Australiens Millionen-Metropole Melbourne geht wegen eines starken Anstiegs der Corona-Infektionen erneut in einen sechswöchigen Lockdown. Die zweitgrösste Stadt des Landes hatte erst ab Anfang Juni langsam die Wirtschaft wieder geöffnet.
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Ab Mittwoch um Mitternacht (Ortszeit) treten wieder strikte Ausgangssperren in Kraft, wie der regionale Regierungschef Daniel Andrews am Dienstag mitteilte.
Grundsätzlich werden die Bürger angehalten, ihr Haus oder ihre Wohnung nicht zu verlassen. Vier Ausnahmen gibt es aber:
Cafés und Restaurants müssen zum Take-Away-Verkauf zurückkehren, Gottesdienste gibt es nur noch online, Hochzeiten sind auf fünf Menschen beschränkt, Beerdigungen auf zehn, wie die Zeitung «The Age» berichtete. Ausserdem bleiben Schulen in den betroffenen Gebieten, die nächste Woche öffnen sollten, geschlossen.
Insgesamt sind es rund fünf Millionen Menschen, die in der Metropolregion Melbourne wohnen – und damit die Stadt nicht verlassen dürfen.
Das Gesundheitsdepartement des Bundesstaats Victoria meldete am Dienstag die höchsten Neuinfektionen seit Anfang der Pandemie. Besonders besorgt sind die Gesundheitsdienste wegen des hohen Anteils an inländischen Infektionen. Anfangs der Pandemie waren es vor allem eingeschleppte Fälle von australischen Reise-Rückkehrern, die für den Anstieg gesorgt hatten.
Seit den Lockerungen anfangs Juni nahmen die Fälle wieder rasant zu. In hellblau sind die täglichen Neuinfektionen dargestellt, die schwarze Linie zeigt die Entwicklung der Gesamtzahl der Corona-Fälle:
Auf den ersten Blick scheinen die Zahlen von Melbourne denjenigen der Schweiz sehr ähnlich. Die letzten Lockerungen im Juni, rasanter Anstieg auf über 100 Fälle pro Tag und eine vergleichbar grosse Bevölkerung.
Aber auf den zweiten Blick zeigen sich Unterschiede: Während sich die Ausbrüche in Victoria vor allem auf die Metropolregion Melbourne (wo die meisten Menschen wohnen) beschränken, sind die Fälle in der Schweiz auf mehrere Kantone verstreut. Die Bevölkerungsdichte in Melbourne beträgt ausserdem 490 Einwohner pro Quadratkilometer, in der Schweiz sind es 207 Einwohner.
«Wir müssen realistisch über die Umstände sein, mit denen wir konfrontiert sind», sagte der regionale Regierungschef Daniel Andrews. Die Frustration habe scheinbar zu einer gewissen Nachlässigkeit geführt. «Ich denke, jeder von uns weiss, dass wir keine andere Wahl haben als diese sehr sehr schwierigen Schritte zu ergreifen», fügte der Regierungschef hinzu.
Das Militär ist mobilisiert, um die Polizei bei der Durchsetzung der Ausgangsbeschränkungen zu unterstützen. Unter anderem sollen Strassensperren errichtet werden, um Bürger am Verlassen der Region zu hindern, schrieb die Zeitung «Sydney Morning Herald».
Die Ordnungskräfte setzten zudem eine Software zur Erkennung von Nummernschildern ein, mit der die Herkunft von Fahrzeugen überprüft werden kann. Man müsse die Situation so ernst nehmen wie man in Australien auch Buschfeuer ernst nehme. Es gehe um «Leben und Tod», sagte Andrews.
(jaw/sda/dpa)