International
China

Deutscher Student aus China ausgewiesen

epa06260473 Chinese police officers arrive at the Phnom Penh International Airport, in Phnom Penh, Cambodia, 12 October 2017. Cambodian authorities deported 74 Chinese citizens back to China after the ...
Chinesische Polizistinnen und Polizisten an einem Flughafen. (Symbolbild)Bild: EPA/EPA

Wegen «kritischen Nachforschungen»: Deutscher Student aus China ausgewiesen

In der Volksrepublik ist es schlecht um die Pressefreiheit bestellt. David Missal begann trotzdem ein Journalismus-Studium in Peking – und musste das Land nun wegen zu kritischer Nachforschungen verlassen.
12.08.2018, 08:4012.08.2018, 10:03
Mehr «International»

Ein deutscher Journalismus-Student ist aus China ausgewiesen worden, nachdem er dort über die Verfolgung von Menschenrechtsanwälten recherchiert hatte. Der 24-jährige David Missal bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er am Sonntag ausreisen musste. Seine Aufenthaltserlaubnis sei verkürzt und ein neues Visum für das nächste Semester verweigert worden. Er hatte zehn Tage Zeit, um das Land zu verlassen.

Die Behörden begründeten ihre Entscheidung demnach damit, dass seine Aktivitäten nicht von seinem Studentenvisum gedeckt waren. Auf Nachfrage, was damit gemeint sei, sollen die Beamten nur geantwortet haben: «Das weisst du schon selbst.»

Missal, der an der Pekinger Tsinghua Universität das erste Jahr eines Master-Studiengangs absolviert hat, geht davon aus, dass die Ausweisung mit seiner Arbeit über die Verfolgung von Menschenrechtsanwälten in China zusammenhängt.

So will die chinesische Regierung ihre Bürger ausspionieren

Video: srf

Seitdem die Sicherheitsbehörden vor drei Jahren zum Schlag gegen inzwischen mehr als 300 Bürgerrechtsanwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Aktivisten und deren Angehörige ausgeholt haben, sind viele von ihnen zu Bewährungs- und teilweise auch langen Haftstrafen verurteilt worden.

Missal filmte und interviewte Anwälte und Angehörige. Unter anderem begleitet er Li Wenzu, die Frau des inhaftierten Menschenrechtsanwalts Wang Quanzhang. Sie war im April zu einem 100-Kilometer-Marsch aufgebrochen, um auf das Schicksal ihres Mannes aufmerksam zu machen. Bald darauf wurde sie von Polizisten gestoppt und faktisch unter Hausarrest gestellt.

Missal berichtete, dass auch er im Rahmen seiner Recherchen festgehalten und verhört wurde. In der zentralchinesischen Stadt Wuhan, wo er mit dem Anwalt des bekannten Aktivisten Qin Yongmin sprach, nahmen ihn Polizisten mit auf die Wache und forderten ihn auf, zurück nach Peking zu fahren.

In China gibt es für ausländische Journalisten viele Vorgaben: Nur wer über ein Journalisten-Visum und Arbeitserlaubnis verfügt, darf berichten. Missal war nicht als Journalist registriert, habe aber die Erlaubnis seines Professors für das Projekt erhalten. Erst später habe die Universität Bedenken angemeldet. Die Hochschule war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Darum verbietet China den neuen Winnie Puuh Film

Video: srf

Für den Osnabrücker, der schon einen Abschluss in China-Studien hat, war das Journalismus-Studium in Peking stets «auch ein Experiment». Er wusste, wie schlecht es um die Pressefreiheit in der Volksrepublik steht. «Es ist aber nochmal etwas anderes, wenn man es am eigenen Körper erlebt», sagte Missal: «Man hofft, dass es zumindest an den Universitäten mehr Freiheiten gibt. Dem ist aber nicht so.»

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), bei dem Missal Stipendiat ist, bedauerte in einer Mittelung die aktuellen Entwicklungen, sprach aber von einem Einzelfall.

China gehört der Organisation Reporter ohne Grenzen zufolge zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten und Bloggern. In der Rangliste zur globalen Pressefreiheit liegt das Land auf Platz 176. Jeden Tag werden Anweisungen an die staatlich kontrollierten Medien verschickt, über welche heiklen Themen nicht berichtet und wozu nur die offizielle Berichterstattung der Staatsagentur Xinhua benutzt werden darf. Zudem wird das Internet scharf zensiert.

Auch die Arbeitsbedingungen für ausländische Journalisten verschlechtern sich, wie Umfragen des Auslandskorrespondentenclubs (FCCC) ergaben. Vereinzelt kam es auch vor, dass ausländische Journalisten ausgewiesen wurden. Zuletzt musste 2015 die französische Journalistin Ursula Gauthier das Land verlassen. (sda/dpa/vom)

China ist nicht mehr die weltweite Müllkippe

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
6 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Gender Bender
12.08.2018 10:47registriert Mai 2017
Wacht auf und bereitet euch vor. Wir ändern China nicht, sie werden uns ändern.
627
Melden
Zum Kommentar
avatar
Angelo C.
12.08.2018 12:16registriert Oktober 2014
Fehlende Freiheiten in China sind uns Allen bekannt, eigene Intellektuelle werden an Verlautbarungen gehindert, an Recherchen sowieso.

Wie also kann man sich als ein in China zugelassener ausländischer Student (vielleicht gar Stipendiat) bloss erblöden, dort Tätigkeiten ausüben zu wollen, die sich gegen die Regierung richten, tztz 🤔!

Und sich auch noch darüber zu verwundern...
3721
Melden
Zum Kommentar
6
Iran verschärft Kontrollen gegen Kopftuchverstösse

Irans berüchtigte Sittenwächter gehen wieder verschärft gegen Kopftuchverstösse vor. Nach Beginn der landesweiten Polizeiaktion am vergangenen Samstag berichteten zahlreiche Frauen von verstärkten Kontrollen in den Metropolen.

Zur Story