Nimmt man die israelischen Absichtserklärungen für bare Münze, dann könnten die Angriffe auf nukleare und militärische Einrichtungen im Iran noch bis zu zwei Wochen andauern. Wie im letzten Jahr im Libanon, wo die Hisbollah und ihre Führung von Israel vernichtend geschlagen wurden, ist die israelische Militärführung ganz offensichtlich fest entschlossen, auch den Iran nachhaltig militärisch zu demütigen.
Wie im Libanon geht es Israel auch im Iran darum, nicht nur die iranischen Raketenbasen zu treffen und zu zerstören. Vielmehr sollen auch die wichtigsten Mitglieder der iranischen Führung ausgeschaltet werden. Israel will das islamische Regime in Teheran in seinen Grundfesten erschüttern.
Ob diese «Enthauptungsstrategie» am Ende erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Dem iranischen Regime war es während des achtjährigen Krieges gegen den Irak in den 80er-Jahren gelungen, die Bevölkerung mit nationalistischen Parolen zu mobilisieren. Nicht der Islam sollte damals verteidigt werden, sondern die persische Heimat. Hunderttausende waren damals voller Begeisterung in den Krieg gezogen. Das Mullah-Regime konnte sich so nachhaltig stabilisieren.
Heute ist der Feind dagegen weitgehend unsichtbar – und die iranische Bevölkerung müde. Sie ist ausgelaugt durch eine schwere wirtschaftliche Krise, von der Iran seit mehr als zehn Jahren geplagt wird. Die Bereitschaft, sich für das Regime zu engagieren, könnte vor diesem Hintergrund gering sein.
Es wäre allerdings ein grosser Fehler, die Widerstandskraft der iranischen Mullahs zu unterschätzen. Sie dürften gewusst haben, was auf sie zukommt, und sich entsprechend vorbereitet haben. Militärexperten erinnerten am Freitag, dass man sich erst in der Anfangsphase der israelischen Angriffskampagne und iranischer Vergeltungsmassnahmen befinde.
Trotzdem sind bereits die Öl- und Gaspreise sprunghaft angestiegen. Händler in Dubai befürchten, dass ein längerer Konflikt zwischen Iran und Israel die Öllieferungen aus der Region des Persischen Golfs beträchtlich stören könnte. Mit verheerenden Folgen für die Wirtschaft der gesamten Welt. Wichtig sei es vor diesem Hintergrund, dass sich die USA aus dem Konflikt zwischen den beiden Erzfeinden möglichst heraushalten. Anderenfalls, warnte ein Ölhändler in Abu Dhabi, könnte die gesamte Golfregion in Flammen geraten.
Das wissen auch die Amerikaner, die in den letzten Stunden geradezu gebetsmühlenartig versichert haben, dass sie mit den israelischen Angriffen im Iran nichts zu tun gehabt hätten. Ob dies in Teheran geglaubt wird, steht auf einem anderen Blatt.
Erklärtes Ziel der Israeli war und ist die Zerstörung des iranischen Nuklearprogramms. Nur mit Drohnen wird dies allerdings nicht gelingen. In Teheran rechnet man daher in den kommenden Stunden und Tagen damit, dass Israel auch bunkerbrechende Bomben einsetzen wird, um die bis zu 100 Meter unter der Erde vergrabenen iranischen Nuklearanlagen im Zentraliran zu zerstören.
Ob dies gelingt, ist keinesfalls sicher. Selbst der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi, warnte kürzlich im israelischen Rundfunk davor, dass israelische Angriffe im Iran «nach hinten losgehen könnten». Mit anderen Worten: Iran könnte dann seine gesamte Kraft dafür verwenden, eine eigene Atombombe zu entwickeln.
Die Bereitschaft, dies zu tun, ist nach den israelischen Angriffen im Iran gewachsen. Iranische Hardliner und Extremisten argumentieren seit langem, dass der Iran ein nationales Recht auf eine nukleare Waffe habe – und der Besitz einer solchen Waffe das beste Mittel zur Abschreckung künftiger Angriffe sei.
Und dem iranischen Volk ist zu wünschen, dass das Regime so weit geschwächt wird, dass es gestürzt werden kann und ein neues, vernünftiges, säkulares (!) Regime (von einer Demokratie wage ich noch nicht zu träumen) nachkommt. Eines, das auch Frieden mi Israel schliesst.
Eine Überprüfung vor Ort fände ich nach Abschluss der 14 Tage sinnvoll.