Im Rahmen der jüngsten Eskalation des Konflikts in der Region Berg-Karabach wurde eine Waffenruhe bestätigt, sie gelte seit 13.00 Uhr Ortszeit (11.00 Uhr MESZ), meldete die staatliche aserbaidschanische Nachrichtenagentur Azertac am Mittwoch unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Baku. Und noch viel wichtiger: Die Karabach-Armenier wollen offenbar mit Aserbaidschan ab morgen Donnerstag über die Eingliederung des Gebiets in den aserbaidschanischen Staat verhandeln.
Das autoritär geführte Aserbaidschan hatte am Dienstagmorgen einen breit angelegten Militäreinsatz zur Eroberung Berg-Karabachs begonnen. Sollten jetzt tatsächlich alle Karabach-Armenier aufgeben, hätte Baku sein Ziel erreicht. Das Gebiet wäre erobert.
#BREAKING Karabakh separatists say will lay down arms, cease fire from 0900 GMT Wednesday pic.twitter.com/5LlLZUW0TR
— AFP News Agency (@AFP) September 20, 2023
Zuvor waren tausende ethnische Armenierinnen und Armenier durch russische Soldaten aus der Region evakuiert worden. Die verbliebene Bevölkerung wurde aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen und nicht zu flüchten. Russland gilt traditionell als Schutzmacht Armeniens und hat in der Konfliktregion eigene Soldaten stationiert. Auch die aktuelle Waffenruhe ist durch diese russischen Soldaten vermittelt worden.
Doch viele Armenier sind trotzdem wütend auf Russland. In ihren Augen haben die in der Region stationierten russischen Soldaten die militärisch unterlegenen Armenier im Stich gelassen. Schon vor Ausbruch der jüngsten Eskalation hatten Beobachter gewarnt, das mit Öl- und Gaseinnahmen hochgerüstete Aserbaidschan könnte ausnutzen, dass Russland wegen seines eigenen Angriffskriegs gegen die Ukraine derzeit im Südkaukasus weniger präsent ist. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan mahnte, die Russen müssten spätestens nun angesichts des aserbaidschanischen Vormarsches für die Sicherheit der Karabach-Armenier sorgen.
Den Militärangaben nach wurden mehrere in Karabach stationierte russische Soldaten durch Beschuss auf ihr Auto getötet. Der Vorfall habe sich am Mittwoch bei dem Ort Dschanjatag ereignet. Es wurde nicht gesagt, wie viele Angehörige der russischen Friedenstruppe getötet wurden.
Die humanitäre Situation in der Region ist bereits prekär. Während den vergangenen Monaten wurde die einzige armenische Zugangsstrasse nach Berg-Karabach blockiert. Dadurch war die humanitäre Lage vor Ort stark verschlechtert.
Berg-Karabach liegt zwar auf aserbaidschanischem Staatsgebiet, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Sowohl Aserbaidschan als auch Armenien erheben Anspruch auf die Region – auf dem die autonome Republik Arzach regiert.
(lst/rbu/sda/dpa)