Der vermeintliche Schulterschluss der CDU mit der AfD in puncto Asylrechtsverschärfung sorgte bei Olaf Scholz erwartungsgemäss für Empörung. Bei «Maischberger» am Mittwochabend musste sich der deutsche Bundeskanzler Kanzler aber auch Kritik an seiner eigenen Politik stellen.
«Wir alle haben verloren, denn das ist ein Tabubruch und ein ganz bedeutender Tag in der Bundesrepublik Deutschland. Ich hoffe, er wird sich nicht fortsetzen», erklärte Scholz. Es habe in der Nachkriegsgeschichte einen Konsens gegeben, nicht mit der extremen Rechten zusammenzuarbeiten – dieser sei nun gebrochen worden.
Scholz warf CDU-Chef Friedrich Merz vor, die Möglichkeit zu Verhandlungen bewusst ausgeschlagen zu haben. «Er hätte immer mit mir und allen anderen verhandeln können. Merz ist immer gleich von den Verhandlungstischen aufgestanden.» Es sei zudem «bewusst kalkuliert hingenommen worden, dass es eine Zustimmung von dort gibt», sagte Scholz mit Blick auf die AfD. Dass die SPD diesen Antrag an Seite der AfD nicht unterstützen werde, sei stets klar gewesen.
Merz habe frühere Versprechungen gebrochen, kritisierte Scholz. «Wir hatten klare Aussagen von Merz. Er hat immer wieder betont, dass genau das, was heute passiert ist, nicht passieren würde.» Nun habe sich der CDU-Chef davon abgewendet – für einen Entschliessungsantrag, «der hinterher gar nichts bewirkt, ausser dass er geschehen ist». Merz habe damit etwas symbolisieren wollen. «Deshalb kann ich ihm nicht mehr trauen», so der Kanzler.
Scholz stellte zudem eine Verbindung zwischen der Abstimmung und der grundsätzlichen Haltung zur AfD her: Man müsse «davon ausgehen, dass wer sagt ‹Es ist mir egal, wer mir die Stimme gibt, für meine Gesetze›, auch sagt, ‹Es ist mir egal, wer mir die Stimme zum Wählen gibt›», so Scholz.
„Wir müssen nach dem heutigen Tag davon ausgehen, dass wer sagt: ‚Es ist mir egal, wer mir die Stimme gibt für meine Gesetze‘ auch sagt: ‚Es ist mir egal, wer mir die Stimme zum Wählen gibt‘“ – @Bundeskanzler Olaf #Scholz im Gespräch bei #maischberger – um 23:00 Uhr 📺 @DasErste pic.twitter.com/JpDECnicF2
— Maischberger (@maischberger) January 29, 2025
In Hinblick auf ein mögliches AfD-Verbotsverfahren gab sich Scholz vorsichtig. Der Bundestag habe in der Vergangenheit bereits mehrfach versucht, ein NPD-Verbot durchzusetzen – ohne Erfolg. «Eine Partei zu verbieten ist sehr, sehr schwierig. Der letzte Schritt muss sehr, sehr sorgfältig vorbereitet sein. Diese Vorbereitung gibt es noch nicht.» Gleichzeitig betonte er:
Es gab auch hitzige Diskussionen – etwa, als Maischberger die schwächelnde deutsche Wirtschaft ansprach. «Das war eigentlich heute der Tag, an dem wir wissen, wie schlecht es der deutschen Wirtschaft geht. Es sollte eine Prognose mit 1,1 Prozent Wachstum geben. Es sind 0,3 Prozent herausgekommen», stellte die Moderatorin fest und fragte Scholz nach seiner Verantwortung.
Scholz leitete seine Antwort mit den Worten ein: «Diese Frage darf man stellen.» Maischberger quittierte dies spöttisch mit einem «Danke» – und legte nach: «Diese Frage muss man stellen.»
In der Ukraine-Debatte spitzte sich das Gespräch dann weiter zu. Als Scholz sagte, er sei nicht derjenige gewesen, der die Ukraine überfallen habe, reagierte Maischberger irritiert: «Jetzt ernsthaft: Ist das das Niveau? Ich habe nicht die Ukraine überfallen – das war Putin?» Daraufhin wurde Scholz sogar laut, verwies auf die plötzlich ausgebliebenen Gaslieferungen aus Russland. «Wir hatten eine riesige Preisinflation», rief der Kanzler, «wir haben zig Milliarden Schulden aufgenommen». Maischberger kam kaum noch zu Wort. An einer anderen Stelle kritisierte Scholz: «Ich würde ja gern antworten, aber Sie wollten ja noch nicht jetzt.»
#Maischberger konfrontiert Scholz mit den drei Punkten aus dem #Zustrombegrenzungsgesetz - und was folgt, sind 3 Minuten, die endgültig zeigen: Scholz ist nicht kanzlertauglich, war es nie, und all das Gerede von Brandmauer bis Tabubruch sind nur billige Ausreden. pic.twitter.com/LTNAYomf6N
— Anna Nina (@annaninii) January 29, 2025
Am Ende wollte Maischberger wissen, was Scholz im Falle eines Wahlverlusts macht. «Dann werden Sie wieder Anwalt?» Dieser wich aus: «Ich mache mir darüber keine Gedanken. Ich kämpfe für den Plan A, nicht den Plan B.» Er werbe darum, die Ehre weiterhaben zu dürfen, Bundeskanzler zu bleiben.
"Hat ja auch hervorragend geklappt..." meinte dazu Maischberger (wohl auf die Ampel-Koalition und vielleicht auch die "verlorenen Jahre" der von Merkel geführten GroKo hinweisend).
Resultat dieser beiden Versuche der vernünftigen Kompromissfindung: Die AfD ist zur monströsen Grösse heran gewachsen und dürfte schon bald eine Deutsche Regierung anführen...