfechten», sagte er am Sonntag vor seinem Abflug zum G7-Gipfel in Kanada. Gleichzeitig bekundet er die Bereitschaft zu weiteren Verhandlungen mit Iran.
Damit öffnet sich womöglich eine Tür für das Regime in Teheran, sofern es schlau genug ist, keine US-Einrichtungen anzugreifen und die Ölversorgung durch die Strasse von Hormus nicht zu behindern. Und vorübergehend auf die Atombombe verzichtet. Netanjahu hätte in einem solchen Fall den Krieg vielleicht militärisch gewonnen, diplomatisch aber verloren.
Weil er im Wahlkampf gesagt hatte, dass er keinen Krieg anfangen würde, sich als Weltpolizist zurückzuziehen und viel mehr aufs Inland konzentrieren will?
Das war jetzt nicht besonders schwer. Dafür braucht man keine Analyse. Nur Erinnerungen.