Spanien ist mit 84 Millionen Besuchern im Jahr 2019 eine der beliebtesten Urlaubsziele weltweit. Damit ist ein grosser Teil der Wirtschaft Mallorcas von Touristen abhängig – doch der Tourismus fällt wegen des Coronavirus dieses Jahr fast komplett ins Wasser.
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Seit Wochen sind die Hotels auf Mallorca geschlossen. Viele sitzen aufgrund der Pandemie Zuhause und warten auf ihr Geld. So zum Beispiel José (Name geändert): «Dieses Jahr wird eine schwere Prüfung», sagt er gegenüber der deutschen Tagesschau. «Ich habe in diesem Jahr nur einige Tage beim Saisonstart etwas verdient, jetzt warte ich auf das Kurzarbeitergeld. Meine Frau geht auch in Kurzarbeit. Wir müssen in der kommenden Zeit sehr aufs Geld achten», sagt er. «Alles ist unsicher».
Der Wirtschaftsminister der Balearen, Iago Negueruela, rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung der Region um rund ein Drittel einbrechen wird und in Folge dessen knapp ein Drittel aller Jobs wegfällt. Die Hoffnung setzt er auf den August. «Wir erwarten, dass der Tourismus im August sehr langsam wieder loslegen und dann in den Folgemonaten leicht zunehmen wird. Im Vergleich zum Vorjahr wird sich das auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen. Aber wir glauben schon, dass es sich lohnt, auf den August zu setzen.»
Wie Reuters schreibt, versuchen Hotelbesitzer die Regierung dazu zu bringen, die Hotels trotz der Beschränkungen wieder öffnen zu können und eine limitierte Reiseerlaubnis zwischen Deutschland - Mallorcas Hauptkunden - und der Insel zu erreichen. Beide haben relativ stabile Corona-Fallzahlen, sagt Xisco Porcel, Vize-Präsident der Ipeguera und Cala Fornells Hotel Association der Insel.
«Ich habe in den letzten anderthalb Monaten keinen Euro erhalten», sagt Elias Suliar Nicolau, ein 34-jähriger Empfangsleiter in einem Hotel im Nordwesten Mallorcas, der seine Miete aus der Sparkasse zahlen musste. Auf das Geld des Staates wartet er immer noch.
Seine Tage verbringt er nun hauptsächlich mit lesen, darunter «Die Pest» von Albert Camus. «Was momentan nicht klar ist, ist, wann wir wieder zur Normalität zurückkehren können.», sagt er.
Der Tourismus macht gemäss der World Tourism Organization 5,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Spaniens aus. Gabriel Escarrer, Geschäftsführer der Melia-Hotelkette, befürchtet für Spaniens Hotelbranche das Schlimmste. Melia betreibt weltweit mehr als 350 Hotels, 23 davon auf Mallorca.
«Nicht einmal die schlimmsten Finanzkrisen oder der 11. September liess uns so wenig sichtbar sein wie jetzt», sagte er während einer von der spanischen Beratungsfirma Thinking Heads organisierten Videokonferenz.
Laut dem Immobiliendienstleister Colliers International haben sich die Investitionen in den spanischen Hotelsektor in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Ein Grossteil davon kommt von ausländischen Fonds, die Hotels in Familienbesitz gekauft und Millionen dafür ausgegeben haben.
Im Jahr 2018 - einem Rekordjahr - gaben Investoren laut Colliers fast 5 Milliarden Euro (5,3 Milliarden Franken) für Geschäfte im spanischen Hotelsektor aus. Im Gegenzug haben kleine Hotels viel Geld für Renovierungsarbeiten geliehen, um wohlhabendere Besucher anzulocken.
«Die meisten Hotels auf Mallorca haben in den letzten Jahren grosse Investitionen getätigt, um hochpreisiger zu wirken. Wir haben alle grosse Kredite», sagte Porcel, der auch ein Vier-Sterne-Strandhotel in Peguera verwaltet, das wegen seiner Beliebtheit bei deutschen Familien als «Little Germany» bekannt ist.
Wie in der Schweiz will Mallorca dieses Jahr auf inländische Touristen setzen. Francisco Mulet vom Verband der balearischen Reisebüros sagt gegenüber der Tagesschau: «In diesem Jahr wird man auf inländische Touristen setzen. Für Gäste aus dem Rest Europas wird es viele Hindernisse geben. Wir haben vorgeschlagen, dass alle spanische Touristen zeitweise in den Genuss des Anwohnerrabatts kommen.»
Der Anwohnerrabatt ermöglicht den balearischen Bewohnern eine Ermässigung von 75 Prozent bei Flügen auf das Festland. So möchten die Reisebüros die Ferien in Mallorca für Spaniens Festländer attraktiver machen. Denn so schnell können auch sie nirgendwo anders hin. Und: Aufgrund des Wegbleiben der ausländischen Touristen können sich die Spanier auf leere Strände freuen. (cki)