Diese Sanktionen will die EU gegen Israel verhängen – Merz hat Stichentscheid
Lange Zeit scheute sich die EU-Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen, gegenüber Israel klare Worte zu wählen. Doch in den letzten Wochen ist angesichts der humanitären Krise im Gaza-Streifen der Druck von den Mitgliedstaaten so gross geworden, dass Brüssel handeln musste. Am Montag nun schlug von der Leyen vor, Teile des Assoziierungsabkommens mit Israel auszusetzen.
Konkret soll Israel vorübergehend aus dem Forschungsprogramm Horizon ausgeschlossen werden. Grundlage ist ein EU-Dokument, das klare Verstösse gegen die Menschenrechte durch Israel in Gaza feststellt. «Praktisch die gesamte Bevölkerung des Gaza-Streifens ist von einer Hungersnot bedroht, wobei sich Kinder und schutzbedürftige Menschen in einer besonders dramatischen Lage befinden», heisst es schwarz auf weiss.
Der Teil-Ausschluss aus Horizon ist eine relativ schwache Sanktion und betrifft nur Fördermittel im Umfang von rund 200 Millionen Euro. Es ist aber ein starkes Signal und könnte der Auftakt zu einschneidenden Zwangsmassnahmen werden, welche Israel durchaus wehtun würden.
In seinem Assoziierungsabkommen mit der EU hat sich Israel dazu bekannt, «die Menschenrechte und demokratische Prinzipien» zu achten, wie es in Artikel 2 heisst. Wenn die EU nun feststellt, dass das offiziell nicht mehr der Fall ist, könnte sie weitere Teile des Abkommens einfrieren. Zum Beispiel jenen Teil, der den Handel betrifft und unter anderem Zoll-Erleichterungen vorsieht. Die EU ist Israels grösster Handelspartner.
Ein anderes Druckmittel, auf welches Brüssel gegenüber Drittstaaten manchmal zurückgreift, ist der Entzug der Visa-Befreiung. Dies ist aber heikel, weil es direkt die Bevölkerung trifft.
Merz: «Wir behalten uns solche Schritte vor»
Noch ist es aber nicht so weit mit den Sanktionen. Die EU ist in der Haltung zu Israel in mehrere Lager gespalten. Zum einen gibt es Staaten wie Spanien, Irland oder Belgien, die seit langem eine härtere Gangart fordern. Auf der anderen Seite stehen Länder wie Ungarn, Tschechien oder Österreich, die kategorisch keine Konfrontation mit der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wollen. Frankreich hat seine Position zuletzt verschärft. Italien bleibt relativ unbestimmt.
Entscheidend ist die Position Deutschlands. Sowohl unter dem vorherigen Bundeskanzler Olaf Scholz als auch jetzt unter Friedrich Merz vermeidet Berlin aufgrund seiner Holocaust-Vergangenheit Kritik an Israel, die ernsthafte Konsequenzen hätte. Und auch am Dienstag stellte sich Deutschland noch gegen die Verhängung der EU-Sanktionen, weshalb die notwendige qualifizierte Mehrheit nicht erreicht wurde.
Es gibt aber Anzeichen, dass Kanzler Merz seine Haltung gerade ändert. Er wolle erst einmal schauen, was die Israel-Reise seines Aussenministers Johann Wadephul am Donnerstag bringen werde, sagte Merz am Montag. Wobei er bezogen auf die Sanktionen hinzufügte: «Wir behalten uns solche Schritte vor.»
Weiter gegangen sind schon die Niederlande. Am Dienstag erklärte das Land die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir zu unerwünschten Personen und verhängte Einreiseverbote. Als Begründung fügte Aussenminister Caspar Veldkamp an, dass die beiden Politiker zu ethnischen Säuberungen im Gaza-Streifen und zu Gewalt gegen die palästinensische Bevölkerung aufgerufen hatten.
Nach Slowenien sind die Niederlande das zweite EU-Land, das eine solche Massnahme ergreift. Einreiseverbote gegen Smotrich und Ben-Gvir gibt es zudem in Norwegen, Grossbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland. Nach Frankreich kündigte am Dienstag Grossbritannien ausserdem an, Palästina als Staat anzuerkennen, wenn es nicht bald einen Waffenstillstand gebe. (aargauerzeitung.ch)
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