In Frankreich rang das Parlament in der Nacht auf Montag um strengere Corona-Regeln. Einige davon waren umstritten: So wurde gefordert, dass auch in Einkaufszentren das Vorweisen des «Pass Sanitaire» zur Pflicht werden soll. Diese Klausel wurde gestrichen. Ebenfalls chancenlos war die Forderung, dass Gesundheitspersonal, das sich nicht impfen will, gekündigt werden kann.
Eine Impfpflicht für Menschen im Gesundheitswesen wurde dennoch beschlossen. Wer sich nicht impfen lässt, kann zwar seinen Job behalten, erhält aber keinen Lohn mehr.
Das Parlament beschloss auch, dass das Covid-Zertifikat häufiger zum Einsatz kommt: Bereits seit Mittwoch muss der Gesundheitspass, wie ihn die Französinnen nennen, bei Besuchen im Kino, Theater oder Museum vorgewiesen werden. Neu sollen auch Restaurantbesuche und Reisen in Fernzügen und im Flugzeug nur noch für Personen möglich sein, die geimpft, negativ getestet oder genesen sind.
Mindestens vier Grundrechte werden mit den neuen Regelungen eingeschränkt, schreibt die französische Tageszeitung Le Monde am Montag in einem Leitartikel. Das sei viel in einem Land der Menschenrechte.
Die Mehrheit der Bevölkerung steht aber hinter den Massnahmen. Gemäss einer Umfrage des Instituts Elabe für den Sender BFMTV vom 13. Juli sprachen sich 76 Prozent der Franzosen für eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal aus. Auch die Ausweitung des Gesundheitspasses stösst mehrheitlich auf Zustimmung.
Dennoch demonstrierten am Samstag mehr als 160'000 Menschen gegen die verschärften Regeln. In Paris skandierten die Demonstranten und Demonstrantinnen unter anderem «Freiheit, Freiheit» und riefen zum «Sturz» von Präsident Emmanuel Macron auf, den sie als «Tyrannen» bezeichneten.
Am Montag schrieb Macron auf Twitter, dass man die Pandemie nur gemeinsam besiegen könne, und weibelte weiterhin für die Corona-Impfung. Diese schreitet im eher impfkritischen Land tatsächlich voran: In den letzten zwei Wochen sind vier Millionen Menschen geimpft worden.
C’est tous ensemble que nous vaincrons le virus. On continue ! pic.twitter.com/zzrSkAx5M7
— Emmanuel Macron (@EmmanuelMacron) July 26, 2021
Auch in Italien kommt der «Grüne Pass» bald häufiger zum Einsatz: Wegen der steigenden Infektionszahlen hat die Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi beschlossen, dass die Corona-Massnahmen verschärft werden. Wer ins Restaurant, Museum, Fitnessstudio oder ins Schwimmbad will, darf dies nur geimpft, getestet oder genesen tun.
Die erweiterte Nutzung des Grünen Passes sei kein willkürlicher Akt, sondern eine Bedingung für Öffnungen, begründete Draghi den Beschluss. Seitdem meldeten sich deutlich mehr Menschen für Impfungen an, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums bestätigte. Bis zum 24. Juli waren 47,9 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Gegen die strengeren Massnahmen gingen auch in Italien am Wochenende tausende Menschen auf die Strassen. In Rom versammelten sich etwa 3000 Gegnerinnen und Gegner des Grünen Passes.
Obwohl auch in der Schweiz die Fallzahlen wieder ansteigen, ist derzeit nicht mit einer Verschärfung der Massnahmen zu rechnen. Trotzdem werden auch hierzulande ähnliche Regelungen diskutiert, wie sie in Frankreich und Italien bereits gelten.
Stiegen die Infektionszahlen weiterhin an, sei eine Ausweitung der Pflicht zum Zertifikat für Geimpfte, Genesene und Getestete zu prüfen, sagte etwa Lukas Engelberger, der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, der Zeitung Sonntagsblick. Betroffen vom Obligatorium wären laut seiner Aussage kleinere Anlässe, sportliche Aktivitäten, Sportanlässe, die Gastronomie oder Besuche in Spitälern und Pflegeheimen.
Mit Material der sda
Restaurant, Fitness, Kino, Museum und Schwimmbad sind nicht überlebensnotwendig! Aber natürlich toll wenn man hingehen kann. Wer sich, aus welchem Grund auch immer, nicht impfen lassen kann/will, kann sich für das Vergnügen auch testen lassen. Wem das nicht passt, soll halt zu Hause bleiben. Diese Entscheidung ist jedem selbst überlassen 🤷🏻♀️